Lokales

„Die Hysterie des Körpers“

Joey Kelly sprach in der Limburghalle über die größten Herausforderungen seines Lebens

Ob es um Expeditionen zum Südpol geht, Ultra-Distanzläufe oder Wok-Weltmeisterschaften: Es gibt kaum eine Disziplin im Extremsport, in der Joey Kelly nicht ein Wort mitzureden hätte. In der Limburghalle berichtete der Sportler und Musiker den Besuchern darüber, was ihn inspiriert, wie alles anfing und wofür es sich lohnt, auch ­einmal weiterzugehen.

Joey Kelly erzählte in der Limburghalle, wie er zu Fuß von Schleswig-Holstein zur Zugspitze unterwegs war und sich nur von der N
Joey Kelly erzählte in der Limburghalle, wie er zu Fuß von Schleswig-Holstein zur Zugspitze unterwegs war und sich nur von der Natur ernährt hat. Foto: Jean-Luc Jacques

Weilheim. Es ist nicht einmal 20 Jahre her, da dominierte die irische Kelly Family die Titelseiten der deutschen Jugendmagazine. Der willensstarke Joey Kelly, der damals in den meisten Umfragen als der „Rebell“ der Familie angesehen wurde, übernahm bereits im jungen Alter von knapp 24 Jahren die geschäftlichen Angelegenheiten der erfolgreichen Musikerfamilie. Es war die Zeit, wie der Musiker an diesem Abend berichtet, in der er auch den Extremsport für sich entdeckte.

„Gib jedem seines“ – das war ein Motto, das in unserer Familie immer groß geschrieben wurde. Es ging um Zusammenhalt, sich den Ruhm, aber auch die Aufgaben zu teilen“, sagte der 39-Jährige. Was ihn besonders geprägt habe, sei eiserne Durchsetzungskraft, die in der Band, aber auch im Familienleben herrschte. „Wir haben einige Jahre zu elft in einer Dreizimmerwohnung in Paris gelebt. Dort galt das Gesetz des eisernen Hutes. Man musste dem Straßenpublikum beweisen, dass man gut war, um sich den Unterhalt zu verdienen. Ob bei Hitze, Regen oder im Winter: Wir haben immer gespielt, weil wir die Vision im Kopf hatten, später einmal vor 50 000 Menschen zu spielen. Irgendwann begannen wir am Tag zwischen 3 000 und 20 000 Mark einzunehmen. Da haben sich die Mühen dann ausgezahlt“, so Joey Kelly. Es sei in dieser Zeit als Kelly-Manager gewesen, als er seine Affinität zum Sport entdeckte. „Es begann mit einer Wette. Meine Schwester wollte an einem Triathlon teilnehmen und begann dafür zu trainieren. Und wie das unter Geschwistern so ist, habe ich gewettet, dass ich um jeden Preis vor ihr ins Ziel gehe“, berichtete der Musiker. Am Ende nahm die Schwester nicht am Wettbewerb teil, dafür aber Joey Kelly. „Ich ging an den Start und habe, nachdem ich die Schwimmdisziplin schon recht schnell abgebrochen hatte, noch mal anfangen müssen. Am Ende habe ich es als einer der Letzten geschafft“, erzählte er. Danach habe er sich immer weiter gesteigert, und in einem Jahr an insgesamt acht Ironman-Wettbewerben teilgenommen. „Im Sport ist es wie in allen Bereichen des Lebens: Man braucht Disziplin, Mut, Durchsetzungsfähigkeit und muss sich seine Kräfte einteilen können“, so Kelly.

In dieser Zeit habe er begonnen, immer nachts zu trainieren. „Nachdem wir Stadien mit 50 000 Menschen in Stuttgart, Hamburg oder Berlin bespielt hatten, ging ich abends teilweise noch vier Stunden laufen. Manchmal habe ich mich bei diesen Nachtläufen verlaufen und als ich dann nach dem Weg fragen musste, hat sich das als einer der besten Marketing-Tricks für unsere Konzerte he­rausgestellt“, so Kelly.

Ein Ironman ist ihm in besonderer Erinnerung geblieben – der sollte von 6.30 bis 19 Uhr gehen und am selben Abend sollte die Kelly Famliy mit Michael Jackson um 19.30 Uhr in München auf der Bühne stehen. Bereits am Abend zuvor hat der Musiker ein Konzert gespielt und ist erst um 2 Uhr morgens schlafen gegangen. Nach drei Stunden Schlaf ging er zum Start, und um 17.30 Uhr kam ihm sein Manager auf dem Motorrad entgegen. „Ich war zwanzig Kilometer vor dem Ziel, musste aber dringend zum Soundcheck kommen. Ich habe meinem Manager dann gesagt, dass ich das Rennen fertigmache, bin ins Ziel gerannt und von dort aus mit dem Hubschrauber nach München geflogen. An diesem Abend ging ich mit meinem Trikot auf die Bühne von Michael Jackson“, sagte Kelly und lachte.

Auch über seine jüngsten Abenteuer berichtete der Extremsportler. Neben einer Expedition zum Südpol, dem Marathon des Sables in der Wüste und mehreren Ultra-Distanzläufen am Polarkreis ist eines der größten Abenteuer seine Deutschlandtour gewesen. „Einmal zu Fuß von Schleswig-Holstein zur Zugspitze ohne Geld und ohne zu betteln. In diesem Rennen hat der 39-Jährige sich nur von der Natur ernährt und insgesamt 15  Kilogramm abgenommen. „Rüdiger Nehberg hat mir erklärt, dass es sich beim auftretenden Hungergefühl nur um eine Hysterie des Körpers handelt. Wenn man diese Grenze einmal überschritten hat, merkt man erst, wozu der menschliche Körper eigentlich fähig ist“, erklärte der Musiker. Bereits am Sonntag will Joey Kelly nach Los Angeles reisen, um von dort aus quer durch die USA zu laufen. Ohne Geld und nur zu Fuß, versteht sich.