Handball
Corona verschärft Terminkrise

Handball Nachdem das Heimspiel gegen Bremen wegen eines positiven Tests kurzfristig abgesagt werden musste, wird für Frauen-Zweitligist TG Nürtingen allmählich die Zeit für die restlichen Saisonspiele knapp. Von Uwe Bauer

Auch das noch: Anstatt auf der Zielgeraden der Saison 20/21 den vorentscheidenden Schritt in Richtung Klassenverbleib zu machen, steuern die Zweitligahandballerinen TG Nürtingen auf unsichere Wochen zu. Ohnehin schon mit vier Partien im Hintertreffen, fiel das erste Nachholspiel Corona zum Opfer, der SV Werder Bremen musste am Samstag unverrichteter Dinge wieder abreisen.

„Wir sind gut drauf und hätten gerne gespielt“, sagt Simon Hab­lizel, der Trainer, mit Blick auf die enge Tabellenkonstellation, „wir brauchen noch zwei Siege, um sicher zu sein, und wollten gegen Bremen damit anfangen.“ Doch daraus wurde nichts, die Nürtingerinnen hatten die Rechnung ohne das Coronavirus gemacht. Nach der Verlegung im März wurde es auch im zweiten Anlauf nichts mit der Heimpartie gegen die Hanseatinnen.

Laut neuer Verordnung der Handball Bundesliga Frauen (HBF) müssen alle Spielerinnen zweimal pro Woche getestet werden. Am Freitag stand die Ampel noch auf Grün, alle Nürtingerinnen waren negativ. Beim zweiten Test am Samstag, der maximal zwölf Stunden vor dem Spiel zu machen ist, allerdings nicht mehr. Eine TGN-Spielerin war plötzlich positiv, hatte aber keinerlei Symptome. „Wenn am Freitag alle negativ sind, geht man ja nicht davon aus, dass es am Samstag einen positiven Befund gibt“, stöhnt Simon Hablizel.

Just, als die Ergebnisse der zweiten Testreihe da waren, fuhr auch der Mannschaftsbus aus Bremen an der Theodor-Eisenlohr-Halle vor. Nach knapp 700 Kilometern und etwa acht Stunden Fahrt brauchten die Gäste aus dem Norden gar nicht erst ihre Sporttaschen aus dem Bus zu holen. Beine vertreten, hieß es. Zweimal um die Halle spazieren, während die TGN-Verantwortlichen schleunigst Kontakt mit dem Liga­verband HBF aufnahmen. Ohne große Diskussion war schnell klar: Das Spiel fällt aus. Die Gäste, die bereits im November für die Katz’ nach Rödertal gereist waren, bestiegen wieder ihren Bus und machten sich auf die ermüdende Rückfahrt - wieder 700 Kilometer, wieder acht Stunden.

„Das ist natürlich bitter“, sagt Martin Lange, der Vorsitzende der Bremer Handballabteilung, völlig unaufgeregt, „aber es gibt Regeln, und die müssen eingehalten werden. So ist das nun mal.“ In erster Linie gehe es um die Gesundheit, „wir hoffen, dass die Nürtinger Spielerin schnell wieder gesund wird“.

Für die Bremerinnen ist der schlimmste Fall eingetreten“, fühlt Simon Hablizel mit dem Gegner mit, „die Armen haben mir richtig leidgetan. Den Bus bezahlt ihnen keiner und sie müssen ja noch einmal herkommen.“

Wann das der Fall sein wird, steht allerdings in den Sternen. Der eng getaktete Terminplan meint es mit der TGN in naher Zukunft ohnehin nicht gut. Vom 8. bis zum 22. Mai, dem offiziell letzten Spieltag, stehen fünf Begegnungen an. Spielraum gibt es also keinen mehr. Und die HBF denkt nicht an eine Verlängerung der Saison über den 22. Mai hinaus.

Jetzt ist guter Rat teuer. „Das ist alles nicht so einfach“, sagt Simon Halblizel, „ich kann mir nicht vorstellen, wie das jetzt gehen soll. Selbst wenn um eine Woche verlängert werden würde.“

Dabei steht ja noch nicht einmal fest, ob die gesamte Nürtinger Mannschaft in Quarantäne muss. Denn das Ergebnis des PCR-Tests, den die betroffene TGN-Spielerin gestern beim Corona-Abstrich-Zentrum in Wernau sofort hat machen lassen, steht noch aus. Sollte das komplette Team zwangspausieren müssen, fielen natürlich auch die Partien am kommenden Freitag beim VfL Waiblingen und die Woche drauf beim TSV Nord Harrislee aus. Das Terminchaos wäre dann noch größer und wohl nicht mehr zu reparieren.

„In der jetzigen Lage kann die HBF nie alle zufrieden stellen“, ist Simon Hablizel bewusst. Einen Doppelspieltag, etwa in Harrislee und auf dem Heimweg in Kirchhof, sieht er mit gemischten Gefühlen. „Dafür ist die Tabellensituation zu prekär“, sagt er, denn die TGN muss noch zweimal gegen die ebenfalls stark gefährdete SG 09 Kirchhof spielen - und müsste die Nordhessinnen bei zwei Niederlagen vorbeiziehen lassen.

Hablizel sieht deshalb nur eine Lösung: Saisonabbruch und Quotientenregelung. Dann wäre seine Mannschaft in jedem Fall über dem Strich. „Vielleicht ist die Saison für uns schon durch“, spekuliert der TGN-Trainer und wartet ab, was der Ligaverband beschließen wird. Er könnte auch damit leben, wenn es bloß zwei Absteiger und keine Relegation geben würde - dann würde die 2. Bundesliga bei drei Aufsteigern in der kommenden Runde mit einem Team mehr an den Start gehen.