Lokales

Ein Bad ohne Defizit gibt es nicht

Kirchheimer Gemeinderat nimmt Zahlen zu verschiedenen Hallenbadvarianten zur Kenntnis

Ein neues Hallenbad für Kirchheim: Das ist seit Jahren eines der wichtigsten Themen der Kirchheimer Kommunalpolitik. Wann die Stadt jedoch ein neues Bad bauen wird, lässt sich derzeit nicht sagen. Noch nicht einmal die Frage, ob sie sich überhaupt einen Neubau leisten will, ist beantwortet. Dafür liegen jetzt Zahlen auf dem Tisch, die Aufschluss darüber geben, was genau sich die Stadt da leisten müsste – Jahr für Jahr.

Kirchheim - Hallenbad - Fickerstift - TeckcenterHonorarpflichtig!!!Luftbild - Luftaufnahme
Kirchheim - Hallenbad - Fickerstift - TeckcenterHonorarpflichtig!!!Luftbild - Luftaufnahme

Andreas Volz

Kirchheim. Kurz und knapp stellte Gerhard Gertitschke, der Leiter des Kirchheimer Amts für Bildung, Kultur und Sport, im Gemeinderat die drei Varianten vor, die die Firma GMF (Gesellschaft für Entwicklung und Management von Freizeitsystemen) aus Neuried bei München untersucht hatte: Die erste Variante wäre ein reines Schul- und Vereinsbad ohne öffentlichen Badebetrieb. In diesem Fall gäbe es ein Sportbecken mit fünf Bahnen sowie ein Lehrschwimmbecken. Kostenpunkt: mindestens 9,5 Millionen Euro Baukosten und ein jährlicher Abmangel von 1,7 Millionen Euro.

Die beiden anderen Varianten unterscheiden sich dagegen nur in den Öffnungszeiten voneinander: Zu bauen wäre jedenfalls ein Sport- und Familienbad, das auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stünde. Das Sportbecken hätte sechs Bahnen. Hinzu kämen ein Lehrschwimmbecken sowie ein Kleinkinderbecken. Die reinen Baukosten dafür sind mit mindestens 10,75 Millionen Euro angesetzt. Der jährliche Abmangel dagegen ist abhängig von den gewünschten Öffnungszeiten: Bei acht Monaten im Jahr würde er sich auf 1,3 Millionen Euro belaufen, bei ganzjähriger Öffnung – also zwölf Monaten und damit auch parallel zur Freibadsaison – auf 1,4 Millionen Euro.

In der anschließenden Debatte stellte Andreas Schwarz (Grüne) fest, dass momentan noch keine Entscheidung darüber fallen könne, welche Variante wann verwirklicht werden soll. Ein Hallenbad sei natürlich ein großer Standortvorteil. Deshalb fragte Andreas Schwarz, ob die Stadt Kirchheim nicht „aktiv auf die Umlandgemeinden zugehen“ könne, um eine interkommunale Lösung zu finden. Das derzeitige Zusammengehen mit Dettingen bezeichnete er als „ein gutes Vorgehen für alle Beteiligten“.

Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sagte zu diesem Thema: „Die Gemeinde Dettingen will sich bei einem neuen Hallenbad in Kirchheim mit Jahresschwimmstunden einkaufen, so wie wir das jetzt in Dettingen machen.“ Zum jährlichen Abmangel der drei Neubauvarianten bemerkte sie, dass darin auch die Abschreibungen enthalten sind, die es beim alten Hallenbad in der Friedrichstraße schon längst nicht mehr gab.

Für Andreas Kenner (SPD) war ein Ergebnis der GMF-Untersuchung besonders wichtig: „Es gibt nirgends ein Hallenbad, das ohne Defizit betrieben werden kann.“ Andrerseits stelle sich die Frage: „Wollen wir dauerhaft die einzige Stadt dieser Größenordnung ohne Hallenbad bleiben?“ Hier gelte es also sorgfältig abzuwägen –zwischen dem Bürgerwillen, der nach einem Hallenbad verlangt, und der höheren Verschuldung, zu der ein neues Hallenbad beitragen wird.

Ulrich Kübler (Freie Wähler) sieht den Bürgerwillen als solchen nicht einmal so klar ausgeprägt: „Der eine braucht gar kein Hallenbad, der andere will es auf jeden Fall.“ Dann stellte er auf den Konjunktiv um: „Wenn wir nichts anderes zu tun hätten, könnte wohl keiner gegen ein neues Hallenbad sein.“ So aber habe die Stadt noch viele andere Aufgaben finanziell zu schultern, weshalb Ulrich Kübler seinen Finger in die Wunde legte, die in nahezu allen öffentlichen Haushalten klafft: „Wir haben gute Jahre, und da müssten wir eigentlich für die schlechten Jahre sparen. Wir freuen uns aber, dass es gerade gut läuft, und bringen das ganze Geld unter die Leute – und noch ein bisschen mehr dazu.“ Damit hat er kein Plädoyer gegen ein neues Hallenbad gehalten, sondern eher ein allgemeines Plädoyer dafür, mit öffentlichen Geldern sparsam umzugehen. Wenn sich das Hallenbad von selbst tragen sollte, rechnete er übrigens vor, brauche es 400 000 Besucher im Jahr.

Dr. Silvia Oberhauser, die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste, wollte die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei diesem Thema nicht unbedingt an erster Stelle sehen: „Das machen wir ja auch nicht bei der Stadthalle oder bei unseren Sporthallen.“ Die entscheidende Frage sei vielmehr: „Wie viele Bürger profitieren von dieser Institution?“ Beim Hallenbad sieht sie die Profiteure in allen Altersklassen: vom Kleinkindschwimmen über den Schul- und Vereinssport bis hin zum Gesundheitssport im Wasser.

Klaus Buck (CDU) stellte die Bedeutung eines Hallenbads für die Schulen heraus, für die es einen Ersatz für Sporthallenteile darstelle: „Im Hallenbad kann man Sportunterricht ohne Sporthalle machen.“ Es gelte aber abzuwägen, ob ein Hallenbad wirklich das ganze Jahr über zur Verfügung stehen müsse oder ob acht Monate genügen. Zum finanziellen Aspekt meinte Klaus Buck: „Wenn wir uns das leisten, müssen andere Dinge zurückgestellt werden.“

Albert Kahle (FDP/KiBü) brachte den Gedanken an ein Erlebnisbad ins Spiel. Das würde seiner Meinung nach für höhere Besucherzahlen und dadurch für weniger Abmangel sorgen. „Jetzt fahren die Leute doch auch von hier aus viele Kilometer, um irgendwo viel Geld für einen Badenachmittag auszugeben.“

Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker fasst am Schluss den Diskussionsstand in Kirchheim noch einmal zusammen: „Sechs Bahnen und zwei Meter Tiefe reichen aus. Die Taucher haben auf einen Gumpen verzichtet. Aber ein Lehrschwimmbecken und ein Kleinkindbereich gehören zum Kirchheimer Bedarf.“ Demzufolge dürfte es in absehbarer Zeit – eine Grundsatzentscheidung pro Hallenbadneubau vorausgesetzt – nur noch um eine einzige Frage zum öffentlichen Sport- und Familienbad gehen: „Acht oder zwölf Monate?“