Lokales

Energiewende muss vor Ort gestaltet werden

Kirchheimer Standortdialog beschäftigt sich mit dem Thema „Neue Energie“

Es ist wahrscheinlich eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre: Wie können der wachsende Hunger nach Energie und Rohstoffen gedeckt und gleichzeitig die Ressourcen der Umwelt und des Klimas geschont werden?

Kirchheim. Beim Standortdialog der Stadt Kirchheim zum Thema „Neue Energie“ haben sich Vertreter von Wirtschaft, Kommunen und Verbänden im Kirchheimer Transformatorenwerk der Siemens AG bei einem Informations- und Netzwerkabend in Kooperation mit der Brennstoffzellen- und Batterie-Allianz Baden-Württemberg darüber ausgetauscht, welche Anforderungen die Energiewende an Länder, Städte und Kommunen stellt – und nicht zuletzt auch darüber, mit welchen Lösungen man diesen begegnen kann.

„Es ist eine große Herausforderung für uns“, erklärte Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker in ihrer Begrüßungsrede. „Wir wissen, dass die Energiewende vor Ort gestaltet werden muss – die kommt nicht einfach von oben.“ Erste Schritte wurden schon unternommen, an einem Klimaschutzprogramm werde aktuell unter Bürgerbeteiligung gearbeitet. „Wir haben auch eine Potenzialanalyse mit 13 weiteren Umlandkommunen in Auftrag gegeben, um zu sehen, wo auf der Gemarkung Kirchheim überhaupt erneuerbare Energie erzeugt beziehungsweise gewonnen werden kann.“

Das Ergebnis, so Matt-Heidecker, sei dabei „leider sehr ernüchternd“ ausgefallen. So benötige Kirchheim rund 215 000 Megawattstunden Strom im Jahr. Würde man nun das bisherige Potenzial dessen, was theoretisch an Solar-, Bio-, Wind- und Wasserenergie erzeugt werden könnte, zusammenrechnen, so könne „im besten Fall“ 25 Prozent des Bedarfs durch etwaige erneuerbare Energien gedeckt werden. „Selbst bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.“

Stefan Blum, der Standortleiter des Siemens AG-Werk Kirchheim, erklärte im Anschluss gemeinsam mit seinen Kollegen Georg Wilms von Siemens‘ Londoner Kompetenzzentrum für Städte sowie Andreas Czak von Siemens‘ „Smart Grid Division“, die zuständig ist für intelligente Stromnetzinfrastruktur, mit welchen Maßnahmen und Ansätzen der Konzern umwelt- und ressourcenschonend operiert.

Als einer der weltweit größten Anbieter von Umweltschutztechnologien geht Siemens bereits seit Jahren die Herausforderungen im Spannungsfeld von Energie und Umwelt entschieden an, und so bildet auch das Kirchheimer Werk laut Standortleiter Blum keine Ausnahme: „Wir befinden uns hier in einer sogenannten „Green Factory“. In den vergangenen Jahren sei in Kirchheim einiges investiert worden, um die Ressourcen zu schonen und Energieverschwendung zu reduzieren.

Durch gezielt vorgenommene Optimierungen am Werk in Form von Erneuerungen der Trafostation, Wärmeversorgung, Beleuchtung und Dachsanierung konnte man hier den Stromverbrauch um 17 Prozent, den Wasserverbrauch um 60 Prozent und die notwendige Heizenergie sogar um über 75 Prozent reduzieren, obwohl das Produktionsvolumen sogar noch um 35 Prozent gesteigert werden konnte. Auch die in Kirchheim hergestellten GEAFOL-Gießharztransformatoren, die unter anderem auch in Windkraftanlagen verbaut werden, verfügen laut Stefan Blum über einen Umweltvorteil: „Es sind Transformatoren, bei denen die Isolierung der Oberspannungswicklungen aus Gießharz besteht und in welchen kein Transformatorenöl eingesetzt wird. Das bedeutet: Er kann nicht brennen – und er kann auch nicht auslaufen.“

Georg Wilms Vortrag zum Thema „Low Carbon Cities“ konnte vor allem durch ein Zitat von David Miller, seines Zeichens Ex-Präsident des „C40“-Netzwerkes, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, weltweit CO2-Emissionen zu reduzieren und dem 40 Megastädte rund um den Globus angehören, auf den Punkt gebracht werden: „Der Kampf gegen den Klimawandel wird in den Städten gewonnen oder verloren werden.“ Es müsse in Deutschland noch einiges getan werden: Die Belastung durch klimaschädliche Treibhausgase und andere Schadstoffe müsse sinken, Strom über weite Strecken mit geringeren Verlusten transportiert werden. Außerdem müssten die bisherigen Leistungsnetze mit den schwankenden Einspeisungen von Strom aus Wind- und Sonnenkraft flexibel umgehen können, damit diese auch verlustarm übertragen werden können.

Laut Andreas Czak liegt in der Energieeffizienz der Schlüssel zur besten Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Energien: Durch eine bessere Energieeffizienz und den Aufbau eines universellen, intelligenten Stromnetzes, bei dem auch auf die Weiterentwicklung der Stromspeichertechnik geachtet wird, kann sich eine dezentrale Stromerzeugung durch erneuerbare Energie überhaupt erst lohnen und am sinnvollsten und effizientesten nutzbar machen lassen.