Kirchheim. „Wenn es vonseiten der Stadt einen wirksamen Lärmschutz geben sollte, wären sehr große und in der Verträglichkeit fragwürdige Bauwerke erforderlich“, nahm Bürgermeister Günter Riemer in der Sitzung des Technischen Ausschusses des Gemeinderats ein Ergebnis der aktuellen Machbarkeitsstudie vorweg. Auslöser für die detaillierte Untersuchung war die Überlegung, entlang der A 8 den Lärmschutz zu erhöhen und gleichzeitig Flächen für Photovoltaikanlagen zu schaffen, um so die regenerative Energieerzeugung zu stärken und die Herstellungskosten des Lärmschutzes zu reduzieren.
Doch das Projekt hakt an mehreren Punkten. Eine erste Befragung brachte ans Licht, dass entlang der Autobahn viele Elektro-, Gas-, Wasserversorgungs- und Telekommunikationsleitungen laufen. Deren Verlegung käme teuer, eine Überschüttung ist nicht einfach möglich. Ein zweites Problem sind die Besitzverhältnisse: Allein der 40 Meter breite Streifen nördlich der Autobahn, der zur Herstellung von Lärmschutzanlagen erforderlich wäre, befindet sich im Eigentum von etwa 130 unterschiedlichen Eigentümern.
Der größte Haken liegt in der Finanzierung. Eine schalltechnische Untersuchung durch das Büro Mörgenthaler Ingenieure aus Öhringen ergab, dass im Untersuchungsgebiet keine verbindlichen Anforderungen für den Bau von Lärmschutzbauwerken bestehen, da die Grenzwerte für Lärmsanierung an Bundesfernstraßen nicht überschritten sind. Die Stadt hatte daher in Erwägung gezogen, in Eigeninitiative Lärmschutzbauwerke zu errichten. Um deren Dimensionen zu ermitteln, wurden schalltechnische Orientierungswerte der DIN 18005 zum Schallschutz im Städtebau herangezogen. Wichtigstes Ergebnis: Um für die gesamte Bebauung der Stadt Kirchheim den Orientierungswert für ein allgemeines Wohngebiet von 45 Dezibel, entsprechend „Vollschutz nachts“, zu erreichen, wären Wälle und Wände mit einer Gesamthöhe von 20 bis 30 Metern Höhe notwendig. Vor allem aus städtebaulichen Gründen wurden noch weitere Varianten untersucht. Zugrunde gelegt wurde unter anderem der Orientierungswert zur Tagzeit für ein allgemeines Wohngebiet, nämlich 55 Dezibel. Sollte dieser nördlich der Autobahn eingehalten werden, wären bei Ötlingen, beim Gebiet Nägelestal und an der Anschlussstelle Ost bis zu 15 Meter hohe Bauwerke mit einer Gesamtlänge von etwa 2,6 Kilometern erforderlich. Teilweise könnten sie auf bestehenden Wällen aufgesetzt werden.
Wie die Verwaltung eindeutig klarmachte, ist der Straßenbaulastträger, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, definitiv nicht im Handlungszwang. Für die Betrachtung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gelten nämlich deutlich schlechtere Werte, die nicht überschritten sind. Die Maßnahme wäre also eine Freiwilligkeitsleistung der Stadt. Allein für die Wände entstünden Kosten in Höhe von etwa 350 Euro pro Quadratmeter. Bei einer Länge von 2,3 Kilometern und einer Höhe von 10 Metern käme man also auf über acht Millionen Euro, wie Christoph Link von der Stadtverwaltung kurz überschlug. Daher will die Stadt das Vorhaben nicht weiterverfolgen, aber an der Idee festhalten, an vorhandenen Wällen und Wänden Photovoltaik-Anlagen zu installieren.
Mehrere Redner im Ratsrund äußerten Bedauern, dass die Anwohner wohl auch künftig mit dem Autobahnlärm leben müssen. Einigkeit bestand darüber, dass die Verhältnismäßigkeit angesichts der enormen Kosten nicht mehr gegeben sei, zudem bliebe eine gravierende Veränderung des Landschaftsbildes nicht aus. „Wir werden immer wieder das Thema Tempolimit verfolgen“, kündigte Grünen-Stadtrat Karl-Heinz Schöllkopf stattdessen an. Auch die Ortsvorsteher der westlichen Teilorte setzen ihre Hoffnungen darauf: Flüsterasphalt und eine Temporeduzierung könnten den Lärm von der A 8 gewaltig verringern, meinte Stefan Würtele aus Lindorf. Sein Ötlinger Kollege Hermann Kik versprach der Verwaltung Unterstützung bei der Beantragung eines Tempolimits auf de A 8 und ergänzte, dies müsse doch „flutschen“ in Anbetracht der grünroten Landesregierung.
Bürgermeister Günter Riemer verwies darauf, dass die Antwort des Ministeriums auf den jüngsten Vorstoß für die Einführung von Tempo 120 auf der A 8 bei Kirchheim noch ausstehe.