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Bedenklicher Dampf auf dem Pausenhof

Elektronische Wasserpfeifen sind trotz gesundheitlicher Risiken bei Jugendlichen heiß begehrt

Sie sehen aus wie bunte Kugelschreiber und schmecken nach Kirsche, Schokolade oder Piña Colada. Kein Wunder also, dass sich die elektronische Wasserpfeife, kurz E-Shisha, gerade wie ein Lauffeuer auf deutschen Schulhöfen verbreitet. Doch dieser neue Trend sei alles andere als harmlos, wird nun auch an Esslinger Schulen gewarnt. Bleibt die Frage, weshalb die E-Shisha im Gegensatz zur E-Zigarette nicht längst dem Jugendschutzgesetz unterliegt.

Bedenklicher Dampf auf dem Pausenhof
Bedenklicher Dampf auf dem Pausenhof

Esslingen. „Ich bin eigentlich Nichtraucher“, sagt Michael Baum (Name von der Redaktion geändert), der sich gerade seine erste E-Shisha gekauft hat. „Vor vier Jahren habe ich aufgehört, Zigaretten zu rauchen, aber das Shisha-Rauchen in geselliger Runde habe ich mir weiterhin erlaubt“, sagt der 25-jährige Student aus Ruit. „E-Zigaretten finde ich zwar durch den technischen Aspekt interessant, besitzen wollte ich so ein Ding aber nie. Das hätte sich falsch angefühlt, weil ich den Zigarettenkonsum ja aufgegeben habe. Anders geht es mir aber bei der E‑Shisha, sie verbindet die Technik mit meinem gewohnten Shisha-Genuss.“

Das Aussehen und das Prinzip der elektrischen Shisha sind der elektrischen Zigarette sehr ähnlich: Sie sind batteriebetrieben und funktionieren über das Verdampfen eines sogenannten Liquids. Dieses wird ähnlich wie Shisha-Tabak in aromatisierten Geschmacksrichtungen angeboten. Michael Baum versteht, dass viele Schüler die E-Shisha mit auf den Pausenhof nehmen. „Wenn es das zu meiner Schulzeit gegeben hätte, wäre ich damit garantiert auch in die Pause gegangen. Die E-Shisha ist einfach praktisch, unkompliziert und noch dazu legal.“ Allerdings hat der angehende Ingenieur festgestellt, dass der gesellige Teil beim Konsumieren der elektronischen Wasserpfeife wegfällt. „Das orientalische Gefühl fehlt. Und das ist es doch, was jeden Shisha-Raucher reizt. Darum weiß ich schon, dass ich mir keine zweite E-Shisha kaufen werde.“

Im Gegensatz zu Valentin Ulrich (Name von der Redaktion geändert). Der 16-jährige Gymnasiast aus Nellingen hat nach eigenen Angaben immer eine E-Shisha im Schulmäppchen und viele weitere in seinem Zimmer zu Hause versteckt. „Meine Eltern haben mir nie erlaubt, eine Shisha zu kaufen, und weil so eine hohe Vase mit bunten Schläuchen dran nicht gerade unauffällig ist, habe ich immer bei einem Kumpel rauchen müssen“, erklärt Valentin Ulrich. Die E-Shishas seien dagegen leichter vor den Eltern zu verheimlichen. „Meine Mutter weiß nicht einmal, was das ist. Sie hat beim Waschen einmal eine E-Shisha in meiner Hose gefunden und mich daraufhin gefragt, ob ich denn immer noch Feuerwerk von Silvester übrig habe.“

Die unauffällige Optik stellt eine Problematik dar, mit der sich mittlerweile auch Vertrauenslehrer und Sozialarbeiter an Esslinger Schulen befassen. An der Katharinenschule, einer Grund- und Werkrealschule in Esslingen, fand vor wenigen Tagen die Suchtpräventionswoche der Jahrgangsstufe acht statt. Dort wurde erstmals auch das Thema E-Shisha aufgegriffen. Ira Freude, Jugendsozialarbeiterin in den Jahrgangsstufen sieben bis zehn, weiß, dass auch Schüler unter 16 Jahren die E-Shisha in ihrer Freizeit konsumieren. „Sie lassen sich gut in den Taschen verstauen und sind im Schulalltag bisher noch nicht wesentlich aufgefallen.“

Wie gefährlich dieser kompakte Trend für die Hosentasche wirklich ist, weiß Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: „Diese Produkte gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen.“ Die Inhaltsstoffe der E-Shisha bergen laut Pott gesundheitliche Risiken wie eine elektronische oder eine herkömmliche Zigarette. Zu den verwendeten Inhaltsstoffen zählt häufig Propylenglykol, durch das allergische Reaktionen und Atemwegsreizungen verursacht werden können. Es sind aber auch E-Shishas im Umlauf, die Nikotin enthalten. Das Problem sei, dass es aufgrund der Neuartigkeit noch keine wissenschaftlich fundierten Informationen zu den gesundheitlichen Risiken der E-Shishas gebe. Diese sind aber notwendig, damit die elektronische Wasserpfeife überhaupt erst unter das Jugendschutzgesetz gestellt werden kann. „Bis dahin raten wir vom Konsum der E-Shishas ab“, betont Elisabeth Pott.

Erhältlich sind die E-Shishas mittlerweile an vielen Kiosken und Tankstellen. So auch an der Aral-Tankstelle in Nellingen. Seit rund einem halben Jahr sind die elektronischen Wasserpfeifen dort regelmäßig ausverkauft, weiß Stationsleiterin Kerstin Höcht. „In unserer Tankstelle in Waiblingen ging es los, die enorme Nachfrage in Nellingen hat sich erst in den letzten Monaten entwickelt.“ Die Nachfrage bestimme das Angebot, und so sei die nächste Ladung an E‑Shishas bereits bestellt.

Ein Angebot, von dem viele Shisha-Bars bewusst Abstand nehmen. Ayssar Al-Ali ist Besitzer der Aladdin Shisha Lounge in Esslingen und hat eine klare Meinung zu diesem Trend: „Die E-Shisha wäre zwar auch für mein Personal praktischer, weil sie nicht vorbereitet werden muss, aber sie ist nicht das, was sich meine Kunden wünschen.“ Die E-Shisha produziere keinen Rauch und der sei für diese rituelle Art der Entspannung nicht lästig, sondern ausdrücklich erwünscht. „Es gehört vieles zum Shisha-Genuss, sogar das Geräusch von blubberndem Wasser, und das alles fehlt bei der elektronischen Wasserpfeife. Außerdem schmeckt sie nicht so gut wie das Original.“