Aichtal. Das Coronavirus hat den Wahlkampf in Aichtal auf Eis gelegt. Reden vor großem Publikum sind nicht erlaubt, Hände schütteln und Klinken putzen unangebracht. Die Sorge vieler Aichtaler Gemeinderäte: Die Kandidaten haben kaum eine Möglichkeit, sich den Wählern vorzustellen.
Lange Zeit war sich die Stadtverwaltung unsicher, wie sie in dieser Situation reagieren soll. „Dass die Kandidaten keinen richtigen Wahlkampf führen können, ist laut Rechtsaufsichtsbehörde kein Grund, eine Bürgermeisterwahl abzusagen“, sagt Hauptamtsleiter Daniel Stückle. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist das Landratsamt Esslingen. Auch dort zeigt man sich ein Stück weit ratlos: „Im Kommunalrecht sind solche Situationen nicht vorgesehen“, so Pressesprecher Peter Keck. Ob die Wahl in Aichtal nun abgebrochen wird, sollen die Gemeinderäte in der kommenden Woche in einer öffentlichen Sondersitzung entscheiden. Als wahrscheinlich gilt, dass sich die Mehrheit der Gemeinderäte am Mittwoch für einen Abbruch ausspricht.
Rechtswidrig, aber tolerierbar
Fakt ist, dass es keine rechtssichere Möglichkeit gibt, die Wahl abzusagen oder zu verschieben. Der Abbruch des Wahlkampfes durch einen Gemeinderats-Beschluss wäre also immer noch rechtswidrig, allerdings auch für das Landratsamt tolerierbar. Die fehlende Rechtssicherheit könnte jedoch zum Problem werden: „Wenn in fünf Jahren jemand kommt und die Wahl dann anfechtet, können wir derzeit nicht sagen, welche Folgen das hätte“, so Keck.
Doch was würde ein Wahlabbruch bedeuten? Das gesamte Prozedere der Bürgermeisterwahl müsste zu einem späteren Zeitpunkt von vorne beginnen: Die Stelle wird wieder neu ausgeschrieben, Bewerbungen müssen erneut eingereicht und Fristen neu gesetzt werden.
Stückle weist darauf hin, dass es trotz Corona-Pandemie die Möglichkeit gibt, die Wahl rechtssicher stattfinden zu lassen. „Man könnte die Briefwahl stärker bewerben und die Zahl der Wahllokale verringern. Wir müssen ohnehin mit weniger Wahlhelfern rechnen.“ Eine andere Möglichkeit wäre eine hundertprozentige Briefwahl. Dass Letzteres gar nicht so abwegig ist, zeigen Beispiele aus anderen Gemeinden. So können Wähler im hessischen Wildeck ihre Stimme am kommenden Sonntag nur per Post abgeben. „Zudem könnte man den Kandidaten trotz allem die Chance bieten, sich vorzustellen und für Stimmen zu werben“, so Hauptamtsleiter Stückle. Eine Möglichkeit wäre, den Bewerbern mehr Platz im Amtsblatt einzuräumen. Auch eine Kandidatenvorstellung per Video sei denkbar.pm