Lokales

Das „Kärtle“ weicht dem Brief

Informationen von Kirchheims Wahlamtsleiter Jochen Schilling im Vorfeld der Bundestagswahl

Ende August sollten alle, die sich an der Bundestagswahl beteiligen wollen, aufmerksam in ihren Briefkasten schauen: Erstmals gibt es bei einer Bundestagswahl nämlich nicht mehr die gewohnten Wahlbenachrichtigungen in Postkartenform. Vielmehr kriegen alle Wahlberechtigten einen Brief, der sich nicht mehr so auffällig von der sonstigen Tagespost unterscheidet.

Am 22. September stehen wieder sehr viele Wahlurnen für die Bundestagswahl bereit. Wer am Wahlsonntag dagegen keine Zeit hat ode
Am 22. September stehen wieder sehr viele Wahlurnen für die Bundestagswahl bereit. Wer am Wahlsonntag dagegen keine Zeit hat oder verreist sein wird, kann schon ab 30. August im Kirchheimer Rathaus als Briefwähler eine Urne nutzen oder eben seinen Stimmzettel mit der Post schicken. Archiv-Foto: Natalie Becker

Kirchheim. Bereits beim Volksentscheid zu Stuttgart 21 im November 2011 waren Briefe verschickt worden und hatten bei manchen Stimmberechtigten für Aufregung gesorgt, weil sie ihr „Kärtle“ vermissten. Deshalb weist Kirchheims Wahlamtsleiter Jochen Schilling im Gespräch mit dem Teckboten in aller Deutlichkeit darauf hin, dass es dieses Mal auch für die Bundestagswahl einen Brief gibt. Ihm selbst wäre das traditionelle Kärtchen zwar lieber gewesen, aber er hat darauf keinen Einfluss. Die Wahlbenachrichtigungen kommen alle vom Rechenzentrum in Stuttgart.

Die Briefe sind mit einem Barcode versehen, der die Bearbeitung für das Wahlamt deutlich erleichtert – für den Fall, dass jemand Briefwahlunterlagen beantragen möchte. Auch online lassen sich die Briefwahlunterlagen aus Sicht des Wahlamtsleiters leicht beantragen. Wichtig ist es dann, außer den Personalien auch Wahlbezirks- und Wählernummer anzugeben, wie sie auf der Wahlbenachrichtigung stehen. Mündlich oder telefonisch dagegen lassen sich die Briefwahlunterlagen überhaupt nicht beantragen.

Insgesamt rechnet Jochen Schilling mit einer weiteren Zunahme der Briefwähler. 2009 waren es in Kirchheim 4 397, für die anstehende Wahl geht der Wahlamtsleiter von 4 500 bis 5 000 aus. Deshalb hat er auch die Zahl der Briefwahlbezirke – die nur für die Auszählung von Interesse sind – von vier auf fünf aufgestockt.

Nicht ganz neu ist, dass die Briefwähler ihre Stimme auch ganz „normal“ auf dem Rathaus abgeben können, mit Wahlkabine und Wahlurne, nur eben schon vor dem 22. September. Was bei diesem Service aber neu ist, das ist der Ort des Geschehens: Erstmals stehen im Kirchheimer Rathaus dafür Erfassungsplätze beim Bürger-Service im Erdgeschoss zur Verfügung. Am 30. August geht‘s los.

Wer übrigens keine Wahlbenachrichtigung erhält, kann bis spätestens 1. September beantragen, ins Wählerverzeichnis aufgenommen zu werden. Die entsprechenden Anträge gibt es ebenfalls beim Bürger-Service. Ein Grund dafür, nicht im Verzeichnis zu stehen, könnte etwa darin bestehen, dass man sich erst kürzlich nach einem Umzug umgemeldet hat.

Eine kleine Besonderheit sind in diesem Fall die Auslandsdeutschen – also deutsche Staatsangehörige, die keinen Wohnsitz in Deutschland mehr haben. Diese müssen sich in der Kommune melden, in der sie ihren letzten Wohnsitz in Deutschland hatten. Von dort bekommen sie dann die Briefwahlunterlagen zugeschickt. Wer schon seit mehr als 25 Jahren nicht mehr in Deutschland lebt, muss zusätzlich nachweisen, also schriftlich begründen, dass beziehungsweise warum er immer noch ein nachhaltiges Interesse an der deutschen Politik hat, warum es für ihn also wichtig ist, sich an der Bundestagswahl zu beteiligen. Mit zehn bis 15 Fällen von Auslandsdeutschen hat es Jochen Schilling pro Wahl zu tun.

Wer dagegen nur vorübergehend, also für ein paar Monate, im Ausland lebt und nach wie vor in Deutschland gemeldet ist, bekommt die Wahlbenachrichtigung an die Wohnadresse geschickt und kann daraufhin mit den entsprechenden Angaben Briefwahlunterlagen beantragen.

Das eigentliche Wählen am Wahlsonntag im Wahllokal ist natürlich immer noch möglich, und die Mehrheit der Wähler macht auch immer noch von dieser Möglichkeit Gebrauch. Auch in diesem Fall gibt es eine Neuerung auf der Wahlbenachrichtigung: Dort ist jetzt vermerkt, ob das Wahllokal barrierefrei zu erreichen ist oder nicht. In Kirchheim bedeutet das allerdings, dass fast auf jeder Wahlbenachrichtigung das Rollstuhlsymbol durchgestrichen ist.

Wahlamtsleiter Schilling sagt dazu: „Der Begriff ,barrierefrei‘ ist so definiert, dass es möglich sein muss, ohne fremde Hilfe in den Wahlraum zu gelangen.“ Es genügt also nicht, dass der Raum ebenerdig zu erreichen ist oder gegebenenfalls über Rampen statt Stufen. Auch die Türen müssen sich von selbst oder auf Knopfdruck öffnen. Diese Voraussetzung ist aber in den seltensten Fällen gegeben. Außerdem gibt es ganz verschiedene Arten der Behinderung. Jochen Schilling verweist darauf, dass selbst die Freihof-Realschule, die als barrierefrei gilt, nicht wirklich barrierefrei ist, wenn Blinde und Sehbehinderte dort ohne Hilfe wählen wollen.

Wer wegen einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist, wird vielleicht sowieso auf die Briefwahl setzen. In Kirchheim gibt es aber auch die Möglichkeit, per Notfalltelefon Kontakt mit dem Wahlamtsleiter aufzunehmen und entscheidende Fragen im Vorfeld zu klären.

Eine Frage, die Jochen Schilling selbst im Vorfeld klären muss, ist die, ob ihm am Sonntag, 22. September, genügend Wahlhelfer zur Verfügung stehen. Wer Interesse an dieser ehrenamtlichen Tätigkeit hat, kann sich unter der Telefonnummer 0 70 21/ 5 02-2 14 beim Kirchheimer Wahlamt melden. Formale Voraussetzung: Wahlhelfer müssen selbst wählbar sein, also vor allem die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und das 18. Lebensjahr vollendet haben.