Kreis Esslingen. Im Keller des Landratsamts in Esslingen liegen sie regalweise: Hunderte von Waffen aller Größen, von der kleinsten Derringer bis hin zur russischen Kalaschnikow mit Trommelmagazin, einer Kriegswaffe. Waffenkontrolleure wie Bernd Nothelfer überwachen seit mittlerweile zwei Jahren die korrekte Aufbewahrung der Jagd- und Sportgeräte bei den Besitzern zu Hause. Seit 2003 regelt das Waffenrecht, dass sie zu Hause so zu lagern sind, dass eine unbefugte Verwendung ausgeschlossen ist. Für sogenannte Kurzwaffen, also Pistolen und Revolver, muss der Einbruchsschutz stärker sein als für Langwaffen, also Gewehre. Die Munition ist getrennt von der Waffe aufzubewahren.
Dass Waffen trotzdem im Kleiderschrank stehen, „kommt öfter vor“, berichtet Nothelfer von seinen Kontrollgängen, aber Gewehre, Pistolen und Revolver liegen oft auch in alten Banktresoren. Der Kleiderschrank genügt den Anforderungen an eine korrekte Sicherung selbstverständlich nicht. Ob der Tresor geeignet ist, klärt der Kontrolleur über Dicke und Art der Panzerung und entsprechende Vergleichstabellen, notfalls auch per Gutachten. „Da finden sie wirklich alles vor“, sagt Nothelfer. Oft seien die Waffen auch vergessen worden. Dann finde man sie versteckt hinter Schränken oder einem Schreibtisch. Fehlen der Waffenschrank oder ein ähnlich sicherer Behälter, dann nehmen die Kontrolleure die Waffen mit und heben sie im Landratsamt auf, bis die korrekte Aufbewahrung nachgewiesen ist.
In Neckartenzlingen stieß er vor Kurzem bei einem Mann mittleren Alters auf einen Revolver im Waffenschrank, der nicht angemeldet war. Dafür fehlten Waffen, die im Landratsamt verzeichnet waren. Die seien beim Umzug vor 30 Jahren verloren gegangen, erfuhr er. Bei einer anderen Kontrolle entdeckte er auf der Bühne eine Armbrust, „mit der man einen Elefanten erlegen könnte“. Sie gilt trotzdem nicht als Waffe im Sinne des Gesetzes, dafür aber ein Bajonett aus dem Zweiten Weltkrieg, das als Stoßwaffe unter das Gesetz fällt.
Als ehemaliger Soldat weiß Nothelfer um die Gefährlichkeit von Schusswaffen: „Wir behandeln alle, als wären sie geladen.“ Das heißt: Grundsätzlich wird das Magazin entfernt und der Verschluss überprüft, ob noch eine Patrone dort steckt, und gegebenenfalls entladen.
Vor zwei Wochen hat er den Revolver eines über 80-Jährigen abgeholt. „Der übergab die Waffe zitternd. Da sei noch was drin.“ Tatsächlich, der Revolver war schussfertig und stammte aus dem Zweiten Weltkrieg. In einer anderen Waffe sei die Patrone so festgerostet, dass es zu gefährlich war, sie herauszunehmen. Sie landete gleich beim Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei - wie alle eingezogenen oder abgegebenen Waffen.
2 200 Waffen sind laut Waldemar Schwarz in den vergangenen zwei Jahren freiwillig abgegeben worden. Meist sind das ererbte Waffen. Die Kontrolleure hören dann oft den Satz: „Nehmt sie mit, ich hab‘ kein Interesse an Waffen.“ In den beiden Jahren seit Winnenden/Wendlingen ist die Zahl der Waffenbesitzer in der Zuständigkeit des Landratsamtes so von 4 500 auf 3 100 geschrumpft. Zu etwa 800 Besuchen rückten die Kontrolleure in diesen zwei Jahren aus. In 470 Fällen war der Besitzer zu Hause, dann konnte kontrolliert werden. Grob geschätzt 60 Prozent wurden beanstandet, sagt Schwarz. Die Spanne reichte von der nicht korrekt gelagerten Munition bis zum in 80 Wohnungen fehlenden Waffenschrank. Meist war fraglich, ob der Waffenschrank den Sicherheitsanforderungen genügte. Schwarz zeigt Verständnis dafür, dass 99,9 Prozent der Waffen zu Hause aufbewahrt werden: „Anders wäre es für die Waffenpflege viel zu umständlich.“ Vereinswaffen gebe es auch, sagt er, „aber viele sind das nicht“.