Lokales

Geben, Gutes tun – und selbst profitieren

Drei Mitarbeiter des AK Asyl Weilheim sprechen über ihre Aufgaben und ihre persönliche Motivation

In den Neunzigerjahren waren in Weilheim schon einmal Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit aktiv. Mit dem erneuten Anschwellen der Flüchtlingsströme hat sich auch der Arbeitskreis Asyl Weilheim neu gegründet. Drei ehrenamtliche Mitarbeiter, die auch an der Schulung teilnahmen, sprechen über ihre Aufgaben und ihre persönliche Motivation.

Rudi Hanov
Rudi Hanov

Weilheim. Anne Waldeier ist sozusagen eine Mitarbeiterin der ersten Stunde des neu gegründeten AK Asyl in Weilheim. Seit April vergangenen Jahres engagiert sie sich in der Flüchtlingsarbeit. „Engere Kontakte habe ich zu den Familien am Marktplatz“, berichtete sie. Allerdings leben in Weilheim bislang nur wenige Menschen im Asylverfahren. Das wird sich aber ab August ändern, wenn insgesamt 100 Asylbewerber in das Containerdorf auf dem Ausweichparkplatz des Lindachstadions einziehen. Dann kommt auch auf Anne Waldeier jede Menge Arbeit zu: „Meine Aufgabe ist es, Sprachkurse zu koordinieren“, erzählt die 50-Jährige. Sie baut Kontakte zu Sprachlehrern auf, bringt sie zusammen und organisiert die Kurse.

Es sind verschiedene Dinge, die Anne Waldeier motivieren, sich ehrenamtlich für Flüchtlinge zu engagieren. „Das Thema geht uns alle an“, stellt die Apothekerin fest und reflektiert sich selbst: „Ich habe aber auch egoistische Motive. Meine Kinder sind jetzt groß, und ich habe mir eine weitere sinnvolle Aufgabe neben der Berufstätigkeit gewünscht.“ Für die 50-Jährige steht fest: „Geben ist auch Nehmen.“ Und noch etwas hat Anne Waldeier dazu gebracht, aktiv zu werden: „Es gibt Vorurteile – und auch ich selbst bin nicht ganz frei davon“, ist sie sich im Klaren: „Und Vorurteilen begegnet man am besten, indem man sich damit befasst.“

Die Zusammenarbeit mit Flüchtlingen empfindet sie als bereichernd. „Es gibt zum Beispiel unheimliche Dankbarkeit“, berichtet sie. So könne einer der Sprachschüler seine Dankbarkeit zwar nur schwer in Worte fassen. „Dafür bringt er seiner Lehrerin aber immer Blumen mit.“ Beim Sponsorenlauf während des Gemeindefests hätten die Familien spontan geholfen, Wasser auszuschenken. „So erträume ich mir das – dass man miteinander etwas tut.“ Der Kontakt zu Menschen aus anderen Kulturkreisen sei für sie aber auch immer wieder Anlass, eigene Werte zu hinterfragen. „Zum Beispiel die deutsche Pünktlichkeit“, sagt sie schmunzelnd.

Direkten Kontakt zu Flüchtlingen hat Rudi Hanov bislang erst einmal gehabt: „Da habe ich drei Fahrräder ausgegeben“, berichtet er augenzwinkernd. Auch wenn der große Ansturm erst ab August kommt, hat der 63-Jährige aus Hepsisau schon alle Hände voll zu tun. „Ich bin für die Fahrräder zuständig“, erzählt Rudi Hanov. Zusammen mit drei weiteren Männern sammelt er gespendete Räder und bringt sie auf Vordermann. „Wenn wir sie ausgeben, müssen sie der Straßenverkehrsordnung entsprechen“, so Hanov. Das sei nicht immer ganz einfach: „Von der Qualität her kommt da alles an – auch Schrott.“ 38 Fahrräder haben Rudi Hanov und seine Kollegen schon angenommen. Acht davon seien nicht mehr zu gebrauchen gewesen. „Und 29 haben wir schon durchgecheckt und repariert.“ Reichen wird das nicht. „Schließlich kommen 100 Leute, die vermutlich alle ein Fahrrad möchten.“ Weil das Lager aber aus allen Nähten platzt, kann Rudi Hanov erst dann neue Fahrräder entgegennehmen, wenn sie tatsächlich gebraucht werden.

Zum AK Asyl ist Rudi Hanov über dessen Sprecher Jochen Ziegler gekommen. Die Männer kannten sich. „Ich habe angeboten zu helfen“, so Hanov. Dass jemand für die Fahrräder gebraucht wurde, kam dem Elektrotechniker dabei sehr entgegen. „Es hat viel Spaß gemacht, die kleine Werkstatt einzurichten“, erzählt Rudi Hanov.

„Ich habe fünf Jahre lang im Ausland gewohnt“, sagt er. „Und ich weiß, wenn man woanders zurechtkommen möchte, braucht man Hilfe an jeder Ecke.“ Von dieser Erfahrung möchte er nun auch andere profitieren lassen: „Ich denke, der einzig richtige Weg ist es, die Flüchtlinge einzubinden“, sagt der 63-Jährige. Dazu brauche es Menschen, die wenig Scheu hätten. „Je mehr Menschen die Flüchtlinge kennen, desto besser.“ Für besonders wichtig hält er es, dass die Asylbewerber aktiv ins Vereinsleben aufgenommen werden.

Zunächst wird sich Rudi Hanov in Weilheim engagieren. Im kommenden Jahr sollen dann aber auch Flüchtlinge ins Hepsisauer Rathaus einziehen. „Ich freue mich drauf“, sagt Rudi Hanov. In Hepsisau macht er „eine gewisse Zurückhaltung“ der Menschen aus, wenn es ums Thema Flüchtlinge im Rathaus geht: „Aber es gibt keinerlei negative Stimmung“, stellt er klar. Auch dem 63-Jährigen ist bewusst, dass nicht immer alles reibungslos laufen kann: „Es werden Unterschiede zutage kommen.“ Dann sei es wichtig, sie zu erkennen und zu benennen.

Als es darum ging, das Hepsisauer Rathaus umzubauen und dort Wohnungen für Flüchtlinge bereitzustellen, horchte auch Louisa Maurer auf: „Ich bin zu der Gemeinderatssitzung gegangen und habe mich dann an Jochen Ziegler gewandt“, erzählt die 22-Jährige aus Hepsisau, die bei den Pfadfindern aktiv ist und ab Herbst Soziale Arbeit studieren möchte. Für sie stand fest: „Ich will helfen und etwas Gutes tun.“ Vorgenommen hat sich die junge Frau, dort mitzumachen, wo der dringendste Bedarf ist: „Ich würde gerne in die Begleitung einsteigen und mit den Flüchtlingen auf Ämter und zum Arzt gehen, sie auf die Bank begleiten und ihnen zeigen, wie Busfahren funktioniert.“ Nun hofft sie, weitere Menschen zur Mitarbeit beim AK Asyl motivieren zu können, vielleicht auch Gleichaltrige. Sie selbst geht unterdessen mit gutem Beispiel voran: „Einer muss ja den Anfang machen“, sagt Louisa Maurer und lacht.

Louisa Maurer
Louisa Maurer
Rudi Hanov
Rudi Hanov