Der VfL marschiert in Riesenschritten Richtung Landesliga. Nach dem Sieg im Derby gegen Verfolger Lenningen müsste es schon mit dem Teufel zugehen, sollten sich Kirchheims Handballer den Bezirksliga-Titel noch entreißen lassen. Fünf Spiele stehen noch aus, drei davon in eigener Halle, wo die Blauen seit mehr als zwei Jahren kein Punktspiel mehr verloren haben. Eine fast unheimliche Serie, von der man längst weiß, dass sie viel, aber eben nicht alles der Fankulisse zu verdanken hat.
Es liegt auch am Lebenselixier, aus dem der Handballer das Wesentliche schöpft: Tempo, Wurfkraft, Passsicherheit. Handball mit harzfreien Fingerkuppen, das ist ungefähr so, als schickte man einen Turner ohne Magnesia ans Reck. Nur: In Kirchheimer Hallen ist der Kleber verboten, weil er Rückstände auf Böden und an Wänden hinterlässt. Kirchheims Ballwerfer haben gelernt, mit dem Handicap umzugehen, und einen veritablen Heimvorteil daraus entwickelt.
Doch der schlägt manchmal ins Gegenteil um und sorgt dafür, dass bei aller Euphorie im Titelrennen bei manchem VfL-Funktionär die Lunte dieser Tage kurz ist. Es geht um die Ausrichtung des Final Four im Pokal. Dem Wettbewerb, dem die Blauen aus Kirchheim wie niemand sonst in dieser Saison ihren Stempel aufgedrückt haben. Auf Verbandsebene, wo der Außenseiter im Januar bis ins Halbfinale vorstieß und auf dem Weg dorthin sogar zwei Oberligisten aus der Bahn kegelte. Als Arrivierter im Bezirkspokal, den Kirchheim vor zwei Jahren gewann und wo man im Final Four am 5. Mai als Mitfavorit ins Rennen geht. Die berechtigte Hoffnung im Verein: Zumindest in einem von beiden Wettbewerben als Gastgeber auftreten zu dürfen. Doch inzwischen steht fest: Der VfL geht leer aus, und das nicht zum ersten Mal.
Beim Final Four im HVW-Pokal Anfang Januar machte ein defektes Kipptor an den Geräteräumen in der Walter-Jacob-Halle den Bewerbern einen dicken Strich durch die Rechnung. Ein Großteil der Sportgeräte musste aus Sicherheitsgründen umgeräumt werden. Teile der Halle wurden so zum Zwischenlager. Beim Final Four auf Bezirksebene lautete das K.-o.-Kriterium jetzt: Harzverbot.
Wolfgang Stoll, der Vorsitzende des Handballbezirks Esslingen-Teck, machte bei der Abteilungsleiter-Versammlung am 26. Februar deutlich: „Wir werden in einer harzfreien Halle kein Final Four veranstalten.“ Eine Woche zuvor bereits war im zuständigen Ausschuss die Entscheidung gefallen: Landesligist HT Uhingen-Holzhausen wird am 5. Mai zum zweiten Mal nach fünf Jahren Gastgeber bei den Finalspielen der Männer sein. Kirchheim, Owen, Bernhausen und Uhingen spielen dort den Cup-Gewinner aus. Einen Tag später ermitteln die besten vier Frauenteams ihren Pokalsieger in Bad Urach.
VfL-Abteilungschef Uwe Hamann, der bereits zum dritten Mal mit seiner Bewerbung scheitert, ist stocksauer und wittert eine Verschwörung. Zumal man mit der Stadt eine Ausnahme vom Harzverbot ausgehandelt habe, die schon für das HVW-Finale gegolten hätte. „Von einer solchen Ausnahmegenehmigung weiß ich nichts“, stellt Bezirks-Spielleiter Roland Dotschkal fest. „Das ist dann wohl ein Kommunikationsproblem.“ Hamann dagegen geht es um Grundsätzliches. „Es gibt keinen Bewerbungskatalog, in dem Harzverbot als Ausschlusskriterium festgehalten ist“, meint er. Dotschkal widerspricht dem nicht, sagt aber: Die interne Entscheidung sei aus Rücksicht auf die Vereine gefallen. Ohne Harz spielt nun mal keiner gern.
Umso lieber spielen Vereine den Ausrichter. Das war bis vor sechs Jahren noch anders. Seit die Klubs sämtliche Einnahmen aus Eintrittskarten und Bewirtung beim Final Four behalten dürfen, ist die Gastgeberrolle attraktiv. Uwe Hamann rechnet schon mal vor, was mit Harz am Ende haften bliebe: zwei- bis dreitausend Euro.