Der Fußball-Lehrer Felix Magath hat aus der ihm eigenen Trainingslogik dereinst ein Markenzeichen entwickelt. Spielten seine Spieler schlecht, so wird behauptet, ließ er sie tags darauf so lange den Rasen belüften, bis die Würmer sich an Erbrochenem labten. Der Kirchheimer Basketballtrainer Mauricio Parra tickt da völlig anders. Als Reaktion auf den kraftlosen Auftritt seiner Mannschaft gegen Tübingen nahm er im Training elegant den Fuß vom Gaspedal. Nach vielen Wochen mit einer verkürzten Rotation war das wohl mit ein Grund, weshalb Chef und Belegschaft am Ende der Arbeitswoche satten Umsatz erzielten: zwei Punkte gegen Karlsruhe.
Zwei Punkte, die mehr bedeuteten. „Hätten wir dieses Spiel verloren, wäre die Saison vorbei gewesen“, sagt der Trainer. In diesem Punkt irrt er. Vorbei gewesen wäre damit nichts. Im Gegenteil: Die Knights hätten sich mit ein paar Selbstzweifeln mehr am Hals die Abstiegsränge vom selben halten müssen. Doch der Blick nach hinten war für Parra nie eine Option. Genauso wenig wie er je daran gezweifelt hatte, dass sein Team den gleichen Geist in sich trägt wie er selbst. Am Samstag waren die Akkus wieder voll geladen. „An der richtigen Einstellung und Motivation hat es den Jungs nie gefehlt“, sagt der Coach.
Beim 87:79-Heimsieg gegen die Badener nahm sich jedenfalls keiner eine Auszeit. Job erledigt, hieß es hinterher und das zumeist vorbildlich. Allen voran das Guard-Duo Goodwin und Graf, das nicht nur klug Regie führte, sondern auch schwierigste Würfe versenkte und sich nicht zu schade war, in der Defensive den Müll rauszubringen. Bemerkenswert: Der 1,95 Meter große Goodwin war mit 25 Punkten nicht nur Topscorer der gesamten Partie, sondern auch bester Rebounder. Mit neun Abprallern, darunter allein acht in der Defensive, schraubte der 27-Jährige seine Saisonbilanz auf 5,5 Rebounds im Schnitt. Damit liegt der Mann aus dem Backcourt nur hauchdünn hinter Spezialisten wie Keith Rendleman (5,6) und noch vor Andreas Kronhardt (5,2).
Apropos Kronhardt: Kirchheims deutscher Center war am Samstag auch ohne spektakuläre Statistiken der heimliche Matchwinner. Die Coolness, mit der er seinen physisch überlegenen Widerpart Cyrus Tate an den Rand der Verzweiflung trieb, beeindruckte. „Andi hat einen unglaublichen Job gemacht“, findet sein Trainer, der hinterher zugeben musste: „Tate hat mir vor dem Spiel die meisten Sorgen bereitet.“ Der 115-Kilo-Mann der Karlsruher schien nach der Verletzung von Maurice Pluskota seine Chance zu nutzen. 22 Punkte gegen Chemnitz ließen Böses erahnen. Stattdessen ging der 33-Jährige im Duell der beiden Routiniers gegen Kronhardt leer aus.
Dabei sah es lange nicht so aus, als müsste der Abend für die Kirchheimer zwangsläufig erfolgreich enden. Lions-Coach Ivan Rudez war vorbereitet und ließ sich von der Kirchheimer Zonenpresse nicht überraschen. Als Parra auf Mannverteidigung umstellte, änderte dies zunächst wenig. „Erst nach der Pause fanden die Ritter defensiv ihren Rhythmus - das allerdings umso beeindruckender. „Karlsruhe stand zeitweise blank da“, beschreibt Knights-Geschäftsführer Chris Schmidt die Phase, in der die Ritter im dritten Viertel „den Turbo anwarfen“.
Hielte das Hoch durch bis zum Doppelspieltag am Wochenende, wären die Knights wieder mittendrin im Kampf um die Play-offs. Erst Trier, dann Schalke - „Wir haben es noch immer selbst in der Hand“, sagt Mauricio Parra, „auch wenn es sauschwer wird.“