Lokales

Dettinger Räte arbeiten bald digital

Die erste Kommune in der Region stellt um – Papier-, Druck- und Personalkosten sollen gespart werden

Die Dettinger Gemeinderäte müssen künftig keine schweren Akten mehr mit sich herumschleppen: Sie arbeiten bald mit Tablet-PCs oder Laptops. Jedes Ratsmitglied erhält dafür, wenn gewünscht, 350 Euro.

Im Dettinger Gremium wird demnächst digital gearbeitet. Papier soll weitestgehend vom Ratstisch verschwinden. Foto: Jean-Luc Jac
Im Dettinger Gremium wird demnächst digital gearbeitet. Papier soll weitestgehend vom Ratstisch verschwinden. Foto: Jean-Luc Jacques

Dettingen. Die Gemeinde Dettingen nimmt eine Vorreiterrolle in der Region ein: Sie setzt künftig auf das „Digitale Sitzungsmanagement im Gemeinderat“. Wie berichtet, hat selbst die Große Kreisstadt Kirchheim noch nicht auf die digitale Sitzungen umgestellt. Dort gibt es zwar entsprechende Überlegungen, aber noch kein konkretes Vorhaben.

In Dettingen soll jedes der 14 Ratsmitglieder von der Gemeinde für ein bereits vorhandenes oder noch anzuschaffendes mobiles Endgerät, auf dem alle Sitzungsunterlagen abrufbar sind, 350 Euro erhalten. So sollen auf lange Sicht Papier sowie Druck- und Personalkosten gespart werden. Außerdem können die Räte schon früher auf die Unterlagen zugreifen als bisher. Insgesamt plant die Gemeinde für das Vorhaben 5 000 Euro ein. Hinzu kommen die Kosten für die Einrichtung eines drahtlosen Netzes (Wlan) im Sitzungssaal.

Gezwungen wird allerdings niemand: Wer will, kann die Sitzungsunterlagen auch weiterhin auf Papier erhalten. Auf die finanzielle Unterstützung muss in diesem Fall logischerweise verzichtet werden.

Die Gemeinderäte haben das Thema in ihrer Sitzung am Montagabend allerdings nicht einfach so durchgewunken – es gab eine Diskussion darüber, ob es unbedingt ein Tablet sein muss oder ob nicht auch mit einem Laptop gearbeitet werden kann. Letzteres ist grundsätzlich möglich. Denn jedes Ratsmitglied erhält, egal ob es künftig mit oder ohne Papier arbeiten will, ein Kennwort, mit dem es sich am Laptop oder am heimischen Computer auf der Homepage der Gemeinde anmelden und so auf die Sitzungsunterlagen zugreifen kann. „Ich halte ein Tablet für denkbar ungeeignet zum Arbeiten. Ein Laptop wäre besser“, sagte Dr. Steffen Ochs. Auch Hermann Pölkow kann sich momentan nicht vorstellen, auf einem Tablet größere Tabellen oder Pläne abzurufen: „Ich brauche etwas Handfestes und will mir auch Notizen machen können.“ Spontan wollte er sich deshalb nicht für das digitale Arbeiten entscheiden. „Das liegt vielleicht an meinem Alter.“ Pölkow möchte zunächst den Kollegen ein wenig über die Schultern schauen und sich dann gegebenenfalls später umentscheiden.

Andreas Hummel, der schon seit vielen Jahren ein Verfechter von digitalen Gemeinderatssitzungen ist, plädierte für eine Sammelbestellung von Tablets. Denn den meisten sei wahrscheinlich nicht klar, welches Gerät am besten geeignet sei, ob man eine bestimmte Speichergröße benötige oder ob das Tablet über ein Zehn- oder Zwölf-Zoll-Display verfügen solle. Das sah Steffen Ochs ähnlich: „Das Ganze wirft Fragen auf, die wir gar nicht beantworten können.“

Letztlich einigten sich die Räte darauf, dass jeder in einem Fragebogen unter anderem angibt, ob Beratungsbedarf und Interesse an einer Sammelbestellung besteht. Die Gemeindeverwaltung wird die Antworten auswerten und entsprechend reagieren.

Im Übrigen versprachen Bürgermeister Rainer Haußmann und Kämmerer Jörg Neubauer: Umfangreiche Unterlagen wie Haushaltspläne, Jahresabschlüsse und Gebührenkalkulationen erhalten die Räte auch weiterhin in Papierform.

Auch ökologisch sinnvoll

Die Gemeinde Villingen-Schwenningen hat als eine der ersten Kommunen in Baden-Württemberg im Jahr 2012 das digitale Sitzungsmanagement eingeführt. Wie Christiane Rapp vom dortigen Rathaus informiert, nutzen mittlerweile 30 von 40 Räten das freiwillige Angebot. Die Investitionen in die mobilen Endgeräte hätten sich nach knapp 17 Monaten amortisiert. Die Arbeit mit den Tab­lets – dabei handelt es sich ausschließlich um iPads 2 und iPads Air – sei sehr komfortabel, betont sie. „Man kann Dateien bearbeiten, wichtige Dinge markieren und Notizen hinzufügen.“ Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz weiß, dass sich viele Gemeinden derzeit mit dem Thema beschäftigen. Er hat deshalb im Innenministerium den aktuellen Stand abgefragt. Das Ergebnis: Die Erfahrungen zahlreicher Gemeinderäte im Land sei positiv. „Für viele ist die Arbeit im papierlosen Gemeinderat leichter und praktikabler“, betont Andreas Schwarz. Darüber hi­naus sei es ökologisch sinnvoll, mit weniger oder bestenfalls gar keinem Papier mehr zu arbeiten. Mit zunehmender technischer Weiterentwicklung werde auch die Energie-Effizienz von Tablets verbessert. Der Einsatz von mobilen Endgeräten werde also langfristig auch aus ökologischer Sicht attraktiver.alm