Bissingen. Das Publikum ist in all den Jahren ein bisschen älter geworden. Aber es ist den Well-Brüdern treu geblieben. Und die Brüder selbst? Statt „Biermösl Blosn“ nennen sie sich jetzt „Well-Brüder aus‘m
Andreas Volz
Biermoos“ und haben sich verjüngt: Bruder Hans, der 35 Jahre lang mit Michael und „Stofferl“ die „Blosn“ gebildet hatte, ist durch „Karli“ ersetzt worden. Das ist derjenige der Well-Brüder, der sich jahrelang hinter der Bühne um die Tontechnik gekümmert hatte. Er habe bei einem „internen Casting“ gewonnen, teilt Michael Well zu Beginn des Auftritts in der Bissinger Gemeindehalle mit.
Und sonst? Natürlich sind auch die Well-Brüder treu geblieben: ihrem Publikum, vor allem aber sich selbst. Von Orgel und Klavier abgesehen, gibt es fast kein Instrument, das sie nicht auf die Bühne schleppen würden. Die Auswahl an Instrumenten, die sie allesamt auch meisterhaft beherrschen, reicht von der Trompete und der Harfe über das Akkordeon und die Tuba, über Quer- und Blockflöte, über Klarinette und Saxofon, über Geige und Kontrabass, über Xylofon und Drehleier bis hin zu Okarina, Dudelsack und – Alphorn.
Und wohlgemerkt: Diese Aufzählung legt keinen Wert auf Vollständigkeit. Zum Beispiel fehlt der „Brummtopf“. Aber das ist eine andere Geschichte: Der Einsatz dieses uralten Instruments misslingt ausnahmsweise. Er scheitert „am Bissinger Biosphärengebietklima“. Das tut der Kompetenz der Well-Brüder keinerlei Abbruch. Im Gegenteil: Es macht sie umso sympathischer, dass sie auch bei einem kleinen Missgeschick sofort die passende Pointe finden.
Überhaupt: Wie immer, zeigten sich die drei Brüder aus dem Biermoos bestens informiert – auch über die lokalen Gegebenheiten rund um den Bissinger „Sai“. Sie sangen gleich zur Begrüßung davon, dass Bissingen jetzt eine überdachte Aussegnungshalle vorweisen könne und dass Ochsenwang durch Zuzug zur „schwärzesten Gemeinde“ avanciert sei. Weil der Abend vom Schwäbischen Albverein Bissingen-Nabern organisiert worden war, sangen sie auch über die Naberner: „Will man in Nabern kulturell was erleb‘n, muss man nach Bissingen rübergehn.“
In ihrem glänzenden musikalisch-kabarettistischen Unterhaltungsprogramm brachten die Brüder dem Publikum auch die eigene Heimat näher: Kreisheimatpfleger Drexler Toni, Feuerwehr Hausen, zwei Kreisverkehre, drei Frauenparkplätze oder auch „Rupp Rohre Rohrbach“. Sie selbst führten stichwortartig in die jüngsten 60 Jahre bayerischer Geschichte ein und erinnerten an Ereignisse wie das Klassenzimmer-Kruzifix, den Gammelfleisch-Skandal, „Wir sind Papst“ oder „Old Schwurhand“. Wichtigste Konstante war die Wiesn-Mass und ihr ständig steigender Preis.
Im Abschiedsgstanzl kamen sie noch einmal auf die Teck-Region zu sprechen (oder zu singen) und reimten: „Die Rodung des brasilianischen Regenwalds ist für das Weltklima katastrophal – aber die Rodung vom Biergarten in Kirchheim, die ist wirklich ein Skandal“ oder auch: „Die Kirchheimer brauchen kein Hallenbad, dös sag i frank und frei – die Ochsenwanger gehn zum Waschen ja auch in den Bissinger Sai.“
Ganz zum Schluss versöhnten sie ihr Publikum noch mit der Tatsache, dass man gegen viele Dinge nichts machen kann – etwa gegen den Tod, gegen die CSU, gegen den FC Bayern oder gegen den Untergang des VfB. Man müsse diese Dinge mit Humor nehmen, und so sangen sie „ein lustiges Lied vom Tod“. Vor dem Tod braucht ihnen auch wahrlich nicht bange zu sein: Erstens haben sie die Gewissheit, dass sie von Petrus mit einer frischen Mass Bier erwartet werden, und zweitens hat ein gewisser „Engel Aloisius“ bekanntlich vor vielen Jahren eine einsame Harfe auf einer Wolke zurückgelassen.