Fussball
Aufgelöste leben länger

Fußball Der vom Punktspielbetrieb abgemeldeten SGM Wendlingen/Ötlingen II gelingt die Pokalsensation: Die Frauen aus Rübholz und Speck schlagen im Endspiel Titelverteidiger TB Ruit mit 2:1. Von Reimund Elbe

Mitten im Auflösungsprozess haben die Fußballerinnen der SGM Wendlingen/Ötlingen II den Bezirkspokal gewonnen und sich damit für die erste Runde des WFV-Pokals qualifiziert. Beim 2:1 (1:0)-Endspielcoup gegen Titelverteidiger TB Ruit produzierte die Spielgemeinschaft nicht nur eine Sensation, sondern ebenso verrückt anmutende Randnotizen.

Nach 90 Minuten Fußball in drückender Schwüle und dezentem Gewittergrollen herrschte bei Wendlingerinnen und Ötlingerinnen absolute Glückseligkeit. „Es gibt nichts Schöneres“, urteilte SGM-Keeperin Sabine Hauschild über den Cup-Triumph sowie das nun kommende Duell gegen den Regionalligisten VfB Obertürkheim am 30. August.

Gedankenschnell in Minute neun

Hauschild selbst schrieb dabei vor 150 Zuschauern im Harthausener Brandfeld eine der außergewöhnlichen Storys. Das Finale hätte eigentlich das letzte offizielle Match ihrer Laufbahn sein können, die sie vor Jahren unter anderem auch nach Weilheim geführt hatte. Doch die Schlussfrau half entscheidend mit, sich und der SGM II noch ein Bonusprogramm im WFV-Pokal zu verschaffen. So tauchte sie in der neunten Minute bei einem Foulelfmeter gedankenschnell ins linke Eck, entschärfte den Flachschuss der Ruiter Angreiferin Janine Wiandt souverän. „Eine ganz wichtige Szene, in der wir das 1:0 verpasst haben und damit die Chance, das Spiel zu bestimmen“, haderte TB-Trainer Annika Rauch. In der Schlussphase wurde die Keeperin in einem zunehmend unter Druck geratenden Team erneut zur Sicherheitsgarantin. „Jetzt mach ich halt noch bis Ende August weiter“, sagte Sabine Hauschild ebenso pragmatisch wie locker.

Doch nicht nur diese erstaunliche Story passte ins Gesamtbild einer unbeschwert auftretenden SGM. Ronja Kleefeldt lieferte ein weiteres Mosaiksteinchen. Der Treffer zum 2:0? Ihr einziger in der gesamten Saison - und was für einer. Die angehende Physiotherapeutin musste selbst schmunzeln. „Ich habe einfach draufgehalten, was soll schon aus so einer Schussposition passieren“, ließ sie den wie gemalten Rechtsschuss aus rund 18 Metern in den linken Torwinkel Revue passieren. Damit veredelte sie in der 54. Minute das 1:0 durch Annika Vogel, die zehn Minuten vor der Pause per Flachschuss aus neun Metern Entfernung getroffen hatte.

Dass dem TB Ruit in der 87. Minute durch die ehemalige Weilheimerin Christina Demertzi aus kurzer Distanz der Anschlusstreffer glückte, half dem Favoriten nicht mehr entscheidend weiter. „Wir haben gegen eine fußballerisch bessere Mannschaft die Zweikämpfe hervorragend gestaltet“, zeigte sich SGM-Coach Martin Bestenlehner über den Einsatzwillen und die Konzentrationsfähigkeit seiner Mannschaft begeistert. Kollegin Rauch stimmte zähneknirschend zu: „Wir konnten deshalb nur selten durchkombinieren.“

SGM-Kapitänin Anja Epple reckte derweil ein paar Meter weiter den Cup unter dem Applaus der Spielerinnen und rund 40 Sympathisanten auf der Stehtribüne in die Höhe. Probleme mit dem Feiern hatte die Spielgemeinschaft nach der von Frauen-Ligenleiterin Natalie Bloss durchgeführten Siegerehrung nicht. Selbst die seit dem Halbfinale gegen Deizisau schwer am rechten Fuß lädierte Sandy Schaible mischte an Krücken gestützt mit. „Tolle Leis­tung“, lobte die 26-Jährige, für die das Match gegen Obertürkheim nicht infrage kommt.

Eine der größten Kuriositäten in der WFV-Pokalgeschichte der Frauen ist somit perfekt: Die aus dem Punktspielbetrieb abgemeldete SGM Wendlingen/Ötlingen II startet auf höchster württembergischer Pokalebene.

Spielstenogramm
SGM Wendlingen/Ötlingen: Sabine Hauschild - Fischer, Reich, Bestenlehner, Maja Schmid, Jenny Schmid (46. Schenk), Epple (46. Eichhorst), Vogel, Kleefeldt, Klein (46. Streicher), Sara Hauschild (86. Klopp)
TB Ruit: Meyer - Matthis (46. Demertzi), Jickeli (69. Fröschle), Wertmann, Wiandt, Herrmann (46. Siegel), Mang, Eimert, Letz, Schmid, Salewski (69. Alber)
Tore: 1:0 Vogel (35.), 2:0 Kleefeldt (54.), 2:1 Demertzi (87.)
Schiedsrichter: Philipp Lehmann (Nürtingen)
Zuschauer: 150