Bezahlung auf 5,50 Euro pro Kind und Stunde erhöht – Elternbeiträge einkommensunabhängig
Bessere Bedingungen für Tagesmütter

Beim Tageselternverein im Landkreis Esslingen ist Aufbruchstimmung zu spüren. Seit März erhalten Tagesmütter nicht mehr 3,90 Euro, sondern 5,50 Euro pro Kind und Stunde. Die Elternbeiträge sind außerdem einkommensunabhängig. Petra Nitsch von der Geschäftsstelle in Kirchheim spricht von einem „Meilenstein“.

Kreis Esslingen. Lange Zeit hatten Tagesmütter wenig zu lachen. 3,90 Euro verdienten sie pro Kind und Stunde. Leidtragende waren unter anderem auch die Eltern der Kinder, die diesen kargen Lohn aus eigener Tasche aufstocken mussten. Dazu kam: Weil sich der Elternbeitrag am Einkommen orientierte, lohnte sich für viele Eltern der Gang zur Tagesmutter überhaupt nicht.

Seit März hat sich vieles geändert. Weil das Land mehr Geld zur Verfügung stellt, um den Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige voranzutreiben, hat der Landkreis den Tageseltern eine ordentliche Gehaltserhöhung verpasst. 5,50 Euro erhalten sie seitdem pro Stunde für ein Kind. Für Petra Nitsch, die in der Kirchheimer Regionalabteilung des Tageselternvereins arbeitet, ist die Erhöhung des Verdiensts ein „Meilenstein“. Für Eltern sei es zudem viel einfacher geworden, die Dienste einer Tagesmutter in Anspruch zu nehmen. Neu ist: Wer beim Landkreis einen Antrag auf Kostenübernahme stellt, muss keine Einkommensnachweise mehr erbringen. Der Elternbeitrag richtet sich nicht länger nach dem Einkommen, sondern nach der Zahl der minderjährigen Kinder (siehe Infokasten).

Eine der Tagesmütter, die seit März in den Genuss der 5,50 Euro pro Stunde kommen, ist Sylvia Rauch. Die gebürtige Wienerin, die mit ihrem Mann und ihren beiden kleinen Söhnen seit 2005 in Ochsenwang lebt, ist nicht erst seit der Gehaltserhöhung Tagesmutter mit Leib und Seele. Aber der bessere Lohn hat es doch ein wenig einfacher gemacht. „Als es noch 3,90 Euro pro Stunde gab, habe ich von den Eltern Zusatzbeiträge verlangt. Das tue ich jetzt nicht mehr“, sagt sie. Sylvia Rauch hat sich vorerst dazu entschlossen, sich mit 5,50 Euro pro Stunde zufriedenzugeben. Andere Tagesmütter, so Petra Nitsch, würden weiterhin Zusatzbeiträge verlangen. „Es kommt immer darauf an, ob die Tagesmutter von ihrem Verdienst leben muss oder nicht“, sagt sie.

Das muss Sylvia Rauch nicht; ihr Mann ist voll erwerbstätig. Den ganzen Tag gefordert ist die 41-Jährige, die eigentlich Juristin ist, aber trotzdem. Sechs Tageskinder im Alter zwischen zwei und sieben Jahren, jedoch nie mehr als fünf gleichzeitig, betreut die Tagesmutter insgesamt, im Oktober werden es acht sein. Dazu kommen ihre zwei eigenen Buben, die vier und sechs Jahre alt sind. Flexibel müsse man als Tagesmutter sein, sagt Sylvia Rauch. Wenn sich die Stundenpläne der Kinder ändern oder die Eltern Überstunden schieben, muss sie reagieren. Die Tageskinder sind zwischen einer und fünf Stunden bei ihr. Teilweise kamen die Kinder nur zum Mittagessen, weil der Kindergarten in Ochsenwang zwar Nachmittagsbetreuung anbietet, jedoch über Mittag geschlossen ist. Dann waren auf einen Schlag fünf Kinder im Haus, die verköstigt werden wollten. Ein Kind kommt gleich drei Mal am Tag zu den sogenannten Randzeiten: morgens zwischen 7 und 8 Uhr, mittags zwischen 13 und 14 Uhr und noch einmal nach dem Kindergarten, bis die Eltern es abholen. „Ich muss schon ständig überlegen, wer wohin muss und wie viele Kinder ich überhaupt in mein Auto bekomme“, sagt Sylvia Rauch lachend.

Einen Vorteil der Tagespflege sieht die Tagesmutter darin, dass sie auf persönliche Wünsche der Eltern eingehen kann. Ein Beispiel sind die Mittagschlafzeiten der Kleinen. „Manche Kinder sind ja nur zwei Mal die Woche bei mir. Da fände ich es blöd, wenn sie bei mir zu einer anderen Zeit schlafen als zu Hause“, sagt sie. Auch besondere Ernährungsgewohnheiten werden berücksichtigt – ein Bereich, auf den Sylvia Rauch ohnehin sehr achtet: „Bei mir gibt‘s Bio-Essen und Nahrungsmittel vom Bauernhof“, sagt sie. Der ständige Kontakt zu den Eltern ihrer Tageskinder ist ihr wichtig, mit den meisten ist sie sogar befreundet. „Wenn mir etwas an einem Kind auffällt, gebe ich das weiter“, sagt sie. Auch Erziehungsmaßnahmen ließen sich viel besser durchsetzen, wenn Eltern und Tagesmutter sich abstimmten.

Was die Kindertagespflege von der Kindertagesstätte abhebt, ist für Sylvia Rauch und Petra Nitsch die familienähnliche Betreuung. „Gerade für die unter Dreijährigen ist das Geborgene bei einer Tagesmutter wirklich wünschenswert“, sagt Petra Nitsch. Einzelkinder hätten sogar die Möglichkeit, geschwisterähnliche Beziehungen aufzubauen. Ihre eigenen Kinder profitierten sehr davon, dass so viele Spielkameraden im Haus seien, sagt Sylvia Rauch. Am Anfang hätten sie gar nicht verstanden, dass die Betreuung anderer Kinder ihr Beruf ist. „Die fanden es einfach toll, dass sie jeden Tag Kinder einladen durften“, sagt Sylvia Rauch und lacht.