Umstellung auf Einzelzimmer bereitet im Landkreis Sorge – Raum Kirchheim steht gut da
Bis 2020 fehlen 1 200 Pflegeplätze

Die demografische Entwicklung erfordert auch für Pflegeheimbetreiber im Landkreis Esslingen große Anstrengungen. Von 1 200 fehlenden Plätzen bis zum Jahr 2020 sind gut 850 bereits in Planung. Eine weitere Herausforderung ist die Vorschrift, von 2019 an ausschließlich Einzelzimmer vorzuhalten.

Kreis Esslingen. „Wir haben im Landkreis noch mehr als 800 Doppelzimmer“, sagte Sozialdezernent Dieter Krug im Sozialausschuss des Landkreises. Sorge bereitet ihm deshalb die Landesheimbau-Verordnung. Sie erlaubt in stationären Pflegeheimen in gut vier Jahren nur noch Einzelzimmer. Die Fristen müssten verlängert werden, um über das Jahr 2019 hinaus gute Übergänge zu schaffen. „Die Vorschrift trifft kleinere und mittlere Häuser stärker als größere“, so Altenhilfe-Fachberaterin Renate Fischer. Sie hätten Probleme, Doppel- in Einzelzimmer umzubauen, weil es für sie wenig Möglichkeiten zur Kompensation gäbe.

Prävention und der medizinische Fortschritt machen es möglich: Gab es 2010 im Kreis Esslingen noch rund 3 500 Menschen, die 90 Jahre oder älter waren, werden es 2020 fast 5 400 und ein weiteres Jahrzehnt später 9 100 sein. Allein diese Zahlen lassen erwarten, dass der Bedarf an stationären Pflegeplätzen im Landkreis in den nächsten Jahren stark anwächst. Hochbetagte Menschen benötigen häufig eine komplexe Pflege, die zu Hause oft nicht geleistet werden kann. Hinzukommt: Veränderte Haushaltsstrukturen machen die Pflege in den eigenen vier Wänden immer schwieriger. Lebte 1950 in Baden-Württemberg nur jeder Fünfte in einem Einzelhaushalt, so waren es 2011 bereits 38 Prozent. Die geringe Arbeitslosenquote und die gestiegene berufliche Mobilität der Kinder sind weitere Gründe, die die häusliche Pflege erschweren. „Die sozialen Beziehungen werden nicht geringer, aber ihre Intensität verringert sich“, erklärte Renate Fischer.

Ist es in Ordnung, Pflege in externe Hände zu geben? Es sei davon auszugehen, dass diese Frage in ländlichen Gebieten anders beantwortet werde als in städtischen Strukturen, so die Fachberaterin. Je nachdem, von ­welchen Eckdaten man ausgeht, schwankt der Bedarf an stationären Pflegeplätzen im Kreis Esslingen im Jahr 2020 zwischen 4 770 und 5 270. „Es spricht einiges dafür, mindestens mit der oberen Variante weiterzurechnen“, sagte Renate Fischer, werden doch im Kreis Esslingen lediglich sechs Prozent der Kommunen dem ländlichen Raum zugeordnet.

Der Landkreis empfiehlt, bei der Konzeption kleinräumig vorzugehen. Gegenüber anderen Regionen, deren Planung noch erheblich vom Bedarf abweicht, bekommt der Bereich Kirchheim mit 24 geplanten zusätzlichen Plätzen fast eine Punktlandung hin. Derzeit gibt es in der Teckstadt und im näheren Umland 732 Pflegeplätze. Benötigt werden bis 2020 voraussichtlich 755. Demgegenüber klafft beispielsweise im nördlichen Teil des Landkreises in der Region um Esslingen eine Lücke von 340 Plätzen.

Um stationäre Pflege möglichst lange hinauszuzögern, ist es nötig, ein Hilfssystem zur Vermeidung zu beschreiben. „Die entscheidende Größe ist die Selbstverantwortung für das eigene Altern“, betonte Renate Fischer. Stehe zum Beispiel mit 50 ein Hausumbau an, hält sie es für angebracht, bereits an Barrierefreiheit zu denken. Notwendig sei auch eine gute Infrastruktur unter anderem mit Netzwerken, medizinischer und therapeutischer Versorgung, Bewegungsangeboten sowie unterschiedlichen Wohn- und Betreuungsformen im Stadtteil beziehungsweise in der Gemeinde.

Frank Buß (Freie Wähler) unterstützte die Verwaltung darin, für Übergangsfristen bei den Doppelzimmern zu kämpfen, Solveig Hummel (SPD) betonte, eine gute geriatrische Versorgung könne die Unterbringung in Heimen vermeiden helfen, und Margarete Schick-Häberle (Grüne) hielt es für wichtig, auch innovative Wohnformen im Landkreis zu unterstützen. Erich Hogen vom Kreisseniorenrat monierte, dass sich Heime Pflegekräfte durch übertarifliche Bezahlung gegenseitig abwerben. Einstimmig votierte der Sozialausschuss für den Kreispflegeplan.