Lokales

Hochzeitsschrank von 1605 ergattert

Die Wernauer Geschichtsstube hat neue Prachtstücke – Wertvolle Urkunden im Internet ersteigert

Die Wernauer Geschichtsstube ist gleich um mehrere Attraktionen reicher. Sowohl der Hochzeitsschrank von Hanß Martin von Wernau, als auch wertvolle alte Urkunden sind nun in ihren Räumen zu sehen.

Das Prunkstück im Hintergrund, die historischen Dokumente in den Händen: Wernaus Bürgermeister Armin Elbl, Fördervereins-Vorsitz
Das Prunkstück im Hintergrund, die historischen Dokumente in den Händen: Wernaus Bürgermeister Armin Elbl, Fördervereins-Vorsitzender Ferdinand Schaller und Spender Hamdy Dadour (von rechts nach links).Foto: Roberto Bulgrin

Wernau. Ferdinand Schaller, der umtriebige Vorsitzende des Fördervereins der Wernauer Geschichtsstube, strahlt über beide Backen. Gleich zwei Schnäppchen hat er ergattert: den Hochzeitsschrank von Hanß Martin von Wernau und seiner Angetrauten Maria Jakobea Weichs aus Regensburg von 1605, außerdem 100 Urkunden aus den Jahren 1610 bis 1649. Die alten Schriftstücke hat er im Internet gefunden. Um den 2,40 Meter hohen Holzschrank zu bekommen, hat er sich vier Jahre gedulden müssen. Von 1605 stammt das Prunkstück, in das die Wappen derer von Wernau und von Regensburg in hellem Holz eingearbeitet worden sind. „Der stand 200 Jahre in der Wirtschaft ‚Schäpfle‘ in Nordstetten bei Horb“, sagt Schaller. Davon hatte er gehört. „Ich hab’ große Lauscher“, sagt er lachend. In der Gaststätte überredete er die alte Wirtin, ihm den Schrank zu zeigen, der mit Wernau zu tun hat. Schließlich ließ sie sich erweichen und führte Schaller in den Flur. Und dort stand das massive Monstrum mit den dicken Eisenbeschlägen, den beiden Wappen und einigen Holzwurmlöchern.

Verkaufen wollte ihn die Wirtsfrau keinesfalls: „So lang i leb’, kriegat Sie den ned!“, wurde der Wernauer beschieden. Schließlich brauchte sie das Möbelstück für ihre Tischwäsche. So wartete Schaller, behielt Schrank und Wirtschaft im Hinterkopf, denn der Schrank sollte in die Räume der Geschichtsstube. Genau hier nämlich wurde Hanß Martin von Wernau 1580 geboren. Wo heute die Schlossgartenschule steht, befand sich einst der Burgstall und später das Schloss.

Im Mai hörte Schaller, die Wirtin sei mit 87 Jahren gestorben. Bei ihrem Neffen hatte er dann Glück: Er verkaufte. Über den Preis will Schaller nicht sprechen. Aber das Geld aus der Kasse des Geschichtsvereins reichte für die Verhandlung. Wobei Schaller nachschiebt: „Gegen Spender sind wir nicht abgeneigt.“

Einen solchen hat er für weitere Objekte seiner Begierde gefunden: Der Wernauer Apotheker Hamdy Dadour ist bekannt für seine Großzügigkeit. Nachdem Schaller vier Urkunden von Hanß Martin von Wernau bei Ebay ersteigert hatte, entdeckte er 96 weitere. Also musste Geld her. „Ein großer Freund und Gönner“ sei Dadour, sagt Schaller. Mit seiner Hilfe waren die Internetgeschäfte flugs erledigt. Auch hier wird über das Geld geschwiegen.

Was sich alles in den vergilbten Papieren mit braunen Flecken und roten Siegeln verbirgt, die in wunderschöner altdeutscher Schrift geschrieben sind, weiß Schaller noch nicht. Kreisarchivar Manfred Waßner kommt im Oktober, mit ihm zusammen sollen die Rätsel gelöst werden. In einem Schriftstück geht es um die „Kriegscontributionen“.

Etliche Orte sind dort aufgelistet, die Kriegsschulden aus dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) zu bezahlen hatten. Dass die Urkunden nach Wernau gelangt sind, ist der Findigkeit des Geschichtsstuben-Chefs zu verdanken, denn die Schreibweisen sah man früher recht locker. Johann Georg von Wernau taucht auch unter Werdenau, Werthenau oder Werthenaw auf. „Gott sei Dank waren die Urkunden unter ‚Falsche Namensangaben‘ zu finden“, sagt Schaller über seine Ebay-Suche. Dort stöbert er jedes Mal, ob er irgendein Angebot findet, das einen Ortsbezug zur Stadt Wernau oder den Orten Pfauhausen und Steinbach, aus denen Wernau 1938 entstanden ist, hat.

Mit Schrank und Truhe ist Schallers Jagdfieber aber längst nicht gestillt. Im „Schäpfle“ in Nordstetten stand nämlich auch eine Truhe von Johann Georg von Wernau, dem letzten männlichen Vertreter der Wer­nauer Dynastie. Die wurde bei einer Auktion versteigert, bei der Schaller nicht dabei war. Prompt schnappte sie jemand für 650 Euro weg, Schaller hatte sein Limit auf 600 Euro gesetzt. Der den Zuschlag bekam, dürfte über kurz oder lang den Wernauer Geschichtsfan kennenlernen: „Ich, weiß, wo die Truhe steht!“