Lokales

Ist Frau Holle etwa im Urlaub?

Während manche die frühe Wärme genießen, leidet der Wintersport unter dem Schneemangel

Nach der anfänglichen Begeisterung über den „Frühlingseinbruch“ dieser Tage übt so mancher Kritik an den warmen Temperaturen mitten im Winter. Skifahrer und Liftbetreiber der Alb sind die „Verlierer“ des schönen Wetters.

Die ersten Bienen, Frühlingsboten in der Lindachallee, Kirchheim, 17.02.14
Die ersten Bienen, Frühlingsboten in der Lindachallee, Kirchheim, 17.02.14

Maike Nowatzki

Kirchheim. Die ersten Frühblüher strecken ihre Köpfe aus dem Boden. Morgens wird man vom Vogelgezwitscher geweckt. Mittags trifft man sich nicht im Café, sondern sitzt draußen, um seinen Cappuccino zu schlürfen und in die Sonne zu blinzeln. Manchen ist es sogar warm genug, um mit einer Eiswaffel durch die Fußgängerzone zu schlendern. Doch der Blick in den Kalender zeigt, dass es eigentlich unüblich ist, jetzt schon die Sonnenbrille aus dem Schrank zu nehmen. Es ist schließlich Februar. Sollten da nicht eher warme Mützen auf den Köpfen sitzen?

Laut der Bauernregel „Sonnt sich die Katz‘ im Februar, muss sie im März zum Ofen gar“ sollte man die Wärme jetzt genießen, bevor sie bald wieder von kälteren Temperaturen abgelöst wird. Die Wettervorhersagen schließen sich dem an: Die letzte Februarwoche soll überwiegend so sonnig und warm bleiben wie in den vergangenen Tagen. Im März sollen die Temperaturen wohl eher wieder sinken. Jedoch bewerten die Meteorologen den Rückgang im März nicht ganz so heftig. Von einem „richtigen Wintereinbruch“ mit Dauerfrost und Schnee sei nichts zu sehen.

Und auch die Skiliftbetreiber der Region, für deren Geschäft ein Winter ohne Schnee keinerlei Nutzen hat, glauben nicht mehr daran, dass Frau Holle nochmals aktiv wird. Sie hatten in dieser Saison rekordverdächtig wenige Skitage zu verzeichnen. In Donnstetten waren es elf, an der Pfulb sieben und in Ochsenwang fünf. So richtig glaubt keiner der drei Liftbetreiber daran, dass man im März noch einmal richtig Ski fahren kann auf der Alb. Michael Mall vom Skilift Ochsenwang rechnet mit nichts mehr. „Ich bin gerade dabei, die Pistenwalze aufzuräumen“, sagt er. Angela Gödrich, Betreiberin des Skilifts Donnstetten, hofft noch: „Vielleicht Ende Februar oder in der ersten Märzwoche.“

Doch nicht nur auf der Schwäbischen Alb leidet der Wintersport unter dem warmen Wetter. Auch im restlichen Mitteleuropa ist es in diesem Winter wärmer als sonst. Grund für die ungewöhnliche Wetterlage sind die vorherrschenden Westwinde, die vom aufgeheizten Atlantik kommen. Durch das warme Wasser sind die Luftmassen, die von dort nach Europa getrieben werden, genauso mild.

Aber wie kommt es dann, dass Teile im Osten Nordamerikas diesen Winter Rekordkälte zu verzeichnen hatten, obwohl sie ebenfalls in der „Westwindzone“ liegen? Das liegt daran, dass die Westwinde dort nicht über warmes Ozeanwasser wehen, bevor sie die betroffenen Gebiete erreichen, sondern über Landmassen. Und da diese Landmassen kalte Regionen wie Alaska und Kanada sind, liegt es auf der Hand, dass die Winde eher klirrende Kälte als milde Temperaturen mit sich bringen.

Im Moment steht der derzeitige „Winter“ auf Platz fünf der mildesten deutschen Winter seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die 36 Schneetage der Saison 2012/13 werden heuer auch mit einem etwas kälteren März sicherlich nicht erreicht. Trotzdem sind die frühlingshaften Temperaturen im Januar und Februar nichts, was noch nie da gewesen wäre. Die Betreiber der Skilifte auf der Alb erinnern sich an einige Jahre, in denen die Temperaturen das Skifahren schwer gemacht haben. Angela Göd­rich nennt die Saison 2006/07. „Da konnte man auch nur im Februar ein bis zwei Wochen Ski fahren.“ Die Betreiberin des Skilifts Pfulb, Marianne Allgaier, geht sogar noch weiter zurück. „Jetzt haben wir einen Winter wie vor 30 Jahren. 1988/89 gab es null Skitage. Im Jahr darauf war es wie in dieser Saison.“ Tatsächlich sind die genannten Winter alle ebenfalls in den Top Fünf der wärmsten deutschen Winter vertreten.

Enttäuscht sind die Wintersportler trotzdem: Die Skilifte konnten nur geringe Einnahmen verbuchen, die Vereine mussten ihre Ausfahrten und Skikurse in andere Gebiete verlegen oder ausfallen lassen. „Wir waren mehrmals im Allgäu“, erzählt Bruno Panni, stellvertretender Vorsitzender des SVL Kirchheim. Die Kinderskikurse seien komplett ausgefallen. Teurer werde es dadurch für alle, da Ausfahrten ins Allgäu natürlich mehr kosten als Ausflüge auf die Alb. Hinzu komme, dass dem Verein durch das Wegfallen der Kinderskikurse Einnahmen fehlen. „Doch das ist jetzt nicht so tragisch“, meint Bruno Panni. „Viel ärgerlicher ist, dass die Kinder nicht zum Skifahren kommen.“

Sich zu ärgern ändert die Situation aber bekanntlich nicht. Skifahrer, die die Alb nicht verlassen möchten, können also nichts tun, als die Sonne zu genießen und vielleicht schon einmal die Eissaison einzuläuten.

Nach alten Bauernregeln entscheidet sich heute übrigens, wie es wettermäßig weitergeht, denn es ist Petritag: „Hat Petri Stuhlfeier Eis und Ost, bringt der Winter noch herben Frost“. Eine andere Wetterregel rät zur Kohl- und Erbsensaat, prognostiziert also weiterhin hohe Temperaturen, falls am 22. Februar das Wetter schön ist. Laut dem hundertjährigen Kalender bleibt der restliche Februar warm. Im März soll es, von ein paar Wärmephasen abgesehen, wieder kalt werden.