Lokales

Im Tiefenbach sterben die Krebse

Pilzerkrankung rafft einheimische Arten dahin – Überträger ist eine Krebsart aus Amerika

Eine heimtückische Pilzerkrankung macht den einheimischen Krebsen zu schaffen. Auf einmal sterben alle Tiere in einem Gewässer. Überträger ist eine eingeschleppte Krebsart aus Amerika, die selbst dagegen immun ist. Jetzt ist der Pilz offenbar in den Tiefenbach gelangt.

Diese etwa sechs Zentimeter langen Krebse aus dem Tiefenbach sind vermutlich der Krebspest zum Opfer gefallen.Foto: privat
Diese etwa sechs Zentimeter langen Krebse aus dem Tiefenbach sind vermutlich der Krebspest zum Opfer gefallen.Foto: privat

Nürtingen. Karl-Heinz Frey von der Nürtinger BUND-Ortsgruppe hatte den Hinweis erhalten, dass im Tiefenbach tote Krebse liegen. Und tatsächlich: kein lebender Krebs mehr im Bach, aber allen anderen Tieren geht es gut. Also ist kein Gift in das Gewässer gelang, es ist vielmehr ein deutlicher Hinweis auf die Krebspest. Diese Erkrankung, die nicht auf den Menschen übertragbar ist, wird durch einen Pilz ausgelöst.

Hauptüberträger sind überwiegend amerikanische Krebsarten, die häufig in privaten Aquarien gehalten werden und selbst nicht erkranken, da sie aufgrund körpereigener Enzyme eine Resistenz entwickelt haben. In Mitteleuropa droht die Krebspest dagegen den einheimischen Flusskrebsbestand auszurotten. Es gibt weder eine Vorbeugung noch eine Heilung für erkrankte Tiere.

„Die einheimischen Steinkrebse sterben, und der frei gewordene Lebensraum wird dann von amerikanischen Arten eingenommen“, sagt Frey. Im Tiefenbach habe es das größte noch nicht befallene Vorkommen von Steinkrebsen gegeben. Hier habe sich die Verdolung des Saubachs, wie der Tiefenbach im Nürtinger Stadtgebiet heißt, als Segen erwiesen. Deshalb konnten die amerikanischen Krebse nicht in den Tiefenbach wandern. Nun hat die Krebspest vermutlich doch den Tiefenbach erreicht. Eine endgültige Bestätigung des Landesfischereiverbandes, an den Frey einige tote Krebse geschickt hat, steht noch aus. Wie die Krebspest in den Tiefenbach gelangt ist, kann man nicht mehr feststellen.

Die Krankheit könnte durch infizierte Angelgeräte, Gummistiefel oder andere Gegenstände übertragen worden sein. Möglich ist auch, dass Aquarienwasser, das einfach ausgeschüttet wurde, die Ursache war. Frey appelliert an alle Naturfreunde, kein Aquarienwasser einfach in Bäche oder Seen zu kippen. Außerdem sollten Angelgeräte, Gummistiefel und andere Gegenstände desinfiziert werden, bevor sie vom einen in das andere Gewässer gebracht werden. Die Krebspest trat zum ersten Mal im 19. Jahrhundert in Norditalien auf und breitet sich seitdem in ganz Europa aus. Innerhalb weniger Wochen sterben in einem Gewässer die Flusskrebse. Nur in isolierten Gewässern und kleinen Seen können die einheimischen Krebse überleben. Der Edelkrebs ist in seinem ursprünglichen Lebensraum, sommerwarmen Tieflandflüssen, praktisch ausgestorben. Deshalb wurden in viele Flüsse die resistenten amerikanischen Krebsarten eingesetzt und so das Problem vergrößert.

Zusammenhängende Bestände heimischer Flusskrebse über ein weites Gewässernetz gibt es heute gar nicht mehr. Das muss nicht schlecht sein, denn so kann sich die Krebspest nicht mehr flächendeckend ausbreiten. Die Seuche tritt trotzdem alle paar Jahre auf.

Wenn die Krebspest alle Krebse in einem Gewässer wie dem Tiefenbach ausgerottet hat, besteht die Chance, dass es wieder aus den Nebenbächen und Zuflüssen besiedelt wird. Wenn nicht schon amerikanische Krebse den frei gewordenen Lebensraum eingenommen haben. Den Fressfeinden ist es egal, sie verschmähen auch die Amerikaner nicht. Aber die heimische Artenvielfalt leidet unter den Einwanderern.

Der Angler- und Fischereiverein Nürtingen sammelt und entsorgt in der Funktion als Pächter der Gewässer auf Nürtinger Gemarkung die toten Tiere. Etwas anderes bleibt nicht übrig, Gegenmaßnahmen gibt es keine.pm/bg