Lokales

Ein Berg Arbeit fürs Ehrenamt

Vorsitzende und Kassiere haben mit SEPA-Umstellung alle Hände voll zu tun – Vorteile gibt es kaum

Ab Februar kommenden Jahres gilt der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum (SEPA). Von der Umstellung betroffen sind nicht nur Unternehmen und Kommunen, sondern auch die örtlichen Vereine. Und für sie bedeutet die Neuerung vor allem eines: jede Menge Arbeit.

Keine andere Wahl: VfL-Vorsitzende Doris Imrich muss sich - wie etliche andere Vereinsvorstände auch - ums Thema SEPA kümmern.Fo
Keine andere Wahl: VfL-Vorsitzende Doris Imrich muss sich - wie etliche andere Vereinsvorstände auch - ums Thema SEPA kümmern.Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. Wer innerhalb der EU auf Reisen geht, braucht schon seit 2002 kein Geld mehr umzutauschen. Ob in Frankreich, Italien oder den Niederlanden: Gezahlt wird mit Euro. Jetzt macht der europäische Binnenmarkt einen weiteren Schritt nach vorne. Mit Einführung des Euro-Zahlungsverkehrsraums werden ab Februar 2014 auch Überweisungen und Lastschriften europaweit einheitlich gehandhabt. „Überweisungsscheine sehen also künftig überall in Europa gleich aus“, veranschaulicht Ulrich Unger, Pressesprecher der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen die Veränderung. In anderen europäischen Staaten wird damit auch erst damit das in Deutschland schon lange beliebte Lastschriftverfahren eingeführt. Allerdings räumen selbst Bankexperten ein, dass das neue System für Deutschland nur ganz vereinzelt von Vorteil ist. „Es profitieren lediglich international agierende Firmen“, sagt Michael Wiegold, Leiter des Dienstleistungszentrums Zahlungsverkehr der Volksbank Kirchheim-Nürtingen. So gehen internationale Überweisung schneller, durch die einheitliche Systematik der BIC und IBAN ist sofort erkennbar, wer woher kommt, und es sind keine Konten im Ausland mehr notwendig.

Von solchen Vorteilen haben die örtlichen Vereine allerdings wenig. Für sie bringt die SEPA-Umstellung vor allem eines mit sich: einen großen Berg Arbeit, der – im Gegensatz zu Kommunen und Unternehmen – auch noch ehrenamtlich bewältigt werden muss. Die SEPA-Umstellung vornehmen muss dennoch jeder Verein, der Mitgliedsbeiträge per Lastschrift einzieht. „Sonst bekommen die Vereine ihr Geld nicht mehr“, betont Michael Wiegold.

„Das ist ein unheimlicher Verwaltungsaufwand“, klagt Doris Imrich, Vorsitzende des VfL Kirchheim. Mit 4 100 Mitgliedern ist der VfL nicht nur der größte Verein in der Teckstadt, sondern im ganzen Landkreis Esslingen. „Wir haben rund 2 000 Abbucher“, so Imrich. „Seit Anfang des Jahres sind wir mit der SEPA-Umstellung beschäftigt.“ Ab dem Sommer beginne nun die Umstellung der Kontonummern. „Wir haben insgesamt 70 Konten bei zwei verschiedenen Banken“, verdeutlicht die Vorsitzende, was dem VfL bevorsteht.

Aber auch kleinere Vereine kommen an der Umstellung nicht vorbei. „Uns bleibt ja nichts anderes übrig“, sagt Ingrid Merz, Vorsitzende der Landfrauen Lenninger Tal. Besonders die Kämmerin treffe der Berg Arbeit mit voller Wucht. „Mit der Zeit ist das fast schon kein Ehrenamt mehr“, beklagt Merz den enormen Aufwand, den die Freiwilligen haben. Dazu kommt noch etwas: „Wir sind kein junger Verein. Und mit 70 ist so etwas schon eine Herausforderung.“ Der allerdings stellen sich die Landfrauen. Es gab schon eine Schulung, und eine Bank-Fachfrau aus den eigenen Reihen hat sich bereit erklärt, die ­SEPA-Umstellung mit zu stemmen.

Auch Michael Wiegold von der Volksbank weiß, was den Vereinen mit der SEPA-Umstellung zugemutet wird. „Es müssen ganze Prozesse geändert werden“, sagt er und fürchtet, dass das Kassieramt damit noch unattraktiver wird als es ohnehin schon ist. Dennoch müssten sich die Vereine – ebenso wie die örtlichen Banken selbst – den Vorgaben der EU beugen und sollten jetzt schnellstmöglich der SEPA-Umstellung in Gesicht sehen. „Jetzt ist es quasi schon fünf nach zwölf“, mahnt Michael Wiegold zur Eile. Ein halbes Jahr müsse ein Verein für die Umstellung schon einplanen. „Jeder, der in einem Verein Verantwortung trägt, sollte jetzt Kontakt zu seiner Bank aufnehmen“, rät auch KSK-Pressesprecher Ulrich Unger. Bei allen örtlichen Banken wartet dann auch Hilfe: Eigens für die Umstellung haben sie Hotlines eingerichtet, über die geschulte Mitarbeiter die Anrufer rund um die SEPA-Umstellung beraten. Es gibt außerdem Informationsveranstaltungen, Broschüren und Checklisten, die den Ehrenamtlichen weiterhelfen sollen.

Was hinter der Abkürzungen SEPA, IBAN und BIC eigentlich steckt

SEPA ist die Abkürzung für „Single European Payments Area“, zu deutsch: einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum.Si bezeichnet wird ein neues vereinheitlichtes europäisches Verfahren für Überweisungen und Lastschriften. Der Geltungsbereich der SEPA umfasst die 30 Länder des Europäischen Wirtschaftsraums sowie die Schweiz und Monaco. Im Februar 2014 lösen die neuen europäischen Regeln die bisherigen nationalen Zahlverfahren für Überweisungen und Lastschriften ab. IBAN steht für „International Bank Account Number“ und bezeichnet die internationale Bankkontonummer, die ab Februar 2014 auch für Zahlungen innerhalb Deutschlands verwendet werden muss. Sie besteht aus dem Ländercode, der bisherigen Kontonummer und Bankleitzahl und umfasst in Deutschland künftig 22 Stellen. In anderen Staaten ist sie aber sogar noch länger. Spitzenreiter ist dabei Malta. Dort umfasst die IBAN künftig nämlich 31 Zahlen. BIC ist der „Business Identifier Code“, zu deutsch: die internationale Bankleitzahl. Anhand dessen können Kreditinstitute weltweit eindeutig identifiziert werden. Die Kombination aus Buchstaben und Zahlen müssen Bankkunden bei Zahlungen innerhalb Deutschlands aber schon ab Februar 2014 nicht mehr angeben und ab Februar 2016 dann auch nicht mehr bei grenzüberschreitenden Zahlungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Im Bundestag und bei der Bundesregierung hatte es zunächst Widerstände gegen die geplante Regelung gegeben. Im Laufe der Verhandlungen wurden einige Kompromisse ausgehandelt. So wird es weiterhin das beliebte Elektronische Lastschriftverfahren geben, ein typisch deutsches Instrument, das Unterschrift und Einzugsermächtigung kombiniert und in vielen Läden praktiziert wird. Und nicht nur das: Das Verfahren gibt es künftig auch in anderen europäischen Ländern.bil