Lokales

Fast zu viel des Guten

Rund um die Teck brechen viele Obstbäume unter der Last ihrer Früchte beinahe zusammen

Während die Streuobstwiesen blühten, war es rund um die Teck angenehm warm. Das Ergebnis sehen die Stücklebesitzer nun auf ihren Wiesen: Vielerorts brechen die Apfel-, Zwetschgen- und Mirabellenbäume unter ihrer Last beinahe zusammen.

Auf den Wiesen können die Äste das Gewicht teilweise nicht mehr tragen und brechen ab (kleines Foto). Bei der Baywa in Kirchheim
Auf den Wiesen können die Äste das Gewicht teilweise nicht mehr tragen und brechen ab (kleines Foto). Bei der Baywa in Kirchheim wird das Fallobst gleich containerweise gesammelt.Fotos: Jean-Luc Jacques
Apfel, ObstApfelernteStreuobst
Apfel, ObstApfelernteStreuobst

Kirchheim. An der Baywa in Kirchheim führt für viele Stücklebesitzer in diesen Tagen kein Weg vorbei. Seit vergangener Woche können sie dort ihr Fallobst abliefern, für acht Euro pro hundert Kilo. Die Äpfel gehen an den Fruchsafthersteller Albi. Wer möchte, bekommt statt Barem Gutscheine für Apfelsaft.

Manche bringen nur eine Kiste, andere fahren gleich mit Anhänger vor. Ein Wiesenbesitzer aus Notzingen ist heute schon zum dritten Mal da. „Die Annahmestelle in Notzingen macht erst Ende August auf, bis dahin sind die Äpfel hinüber“, sagt er. Einen anderen aus Hochdorf hat es ebenfalls nach Kirchheim gezogen. Für seine zehn Zentner Fallobst bekommt er rund 40 Euro. Ein magerer Stundenlohn für rund drei Stunden Arbeit in sengender Hitze, wenn man An- und Abfahrt mit einkalkuliert. „Wirtschaftlich lohnt es sich überhaupt nicht“, sagt er. „Aber liegen lassen kann ich‘s auch nicht.“

Apfel, ObstApfelernteStreuobst
Apfel, ObstApfelernteStreuobst

Ähnlich geht es derzeit vielen Stücklebesitzern rund um die Teck, die unter den Massen an Zwetschgen, Mirabellen und Äpfeln stöhnen. „Besonders in höheren Lagen brechen die Bäume unter der Last schier zusammen“, sagt Rudolf Thaler, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Bissingen. Kirschen, Äpfel und Zwetschgen hätten durch den warmen Frühling mit leichten Regenschauern optimale Bedingungen gehabt. Die Mirabellenbäume seien teilweise so voll gewesen, dass die Früchte gar nicht richtig hätten reifen können. Nur in tieferen Lagen und an manchen Bächen seien die Bäume vom späten Frost heimgesucht worden.

Wohin mit all dem Reichtum? Diese Frage stellen sich viele Wiesenbesitzer, deren Keller vor Apfelmus, Kompott und Marmelade ohnehin schon überquellen. Die Jüngeren dagegen decken sich lieber im Supermarkt ein, wo es ganzjährig Äpfel und anderes Obst gibt. Diesen Trend beobachtet auch Rudolf Thaler. „Früher ist eingedünstet worden“, sagt er. „Aber wer macht das heute noch?“ Die Konsequenz ist, dass viele Wiesenbesitzer die Bäume einfach sich selbst überlassen und sie nicht mehr pflegen.

Von der Internetseite www.mundraub.org, auf der man ungenutzte Bäume eintragen und zum Abernten freigeben kann, hält Rudolf Thaler nicht viel. „Viele Menschen verwechseln das und gehen dann überall hin.“ Er glaubt, dass das Problem grundsätzlicher ist. „Während ich noch gearbeitet habe, habe ich vielen Kollegen angeboten, dass sie auf meinen Wiesen umsonst ernten dürfen“, erinnert er sich. „Kaum jemand ist darauf eingegangen.“