Serenadenkonzert des vhs-Orchesters musste wetterbedingt in der Martinskirche verlegt werden
Beredte musikalische Dialoge

Kirchheim. Einmal mehr musste das sommerliche Serenadenkonzert des vhs-Orchesters wetterbedingt vom Schlosshof in die Martinskirche


Gunthild Arnold

verlegt werden. Doch der Kirchenraum gab dem Programm eine Färbung, die ihm nicht schlecht zu Gesicht stand und die Aspekte der Musik hervorkehrte, die in der Schlosshofidylle vielleicht nachrangig erschienen wären.

So war der erste Satz von Mozarts Bläserserenade KV 388 von dunklem c-Moll-Ernst geprägt, über dessen pulsierenden Rhythmen warme Oboen- und Klarinettenkantilenen schwebten. Holz- und Blechbläser zeigten sich vom ersten Takt an von ihrer besten Seite, intonierten sauber und spielten präzise zusammen. Sabine Bruhns hatte trotz der heiklen Kirchenraumakustik alle musikalischen Fäden fest in der Hand und gab lebendige Impulse. Auch die polyfonen Kunststückchen des alten Kirchenstils in Menuett und Trio, in denen Mozart seine Bach-Begeisterung auslebt, wirkten im Kirchenraum überaus authentisch und waren klar gestaltet.

Der Weg von c-Moll nach Es-Dur ist nicht weit, und so begann die folgende „Sinfonia concertante“ KV 364 mit einem satten, feierlichen, an den Beginn der „Zauberflöte“ erinnernden Maestoso-Tutti-Akkord. Im Folgenden entwickelten sich – ganz im Sinne des „concertare“, des musikalischen Wettstreits – immer lebhaftere musikalische Dialoge, zunächst zwischen den Orchestergruppen, dann zwischen den Solisten.

Judith Behm (Violine) und Matthias Kuhn (Viola) spielten ihre Soloparts mit makellosem, jeweils sehr charakteristischem Ton und intelligenter Musikalität. Ihre beredten melodischen Zwiegespräche gipfelten in den auskomponierten Kadenzen des ersten und zweiten Satzes. Im temperamentvollen Presto-Finale verzichtet Mozart ganz auf die Kadenz und gibt einen unbeschwerten, energischen Kehraus. Makellos auch hier Sabine Bruhns’ Koordination von Solisten und differenziert und wach agierendem Orchester, deutlich hörbar die ausgezeichnete Vorbereitung.

Nach der Pause dann Dvorak – eine klug zusammengestellte Mischung aus Unbekanntem und Bekanntem. Die Besetzung der Serenade d-Moll op. 44 ist ebenso originell wie basslastig – doch auch hier setzten die Holzbläser des vhs-Orchesters schöne melodische Glanzlichter, die den Marschcharakter zeitweise geradezu ins Idyllische wendeten. Streicher-Wohlklang pur bot das Andante aus der „Amerikanischen Suite“, in dem die Violinen in zauberhaftem Sordino-Klang schwelgten, ohne je ihre Intonationssicherheit einzubüßen. So war das Feld bestens vorbereitet für die Violinromanze f-Moll, ein geigerisch äußerst dankbares Stück, das Matthias Kuhn mit süßem, intensivem Ton und sicherem Gefühl für rubato und romantisches Timing spielte.

Als quasi ins Programm integrierte Zugaben mit großem sinfonischem Aufgebot beschlossen zwei slawische Tänze den Abend. Nach einem langen Programm immer noch in Hochform, mit musikantischem Schwung und großer Geste packten Sabine Bruhns und ihre Orchestermusiker diese immer wieder mitreißenden Stücke an – unfreiwillig, aber effektvoll die (Kirchen-)Glockenverstärkung für das ohnehin üppige Schlagzeugaufgebot des g-Moll-Tanzes.

Es gab begeisterten Applaus und ein Dacapo als Zugabe. Die „Serenade in der Kirche“ hätte nicht schöner enden können.