Kirchheim. Ein Seniorenstift in zentraler Lage, direkt neben dem Alten Haus? Die Idee ist zweifellos
Irene Strifler
charmant. Sie stößt daher erwartungsgemäß im Kirchheimer Ratsgremium, das der demografischen Entwicklung stets große Beachtung zollt, auf starkes Interesse.
Trotzdem liegt ein Schatten auf dem Vorhaben. Zwar ist der Investor selbst kein jugendlicher Heißsporn mehr und dürfte sich die Hörner in langjährigen Auseinandersetzungen mit Verwaltungsmaschinerien abgestoßen haben. Dennoch hatte er bereits vor der Ausschusssitzung, in der das Vorhaben erstmals öffentlich zur Sprache kam, zahlreiche Stadträte mit Mails versorgt. Von Verzögerungspolitik und Schlimmerem soll darin dem Vernehmen nach die Rede sein. Besonders hart aber sind die Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung: Wie Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker mitteilte, wird beispielsweise der Stadtplaner der Klientelpolitik bezichtigt und des Zusammenwirkens mit einem Makler. „Ich bin dabei, das rechtlich prüfen zu lassen“, teilte die Stadtchefin mit und stellte sich demonstrativ hinter ihren Mitarbeiterstab: „So wird in der Verwaltung nicht gearbeitet!“
Den Anlass, das Thema im Gemeinderat zu diskutieren, gab der zu fassende Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Zwischen Alleen-, Dettinger-, Walkstraße und Gaisgasse“, der das Quartier hinter dem Alten Haus umfasst. Laut Sitzungsvorlage handelt es sich dabei „um einen Bereich, in dem die auf den einzelnen Baugrundstücken historisch gewachsene Situation, insbesondere im Zuge der umgebenden Straßen, noch deutlich ablesbar ist“. Ziel sei der Erhalt dieser gewachsenen und maßstäblichen Baustruktur. Der Innenbereich war bisher vom Bebauungsplan ausgenommen gewesen. Jetzt soll eine Gesamtplanung erfolgen, wie Planer Gernot Pohl erläuterte.
Theoretisch könnte auch bei einem laufenden Bebauungsplanverfahren das jetzt eingereichte Baugesuch zeitnah genehmigt werden, führte Pohl weiter aus. Bekanntlich will Architekt Eugen Schweitzer im ehemaligen Neckarwerke-Gebäude ein besonderes Seniorenstift im Stile des Stuttgarter Augustinum schaffen (der Teckbote berichtete). Pohl signalisierte, dass die städtebauliche Genehmigungsfähigkeit in puncto Höhe, Erschließung und Nutzung voraussichtlich gegeben sei und das alte Gebäude erfreulicherweise weiter genutzt werden solle. Im Übrigen brauche man nun aber einfach Zeit, um das Vorhaben im Detail zu prüfen.
Begeisterung für die Sache, aber klare Kritik am Stil kennzeichnete die Reaktionen der Stadträte quer durch alle Fraktionen. „Das ist eine gute Stelle für ein Altenheim“, betonte CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Thilo Rose, erklärte aber kategorisch: „Wir verurteilen den Stil. So kann man nicht miteinander umgehen.“ SPD-Fraktionschef Walter Aeugle bezeichnete es als „völlig inakzeptabel“, was dem Gemeinderat und der Verwaltung unterstellt werde. Dennoch sei das Projekt wünschenswert. Dem stimmt auch Hagen Zweifel zu. Der Vorsitzende der Freien Wähler hielt ein ausführliches Bebauungsplanverfahren für in Ordnung, befürchtete er doch Widerstand in der Nachbarschaft wegen der Massivität des Baukörpers. „Es gibt objektive städtebauliche Kriterien“, unterstrich Karl-Heinz Schöllkopf von den Grünen, dass es gar keinen Grund gebe, das Bebauungsplanverfahren anders als in gewohnter Weise seinen Weg gehen zu lassen.
Einstimmig fasste das Gremium den Aufstellungsbeschluss für die zweite Änderung des Bebauungsplanes.