Lokales

Die Maus taucht ein ins Jurameer

Für 90 kleine Besucher öffnete sich die Tür zur Präparationswerkstatt des Urweltmuseums Hauff

Hinter Türen zu schauen, die normalerweise verschlossen sind, hat für Kinder einen ganz besonderen Reiz. Beim Türöffnertag der „Sendung mit der Maus“ haben kleine Zuschauer einmal im Jahr Gelegenheit, in Bereiche einzutreten, die sonst tabu sind – so wie die Präparationswerkstatt des Urwelt­museums Hauff in Holzmaden.

Die kleinen Maus-Fans erfahren von Museumsführer und Präparator Klaus Nilkens allerhand Spannendes - unter anderem auch über die
Die kleinen Maus-Fans erfahren von Museumsführer und Präparator Klaus Nilkens allerhand Spannendes - unter anderem auch über die versteinerten „Verwandten“ des kuscheligen, grünen Urwelt-Krokodils.Foto: Jörg Bächle

Holzmaden. „Wer hat denn schon einmal von der Jurazeit gehört?“ fragt Präparator und Museumsführer Klaus Nilkens. Sieben Arme schnellen in die Höhe. „Ich“, ruft ein Junge in der ersten Reihe. „Ich auch“, ist von weiter hinten zu hören. Schnell wird klar: Unter den zahlreichen kleinen Besuchern, die sich an diesem Tag im Urweltmuseum Hauff in Holzmaden eingefunden haben, sind einige echte Saurier-Experten. Lernen können aber selbst sie noch eine ganze Menge – bei der Kinderführung, im Urweltkino und hinter jener Tür, die sich sonst nur für Mitarbeiter öffnet . . .

Für das Urweltmuseum ist es eine Premiere: Zum ersten Mal gehört es zu den rund 500 Firmen, Einrichtungen und Gebäuden in ganz Deutschland, die Kindern jedes Jahr beim Maus-Türöffnertag am 3. Oktober einen Blick hinter die Kulissen gewähren. Lediglich ein weiteres Angebot gibt es dieses Jahr im Kreis Esslingen: den Flugsimulator am Stuttgarter Flughafen.

„Eine Bekannte hat uns auf die Idee gebracht teilzunehmen“, erzählt Museumsleiter Rolf Hauff. Ursprünglich sei geplant gewesen, eine Führung für 30 Kinder anzubieten. „Die war dann aber innerhalb kürzester Zeit ausgebucht“, so Hauff. Also setzte er eine zweite und eine dritte Gruppe an – mit ebenso überwältigender Resonanz. „Angesichts der großen Nachfrage würden wir auch nächstes Jahr gerne wieder dabei sein“, sagt der Museumsleiter.

Im Ausstellungsraum blicken 30 Augenpaare auf eine Schautafel. Die Jungen und Mädchen tragen Schildkappen mit Maus-Aufdruck, sind mit Maus-Anhängern und Maus-Anstecknadeln ausgestattet. „Früher lebten im Jurameer solche Ichthyosaurier“, erzählt Klaus Nilkens. „Heute finden wir sie im versteinerten Meeresboden.“ Dann beschreibt er, wie Steinbrecher und Präparatoren überhaupt auf die Skelette stoßen, wie die Versteinerungen mit Baggern und Werkzeugen geborgen und später in Kleinstarbeit präpariert werden: „Das ist ein bisschen wie puzzeln – das habe ich schon als Kind gerne gemacht“, sagt Nilkens schmunzelnd. Zum Einsatz kommen Hammer und Meißel sowie Hartmetallstichel und Präpariernadeln. Auch Schleifwerkzeuge sind wichtig. „Die ähneln den Bohrern beim Zahnarzt“, zieht der Museumsführer einen Vergleich, der so manchen kleinen Zuhörer die Nase rümpfen lässt. Außerdem gibt es die Sandstrahl-Technik, bei der per Gebläse mit feinstem Eisenpulver der graue Schiefer wegradiert wird. Wenn die Präparatoren dann mit dem bloßen Auge nicht weiterkommen, geht es ans Mikroskop. All das veranschaulicht auch noch ein Film über das Urweltmuseum, die Urzeit und Präparationstechniken – eine Art Urzeitkino im Museum.

Bei der Theorie bleibt es an diesem Tag aber keineswegs. Insgesamt 90  Jungen und Mädchen dürfen das Herzstück des Urweltmuseums Hauff betreten: die Präparationswerkstatt.

Dort durchlaufen die jungen Besucher in kleinen Gruppen die verschiedenen Präparationsschritte. Während die einen mit dem Meißel an großen Schieferplatten arbeiten, dürfen die anderen unter Anleitung von Franziska Hauff, Tochter des Museumsleiters, das Sandstrahlgebläse ausprobieren. „Das funktioniert ja richtig gut“, ruft ein Junge, der mit dicken Handschuhen in einem Glaskasten einen Ammoniten von der Schieferschicht befreien darf, begeistert. „Das Glas ist wichtig, weil wir sonst ständig den feinen Eisenstaub einatmen würden“, erläutert Franziska Hauff. „Das wäre ganz schön ungesund.“ Unter Aufsicht von Rolf Hauff betrachten die Jungen und Mädchen dann noch eine Versteinerung unter 40-facher Vergrößerung. Außerdem dürfen die Kinder Ammoniten abpausen – und auch ein paar Andenken mit nach Hause nehmen.

Aber nicht nur über Präparationstechniken erfahren die Kinder an diesem Tag eine Menge. Sie lernen auch, dass die ganze Gegend in der Jurazeit von Wasser überflutet war und dass es in Holzmaden zwar Saurier, aber keine Dinos gab. Denn die lebten nicht im Meer, sondern auf dem weit entfernten Festland. Zu sehen gibt es sie im Urweltmuseum trotzdem – als lebensgroße Modelle im Dino-Garten.

Original-Versteinerungen bekommen die Maus-Besucher dafür beispielsweise von Ichthyosauriern zu sehen. „Die Fischsaurier werden am häufigsten gefunden“, sagt Klaus Nilkens und erzählt den Kindern, dass die Meeresbewohner bis zu 18 Meter lang werden konnten. Wie groß das ist, demonstriert er der Kinderschar anhand der weltgrößten Seelilienkolonie, die im Urweltmuseum ausgestellt ist. Dabei gibt es für den einen oder anderen eine Überraschung: „Seelilien sind gar keine Pflanzen, sondern Tiere“, verrät Nilkens. Und noch etwas erfahren die jungen Besucher: Nämlich dass Wissenschaftler sich auch nicht immer einig sind. So glauben die einen, dass Krokodile noch lebende Saurier sind – die anderen sehen das ganz anders. Solche Diskussionen sind allerdings völlig egal, wenn sich das Urwelt-Krokodil Partrick ins Geschehen mischt. Der grüne, kuschelige Frechdachs erobert die Herzen der Kinder im Sturm und wird kräftig beschmust und geneckt.

Kein Wunder, dass so mancher kleine Maus- und Urwelt-Fan nach all den Informationen, einer Menge Handarbeit und ganz viel Spaß auch Hunger bekommt. Der lässt sich problemlos im Urwelt-Café stillen – zum Beispiel mit Franziska Hauffs selbstgebackenen Maus-Keksen.

Die nächste Sendung mit der Maus läuft am morgigen Sonntag um 11.30 Uhr im Ersten und im Kika.