Der Dieselabgas-Skandal nimmt kein Ende. Was in den USA mit der Klage gegen VW wegen der Schummel-Software begann, hat seinen vorläufigen Höhepunkt beim Dieselgipfel in Deutschland gefunden - weil alle deutschen Autokonzerne munter in der gleichen Betrugs-Liga spielen. Der Teckbote hat die Kandidaten für die Bundestagswahl zum Thema Dieselgipfel befragt.
„Ein großer Wurf ist es nicht. Es ist der kleinste gemeinsame Nenner“, sagt Michael Hennrich, CDU-Bundestagsabgeordneter, bezüglich der Minimallösung: ein Software-Update. Aus seiner Sicht ist das kein Befreiungsschlag, allein schon im Hinblick auf das Stuttgarter Urteil, wonach Dieselfahrzeuge aus den Innenstädten verbannt werden dürfen. „Das ist keine Sicherheit für die Verbraucher - das ärgert mich am meisten“, findet er klare Worte. Insgeheim hat er gehofft, die Autobauer würden das weiterreichende Thema Hardware angehen. Nun müsse größtmögliche Transparenz geschaffen werden. „Ich habe keine Lust, mir das Versagen der Automobilindustrie ans Revers zu stecken. Ich hoffe, das zuständige Ministerium hat seine Lehren daraus gezogen“, sagt Hennrich und zitiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD, wonach es der Staat in der Vergangenheit zu häufig an Distanz zur Automobilindustrie hat mangeln lassen.
„Qualität lebt von Vertrauen. Durch die Manipulation ist es erschüttert worden“, erklärt SPD-Kandidat Nils Schmid in Richtung der kompletten Branche. Deren Aufgabe sei es nun in erster Linie, die Software auf eigene Kosten nachzurüsten, da die Automobilindustrie gegen Vorschriften verstoßen hat. „Sie ist eine unserer Leitindustrien. Der Maschinenbau hat dabei einen erheblichen Anteil als Zulieferer“, nimmt er die Autobauer im Blick auf die volkswirtschaftlichen Auswirkungen in die Verantwortung und fordert schnelle Lösungen. Ob die Nachrüstung ausreicht, hält er für fraglich. „Made in Germany muss weiterhin für Qualität stehen - und die muss auch geliefert werden“, steht für ihn unmissverständlich fest.
Von einem verheerenden Zeichen für den Standort Deutschland spricht Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter der Grünen. Die Automobilindustrie sei drauf und dran, das Label „Made in Germany“ zu zerstören. Wenn Ingenieuren nichts anderes einfällt, als Software zu manipulieren, macht ihn das sprachlos. „Der Skandal ist, dass die Politik das hat durchgehen lassen. Die Industrie hat betrogen.“ Ihn ärgert, dass eben jene Branche beim Dieselgipfel sich die Strafe auch noch selbst hat aussuchen dürfen. „Das ist nichts, was es vorher nicht schon gab. Das ist ein absolutes Null-Ergebnis.“ Die Autobauer so billig davonkommen zu lassen, werde doppelt teuer, nicht nur hinsichtlich der Gesundheit der Menschen. „Der Druck auf die Industrie muss erhöht werden. Nur so wird sie sich um innovative Alternativen bemühen“, ist Gastel überzeugt.
„Der Slogan eines Autobauers hieß mal: Vorsprung durch Technik. Heute müsste er heißen: Vorsprung durch Täuschung“, sagt Heinrich Brinker, Bundestagskandidat für die Linken. Der Dieselskandal werfe ein bezeichnendes Licht darauf, wie Qualität in Deutschland überwacht wird. „Wenn ein reines Software-Update 30 Prozent Verbesserung für unsere Gesundheit bringt, dann ist der Skandal umso größer, dass das nicht schon längst umgesetzt ist.“ Das Elektroauto ist für Brinker nicht die alleinige Lösung. Der öffentliche Personenverkehr müsse mehr in den Fokus rücken. „Wir brauchen klimaneutrale Verkehrspolitik, und wir müssen über den Tellerrand schauen“, sagt er und nennt China und Frankreich als Beispiel. Dort werde weit intensiver nach alternativen Antriebstechniken geforscht.
„Wir sollten das Vertrauen der Verbraucher nicht weltweit verspielen. Es ist ein Warnsignal, wenn die Verkaufszahlen in den USA um 9 bis 13 Prozent zurückgehen“, erklärt FDP-Kandidatin Renata Alt. Sie spricht von einer kalten Enteignung, denn wer vor einem halben Jahr ein Dieselauto gekauft hat, müsse mit einem Wertverfall von 20 Prozent rechnen. Renata Alt ist nicht für einen abrupten Ausstieg aus der Dieseltechnologie. „Wir sollten nicht den gleichen Fehler wie bei der Energiewende machen.“ Im Land der Tüftler blickt sie nicht bang in die Zukunft. Auch das Elektroauto ist für sie nur eine Möglichkeit, denn die Herstellung der Batterien und die Stromerzeugung belasten die Umwelt.
Die Ansichten der Kandidatin für die AfD waren nicht zu erfahren. Vera Kosova war weder telefonisch noch per Mail zu erreichen.