Andreas Volz
Kirchheim. Die Begrifflichkeiten sind ein wenig sperrig, geht es doch zum einen um den „Albvorlandtunnel“ und zum anderen um dessen „Tunnelportal Ost“. An diesem „Ostportal“, in etwa auf Höhe des Jauchertbachs, ist eine „größere Baustelleneinrichtung“ vorgesehen, wie Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer im Gemeinderat erläuterte. Es handle sich dabei aller Voraussicht nach um die Hauptumschlagsstelle für Material und Maschinen beim Bau des Tunnels. Ab- und Anfahrt sollten eigentlich komplett über die Autobahn erfolgen, um das Umland nicht noch zusätzlich durch Baustellenverkehr zu belasten.
Die entscheidende Frage ist nun die nach dem „Vollausbau“ der behelfsmäßigen Baustellenausfahrt. Dazu würden eben, wie an anderen Anschlussstellen auch, vier „Äste“ gehören, die jeweils das Ein- und das Ausfahren in beide Fahrtrichtungen ermöglichen. Das Regierungspräsidium Stuttgart verweist nun aber auf die „Richtlinie für die Anlage von Autobahnen“, nach der dieser Vollanschluss nicht genehmigungsfähig sei. Grund dafür ist die Nähe zur regulären Ausfahrt Kirchheim-Ost. Diese Nähe sorge dafür, dass die Einfahrt von der Baustelle her in Richtung Stuttgart wegfallen soll. Es verbleiben somit also nur noch drei „Äste“.
Weil nun aber trotzdem Baustellenfahrzeuge im Verlauf der mehrjährigen Bauarbeiten regelmäßig von der Baustelle in Richtung Stuttgart auf die Autobahn fahren müssen, sind zwei Alternativen im Gespräch: Die erste sieht eine separate Baustraße vor, die südlich der Autobahn direkt von der Baustelle in Richtung Autobahnmeisterei führt. Die Stadt Kirchheim und der Naberner Ortschaftsrat lehnen diese Alternative aber ab, weil sonst der Radweg zwischen Nabern und Kirchheim über die Baustraße führen müsste. Die Gefahr von Unfällen an einer Kreuzung von Radweg und Baustraße wird – gerade auch für Schüler – als viel zu groß angesehen.
Folglich sieht der zweite Vorschlag, zu dem die Stadt Kirchheim ihre Stellungnahme abzugeben hatte, eine ganz andere Lösung vor: Der Baustellenverkehr soll die künftige Behelfsabfahrt aus Richtung München nehmen und über den „Wurmfortsatz“ der Tannenbergstraße in die Einsteinstraße geleitet werden. Die Einsteinstraße wiederum wäre in voller Länge zu befahren, bis die Baustellenfahrzeuge nach links in die Jesinger Straße einbiegen könnten. Von dort aus sollten sie schließlich über die Umgehungsstraße zur Autobahn und zur regulären Einfahrt Richtung Stuttgart gelangen.
Bereits zu Beginn der Debatte hatte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker festgestellt, dass die Stadt Kirchheim auf dem Vollanschluss besteht. Bürgermeister Günter Riemer nannte Sicherheitsbedenken der Polizei als Grund dafür, dass sich das Regierungspräsidium gegen diesen vierten „Ast“ entschieden hatte: Die Nähe der Ein- und Ausfahrten könnte zu einer erhöhten Unfallgefahr führen.
Um dieser Unfallgefahr vorzubeugen, schlägt die Stadt Kirchheim also vor, nach dem erfolgten Vollanschluss der Baustellenausfahrt das Tempo auf dem betreffenden Streckenabschnitt der Autobahn auf 120 Kilometer pro Stunde zu reduzieren.
Der Vorschlag fand den Beifall von Peter Bodo Schöllkopf (SPD), der damit gleich „zwei Fliegen mit einer Klappe“ schlagen möchte. Schließlich gibt es schon lange Forderungen nach einem entsprechenden Tempolimit auf der Autobahn bei Kirchheim – aus Lärmschutzgründen.
Hagen Zweifel, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sieht einerseits den vollen Ausbau der Baustellenausfahrt als „unabdingbar“ an. Gleichzeitig hält er aber die Sicherheitsbedenken wegen der Nähe von Ein- und Ausfahrt für berechtigt.
Mathias Waggershauser (CDU) verwies auf einige andere Beispiele in der näheren Umgebung. Auch da lägen Ein- und Ausfahrten nahe beieinander. Deshalb müsste das in Kirchheim vorübergehend auch möglich sein.
Für Birgit Müller (Frauenliste) ist es schlichtweg nicht vorstellbar, dass während der gesamten Bauzeit die Einsteinstraße und die Jesinger Straße pro Stunde mit zehn bis 15 Lastwagen zusätzlich belastet werden sollen. Umgerechnet heißt das: alle vier bis sechs Minuten ein Lkw mehr als sonst.
Andreas Schwarz (Grüne) sprach sich – wie alle anderen Redner auch – ebenfalls für den Vollanschluss aus und nannte als wichtige Argumente die Verkehrssicherheit für Radfahrer sowie den Aspekt des Hochwasserschutzes. Die Arbeiten zum Hochwasserschutz am Jauchertbach wären durch die Baustraße südlich der Autobahn stark beeinträchtigt. Eine geringe Distanz zwischen einer Ein- und einer nachfolgenden Ausfahrt gebe es auch zwischen der Raststätte Denkendorf und der Ausfahrt Esslingen, stellte Andreas Schwarz fest. Er habe seine Argumente auch schriftlich an den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann weitergeleitet.
Ohne „oberlehrerhaft“ wirken zu wollen, verwies Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker darauf, dass der Adressat des Schreibens vielleicht nicht ganz der richtige sein könnte: „Es hakt an der Polizei.“ So gesehen wäre der Innenminister der passendere Empfänger innerhalb des Kabinetts.
Einstimmig hat sich der Kirchheimer Gemeinderat für die Stellungnahme der Stadt ausgesprochen, die den Vollausbau der Baustellenausfahrt fordert. Zusätzlich wird „zur Unterstützung und zur Förderung der Verkehrssicherheit“ vorgeschlagen, die Geschwindigkeit zwischen der künftigen Behelfsausfahrt und Kirchheim-Ost auf 120 Kilometer pro Stunde zu beschränken.