Christian Dörmann
Ostfildern. Mit der Ertüchtigung von sieben Kreuzungen stärke das Land den Wirtschaftsstandort und bereite den Weg für weitere Investitionen von Unternehmen, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Auftakt der Straßenbauarbeiten. Dabei verwies er auf knappe finanzielle Ressourcen, allerdings handele es sich bei der Verkehrsachse zwischen Fildern und Neckartal um einen exemplarischen Fall. Es sei wichtig, gute Bedingungen für die mittelständische Wirtschaft zu schaffen. „Wenn es darum geht, den Weltmarkt zu bedienen, dann darf nicht schon vor der Tür ein Stau aufgebaut werden“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann. Der Verkehr in der Region Stuttgart müsse fließen, auch wenn sich natürlich nicht alle Staus vermeiden ließen. Für den Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl ist es zum Teil ein unzumutbarer Zustand, wenn Autofahrer einen erheblichen Teil ihrer Zeit im Stau zubringen. Deshalb sei der Einstieg in den Ausbau der Verkehrsknoten das richtige Zeichen.
Ob hinter der Entscheidung, die Band Johnny Trouble zu verpflichten, ein tieferer Sinn lag, ist nicht bekannt. Diese hatte den Ministerpräsidenten und den Verkehrsminister gestern mit Countryklängen empfangen. Gut in Erinnerung ist aber noch, dass es im Vorfeld des symbolischen Spatenstichs für die Ertüchtigung der Verkehrsknoten zwischen A 8 und B 10 einiges an Trouble, also Ärger, gegeben hat. Davon war freilich im großen Ausstellungsraum des Autohauses Drechsler, der wegen unsicherer Wetterlage als feierlicher Rahmen auserkoren wurde, nichts mehr zu spüren. Dafür gab es viele Bekenntnisse zur Wirtschaftsregion und zu dem Ziel, den Unternehmen möglichst ein gutes verkehrliches Umfeld zu bieten.
Der Startschuss für den Ausbau von insgesamt sieben Verkehrsknoten ist nun für die Kreuzung der Landesstraßen 1202 und 1200 bei Ostfildern-Nellingen auf Denkendorfer Gemarkung gefallen. Und das bedeutet neben der Absicht, den Verkehr zwischen den Fildern und dem Neckartal deutlich flüssiger zu gestalten, auch Einschränkungen für die Autofahrer während der kommenden drei Jahre. Baustellen werden ihren Tribut fordern; deshalb wiesen Ostfilderns Oberbürgermeister Christof Bolay und Denkendorfs Bürgermeister Peter Jahn schon einmal vorsorglich darauf hin, dass es bei der Bauabwicklung auf höchstmögliche Flexibilität ankommt. Der Verkehr dürfe nicht mehr als unbedingt nötig blockiert werden.
Auslöser für die anstehenden Straßenbauarbeiten waren die Ausbaupläne der Firma Festo in Esslingen-Berkheim, wofür bereits die Konturen des neuen Hochhauses auf der Zollberger Seite als weithin sichtbares Zeichen stehen. 400 Mitarbeiter sollen dort künftig arbeiten, und bis zu 2 000 weitere Arbeitsplätze sollen in einem weiteren Bauabschnitt entstehen. Dass damit die heute schon ausgereizte Verkehrsachse zwischen A 8 und B 10 nebst deren Querverbindungen hoffnungslos überfordert sein würden, war allen Beteiligten schnell klar. Gleichwohl kamen aus dem Stuttgarter Verkehrsministerium zunächst wenig Mut machende Zeichen, weil Minister Hermann (Grüne) immer wieder darauf hinwies, das Projekt stehe „in Konkurrenz zu zahlreichen landesweit anstehenden, ebenfalls dringlichen Vorhaben“.
Davon war nun gestern vor zahlreichen Vertretern aus Landes- und Kommunalpolitik, Verwaltung und Wirtschaft keine Rede mehr. Dafür umso mehr von der Chance, die Verkehrssituation auf der wichtigen Achse zu verbessern. Und auch die Sicherheit, wie Minister Hermann betonte, schließlich treffen etwa an der Kreuzung der Landesstraßen 1202/1200 (Drechsler-Knoten), mit deren Ausbau jetzt begonnen wird, 4 000 Fahrzeuge zusammen – und das stündlich. Etwa 25 000 Autos nehmen täglich die Straße zwischen Filder und Neckartal unter die Räder, 10 000 bis 15 000 sind es pro Tag auf der Landesstraße 1200 zwischen Denkendorf und Nellingen. Und die Tendenz ist aus Hermanns Sicht klar steigend.
Mehr als eine Million Euro wird allein in den Drechsler-Knoten investiert; davon bezahlt das Land die Hälfte. Es wird eine zusätzliche Geradeausspur von der A 8 kommend in Richtung Berkheim entstehen, der Radweg wird verlegt, aber der Blitzer bleibt, wie der Minister betonte.
Mit „Rückenwind aus Stuttgart“ kommentiert Ostfilderns OB Christof Bolay das Verkehrsprojekt und hat dabei auch die Situation in Nellingen im Blick. Die Ostumfahrung habe seinerzeit Entlastung gebracht, aber die Ortsdurchfahrt sei schon längst wieder dicht. Diese Einschätzung wird von Denkendorfs Bürgermeister Peter Jahn geteilt, der an den langen Kampf für die Ostumgehung erinnerte. Gleichwohl seien die umliegenden Orte eben wieder voller Autos.
Positive Reaktionen auf den Beginn der Ausbauarbeiten kommen auch aus dem Esslinger Rathaus. Oberbürgermeister Jürgen Zieger spricht von einem wichtigen Schritt zur nachhaltigen Verbesserung der Verkehrsanbindung des Neckartals an die Filder. Bereits frühzeitig habe die Stadt Esslingen den vom Regierungspräsidium geplanten Ausbau der Knotenpunkte unterstützt, sich aber gegen eine Erweiterung des Straßenquerschnitts von zwei auf vier Fahrspuren ausgesprochen. Die notwendigen Eingriffe in die Landschaft hält Zieger für moderat, und das Projekt sei zudem mit einem überschaubaren finanziellen Aufwand zu realisieren.
Die Landesregierung, die ihre Mittel für den Straßenbau auf 100 Millionen Euro verdoppelt hat, will in den kommenden Jahren weniger auf neue Straßen und mehr auf die Sanierung der vorhandenen Verkehrswege setzen, sagte Verkehrsminister Hermann gestern. Dabei soll auch ein Augenmerk auf ein besonderes Problem gelegt werden: auf die reparaturbedürftigen Brücken.