Schillernder Konzertabend mit dem SWR-Swing-Fagottet in der Kirchheimer Stadthalle
Chefarrangeur gibt „Kontra“

Kirchheim. „Einmal anders“ wollte sich die Fagott-Gruppe des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart bei einer Gala zum 40-jährigen Bestehen des Klangkörpers zeigen. Dieser Anlass liegt inzwischen ein Vierteljahrhundert zurück. Was damals spontan, quasi aus der Feierlaune heraus, entstanden war, hat sich längst zum steten Erfolgsmodell gemausert. Nicht nur deutschlandweit ist das SWR-Swing-Fagottett eine feste Größe – die Wege des fünfköpfigen Ensembles führten unter anderem bis nach Tokio zum Weltkongress des Double-Reed-Clubs, dem Treffen der Fagottisten und Oboisten aus aller Welt.

Auch dem Publikum des Kulturrings bescherte das SWR-Swing-Fagottett in der Kirchheimer Stadthalle einen gleichermaßen unterhaltsamen wie auch musikalisch brillanten Ausklang der Konzertsaison. Nach einem in jeder Hinsicht würdigen und wohlgesetzten Auftakt mit einer Allemande aus der Feder von Johann Heinrich Schein, eröffnete das von Chefarrangeur Georg ter Voert senior eigens eingerichtete Largo aus Dvořáks Sinfonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“ Einblicke in den Reichtum an Klangfarben und die nuancierte Ausdrucksvielfalt, die diesem Ausnahme-Ensemble zu Gebote stehen. Schon hier wurde klar, dass die Musiker keineswegs vorhatten, sich nur auf ihre künstlerische Kernkompetenz – das Fagottspiel – zu beschränken. Nicht nur Dvořák, auch das folkloristisch entfesselte „Hora Staccato“ des rumänischen Violin-Virtuosen Gregoria Dinicu profitierte von Libor Simas Künsten an Alt- und Sopransaxophon.

Ohnehin entpuppten sich die Protagonisten des Konzerts zunehmend als Multi-Instrumentalisten. Georg ter Voert junior zeigte sich mit Dimitri Kabalewskijs „Galopp“ als wahrer Hexenmeister am Xylophon und grundierte manches Arrangement solide vom E-Bass aus. Sein Vater wechselte beständig die Positionen zwischen Fagott, Akkordeon, Klavier und Kontrafagott. Apropos Kontrafagott: Diesem trotz seiner klanglich wie optisch äußerst imposanten Erscheinung meist eher stiefmütterlich behandelten Instrument ließ das Ensemble mit einem Variationenreigen über Ludwig Fischers „Im tiefen Keller sitz ich hier“ die verdiente Gerechtigkeit widerfahren.

Niccolò Paganinis „Perpetuum mobile“ bot Hanno Dönneweg willkommene Gelegenheit, als virtuoser „Teufels-Fagottist“ zu brillieren. Für das Publikum eine wahrhaft atemberaubende Erfahrung, für den Musiker freilich die eindrückliche Demonstration der hohen Kunst der Zirkularatmung, die ein unablässiges Spiel ohne Atemzäsuren ermöglicht.

Das Ensemble trüge nicht den „Swing“ im Namen, wenn es nicht die Brücke zum Jazz schlagen könnte. Musikalisch hochintelligent gelangten Johann Sebastian Bach und Glenn Miller mit „Air in Moonlight“ zu geschmackvoller Simultanpräsenz. Die spürbare Lust, Klassiker respektvoll gegen den Strich zu Bürsten, kam mit einer verjazzten Version von Mozarts berühmtem „Rondo alla turca“ zur Geltung. George Gershwin widmete das Ensemble ein ansprechendes Medley seiner berühmtesten Melodien, in dem Zitate aus „Porgy and Bess“ ebenso vertreten waren, wie Motive aus der „Rhapsody in Blue“.

Die Kunst des stilistischen Crossovers perfektionierten die Musiker schließlich mit ihrem „Beatlerskrainer“: ein komprimiertes „Best of“ der Pilzköpfe, die sich nun – nicht ohne Ironie und sehr zum Vergnügen der Hörer – in volkstümlicher Gewandung wiederfanden.

Bei all diesen musikalischen Qualitäten wäre der Abend ohne Wolfgang Milde doch nur ein halber Genuss gewesen. Als Conférencier bester Schule – charmant, präsent und dennoch unaufdringlich – führte er mit seinen anekdotischen Moderationen unterhaltsam durch den Abend, steuerte zu Johann Strauß‘ Fledermaus-Ouvertüre und zum „Feuerfest“ von Josef Strauß humorvolle perkussive Einlagen bei und hatte sogar mit der fagottgestützten Märchen-Persiflage „Vom Jäger“ sein eigenes Solo als Sprecher.

Ein schillernder Konzertabend, für den sich das begeisterte Kirchheimer Publikum mit herzlichem Applaus bedankte.fs