Anke Kirsammer
Weilheim. Der Streit um den Betrieb des Backhauses in Hepsisau schwelte schon seit Jahren. Entzündet hatte er sich daran, dass der nur zehn Meter entfernt wohnende Nachbar sich durch den Geruch und den Rauch belästigt fühlte, die das Anfeuern der Holzbacköfen mit sich bringt. In seiner Klage hatte er unter anderem gefordert, das Backen auf maximal drei Tage pro Woche einzuschränken und samstags nur noch alle zwei Wochen zuzulassen. In ihrem Urteil ließ die Zweite Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart nun den Anwohner abblitzen.
In seiner Begründung weist der Richter darauf hin, dass weder die Grenzwerte der Geruchsimmissionsrichtlinie noch die der EU-Feinstaubrichtlinie überschritten werden. Eine schädliche Umwelteinwirkung auf das Wohnhaus des Klägers könne das Gericht ebenfalls nicht feststellen. Dem Anwohner wird schlicht geraten, während der Anheizphase die Fenster geschlossen zu halten. Dass er Wäsche nicht im Freien aufhängen und Balkon sowie Garten nur eingeschränkt nutzen könne, seien „bloße Lästigkeiten, nicht aber erhebliche Beeinträchtigungen“.
Insbesondere heben die Juristen aber auf die Hepsisauer Tradition in Hepsisau ab: „In dem Backhaus, das im Ortskern seit 1847 existiert, wird seit jeher gebacken, ohne dass die Nutzung zwischenzeitlich einmal aufgegeben wurde.“ Damit unterscheide sich das Backhaus deutlich von anderen, die teilweise über Jahre oder Jahrzehnte nicht betrieben worden seien. Das Backhaus präge das Ortsbild und sei schon vorhanden gewesen, als der Kläger seine Wohnung bezogen habe. Ob beim Hepsisauer Dorffest, das jeweils am ersten Sonntag im September auch wegen der leckeren Bätscher Besuchermassen in den Zipfelbachort lockt, oder schlicht beim alltäglichen Brotbacken – das Häuschen neben der Kirche ist das Herz des Weilheimer Teilorts und dient auch dem sozialen Austausch.
Nachdem die Querelen um das Backhaus Mitte der 1990er Jahre aufgeflammt waren, hatte die Stadt versucht, durch Umbaumaßnahmen die Beeinträchtigung der Nachbarschaft zu minimieren: 1997 wurde im Zuge einer Renovierung unter anderem eine Rauchgasverbrennungsanlage eingebaut. Zehn Jahre später nahm die Stadt in Absprache mit Landratsamt und Regierungspräsidium eine ganze Reihe von weiteren Umbauten vor: So wurde die Abgasnachverbrennung optimiert, der Kamin mit einem Edelstahlrohr um zwei Meter erhöht und eine neue, benutzerfreundliche Steuer- und Bedieneinheit eingebaut.
Aufgrund der anhaltenden Beschwerden erließ die Stadt vor drei Jahren erstmals eine Benutzungsordnung für das Backhaus. Seitdem dürfen die Holzöfen nur noch mittwochs bis freitags von 6 bis 18 Uhr sowie samstags bis 15 Uhr angeheizt werden. Die Zahl der Backtage noch weiter einzuschränken, wie vom Kläger gefordert, sei nicht sinnvoll, erklärte auch Weilheims Ordnungsamtsleiter Helmut Burkhardt auf Nachfrage. Schon durch die jetzige Beschränkung und die dadurch verursachten extremen Temperaturunterschiede hätten die Öfen gelitten. Für deren Sanierung hat die Stadt im diesjährigen Haushaltsplan 50 000 Euro bereitgestellt.
Wie Burkhardt erläuterte, hatte sich der zuständige Richter mit dem Kläger und Vertretern der Stadt im November vergangenen Jahres im Rahmen eines Probebetriebs vor Ort ein Bild verschafft. Der Ordnungsamtsleiter hofft nun, dass das darauf fußende Urteil von allen Seiten akzeptiert wird und in dem 850 Einwohner zählenden Dorf wieder Ruhe einkehrt.