Lenningen. Der Transport des Brunnens bereitete Gottlieb Dangel wochenlanges Kopfzerbrechen lange vor dem Abbautermin. Niemand wusste, wie schwer das Kunstwerk ist, die Fachleute schätzten es auf zwei bis drei Tonnen. Um den Brunnen in Ruhe restaurieren zu können, war ein Transport in die Werkstatt unerlässlich. Damit er dort aber auch sicher ankommt, bekam er ein maßgeschneidertes, eisernes Korsett verpasst. „In meiner Planung bin ich auf Nummer sicher gegangen und habe zusätzlich nochmals 100 Prozent dazugegeben“, erzählt Gottlieb Dangel, gelernter Kupferschmied, Seniorchef der Firma Dangel-Metall und Oberlenninger mit Leib und Seele. Wäre der Brunnen zerschellt – nicht auszudenken.
Der Abbau des Trogs im November hatte es in sich und hielt manche Überraschung für die zupackenden Männer bereit. Die Vorsicht von Gottlieb Dangel zahlte sich aus, denn tatsächlich wog das Marktplatz-Wahrzeichen mehr als fünf Tonnen. An diesem Gewicht scheiterte prompt der Hubwagen des Bauhofs und es musste ein stärkeres Gefährt organisiert werden. Rettung nahte von der Firma Mall aus Unterlenningen. Ohne Zögern machte sich ein Containerfahrzeug auf den Weg und hievte den Trog samt Figuren sicher auf den Transporter und lud ihn auf dem Hof von Dangel-Metall wieder ab – die erste Hürde war somit genommen.
Das so entstandene Loch gewährte den Beteiligten einen aufschlussreichen Einblick in den Untergrund. „Richtig hingesetzt war der Brunnen nicht. Im Boden fanden wir sogar Dachplatten“, wunderte sich nicht nur Gottlieb Dangel. Er vermutet, dass es „pressiert“ hat, weil der damalige Bundespräsident Theodor Heuss aus Anlass des hundertjährigen Bestehens der Firma Scheufelen 1955 zu Besuch kam.
Großen Anteil an den Vorbereitungen hatte auch Werner Schulmeyer, Mitbegründer des Männerstammtischs und Rat und Tat-Teams, dem Kleinreparaturdienst von „Unser Netz“. Er machte sich auf die Suche nach Zeichnungen, Plänen und sämtlichen verfügbaren Informationen über das Kunstwerk. „Damals war eine Dokumentation nicht üblich“, musste er feststellen. Der Brunnen in Oberlenningen ist eines der ersten Werke des mittlerweile bekannten Bildhauers Ulrich Henn, geboren 1925 in Schwäbisch Hall und seit Jahrzehnten in der Eifel zu Hause. „Sein Sohn hat in Stuttgart eine Kunsthandlung und war bereit, uns zu unterstützen, denn er hat ein Interesse daran, dass der Brunnen möglichst im Original erhalten bleibt“, sagt Werner Schulmeyer. Diesbezüglich konnte er die Künstlerfamilie beruhigen – die Lenninger wollen ihn wieder in neuem Glanz erstrahlen lassen, ohne irgendwelche Veränderungen vorzunehmen.
„Der Brunnen war verkommen“, bringt es Gottlieb Dangel auf den Punkt. Die kniende Figur zierten Flechten und Moose und einer der beiden Fische zu ihren Füßen spie schon lange kein Wasser mehr. Zurzeit sind allesamt auf Verjüngungskur bei der Firma Strassacker in Süßen, denn die Bronzefiguren gehören nach Ansicht aller Beteiligten in die Hände von Profis. Weil alle davon ausgegangen waren, dass es sich bei den Figuren um zwei (Laus-)Buben handelt, erwähnte Werner Schulmeyer gegenüber Ulrich Henn, dass ein wesentliches Merkmal an der stehenden Figur dafür fehle und man dies doch im Zuge der Restaurierung gleich miterledigen könne. Die Überraschung war auf beiden Seiten groß, denn der Künstler erklärte: „Das ist ein Mädchen.“
Einst hatte er den Brunnentrog aus einem Muschelkalk-Block herausgemeißelt, der vom Steinbruch Albert Burrer in Maulbronn stammte. „Diese Firma lieferte zum Beispiel das Material für das Olympiastadion Berlin, das Verwaltungsgebäude der Technischen Werke in Stuttgart, das Staatstheater und den Regierungssitz Villa Reitzenstein in Stuttgart sowie für den badischen Bahnhof in Basel“, fand Werner Schulmeyer heraus.
Ein Vorstoß des Rat und Tat-Teams vor etwa zwei Jahren, den Brunnen zu sanieren, stieß auf taube Ohren; nachdrückliches Nachhaken an oberster Stelle führte dann jedoch zum Erfolg. Ganz ohne die Hilfe der Gemeinde können die Ehrenamtlichen das ehrgeizige Projekt nicht stemmen. „Wir sind jetzt etwa bei der Hälfte der Arbeiten angekommen und liegen bei etwa 180 Stunden“, erklärt Gottlieb Dangel.
Nach und nach gab der Brunnen seine Geheimnisse preis. Irgendwann entdeckte der Kupferschmied eine Nut. „Ich bin mit dem Meißel rein, dann mit einer Latte, und auf einmal habe ich gemerkt: Jetzt geht was“, so Gottlieb Dangel. Dieser Mut zahlte sich aus, denn so konnten die Männer die Platte, auf der die Figuren montiert sind, vom Trog lösen, und das Innenleben – Zu- und Ablauf – wurde sichtbar.
Daraufhin legten die Handwerker richtig los. Die Figuren wurden abmontiert und der Trog auf unterschiedliche Arten gereinigt. Selbst Schwefelsäure kam auf der Außenseite zum Einsatz. „Das nimmt Kalk und Dreck weg“, so der Fachmann. Die Brunnenwanne ist mit Kupfer ausgekleidet, weshalb hier andere Reinigungsmittel gefragt waren. Schlämmkreide diente als Schleifmittel, um alles „sauber rauszubekommen“. Mit viel Wasser wurde alles rausgeschwemmt, ehe Sägemehl den Feinschliff gab. Am Ende bedeckt das Kupfer eine gleichmäßige Schutzschicht aus Industriewachs. Um den Übergang zwischen Kupfer und Stein gut abzudichten, hämmerten die Ehrenamtlichen zudem Bleiwolle in die breite Nut.
Auch bei diesem Projekt zeigt sich, dass Ehrenamt nur in Verbindung mit Profis richtig funktioniert. „Für bestimmte Arbeiten braucht es einfach Fachleute“, freut sich Werner Schulmeyer über die optimale Arbeitsteilung mit Dangel-Metall. „Im Moment müssen wir viel vorbereiten. Die neuen Leitungen müssen unten rein und das Rohr muss passen“, erläutert der Seniorchef, denn schließlich sollen künftig alle drei Sprinkler möglichst dauerhaft den Trog mit Wasser füllen.