Lokales

Junges Land mit alter Geschichte

Rundreise des Teckboten durch Usbekistan – Sicheres Reiseland mit vielen Besonderheiten

Das Wissen über Usbekistan ist eher spärlich. Dies zu ändern, haben sich Teckboten-Leser während einer fast zehntägigen Rundreise durch das Land ­erfolgreich vorgenommen.

Eine der eindrucksvollsten Nekropolen befindet sich in Samarkand. 16 Gebäude, Mausoleen und Moscheen sind hier aneinandergereiht
Eine der eindrucksvollsten Nekropolen befindet sich in Samarkand. 16 Gebäude, Mausoleen und Moscheen sind hier aneinandergereiht. Besonders beeindruckend sind die vielfältigen, intensiven und märchenhaften Dekore der Gebäude.Foto: Günter Tannenberger

Kirchheim. Einer der Hauptgründe, Usbekistan zu besuchen, ist natürlich die legendäre Seidenstraße, die von China kommend durch Usbekistan führte und Dank des regen Handels zwischen China und Europa in Usbekistan blühende Wüstenstädte entstehen ließ. Durch die Seidenstraße gelangten Orte zu Wohlstand und Bedeutung, die noch heute einen klangvollen Namen haben.

In Usbekistan sind Zeugen der Vergangenheit noch heute lebendig. Sehr gut erhaltene Bauwerke erzählen aus einer Zeit, als diese Städte nicht nur bedeutende Handelszentren, sondern auch Mittelpunkt von Lehre und Kultur waren. Samarkand, Buchara, Chiwa und Taschkent gelten als Inbegriff orientalischer Schönheit und Mystik. Samarkand und Buchara wurden schließlich schon von Goethe in seinem west-östlichen Diwan besungen.

Buchara wurde einst zu einem wichtigen und legendenumwobenen Zentrum des Handels und der Wissenschaften an der Seidenstraße. Auf den Basaren und in den Karawansereien trafen sich Menschen aus aller Welt, und noch heute scheint in der Altstadt die Vergangenheit zum Greifen nah. Einst eine der heiligsten Städte des Islam, besitzt Buchara viele Beispiele islamischer Architektur. Chiwa, fast 1 000 Jahre alt, erhielt ihr charakteristisches Aussehen mit den mächtigen Stadtmauern allerdings erst von 200 Jahren. Wichtige religiöse und kulturelle Werte wurden in den großen wissenschaftlichen Zent­ren der Astronomie, Mathematik und Medizin gelehrt. Seitdem hat sich innerhalb der mächtigen, alten Stadtmauer wenig verändert, sodass die Stadt heute einem bewohnten Freiluftmuseum gleicht.

Samarkand zählt zu den ältesten Städten der Welt, und die zahlreichen Monumente mit ihren kunstvollen Ornamenten und Mosaiken, ihren tiefblau gefliesten Kuppeln und Fassaden beeindrucken durch ihre Schönheit jeden Besucher. Die usbekische Hauptstadt Taschkent kann ebenfalls auf eine jahrhundertealte Geschichte zurückblicken, wurde aber bei einem Erdbeben in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts fast völlig zerstört. Nach dem Wiederaufbau zeigt sie sich als moderne und weltoffene Großstadt. Da glücklicherweise einige Bauwerke altusbekischer Architektur erhalten geblieben sind, konnte sich die Stadt ihr orientalisches Flair zumindest teilweise erhalten. Ganz typisch für jeden dieser Orte sind die Medresen, die muslimischen Hochschulen, in denen früher der Koran, später aber auch andere Fächer unterrichtet wurden. Alle sind nach dem gleichen Grundprinzip errichtet worden: ein Innenhof, um den auf zwei Etagen die Hörsäle und die Wohnzellen der Studenten gruppiert sind, Fenster und Türen zum Innenhof und ein prächtiges und imposantes Eingangsportal.

Die Anfänge der Seidenstraße, deren Länge fast ein Viertel des Weltumfanges ausmachte und die durch Dutzende Herrschaftsgebiete führte, geht bis ins sechste Jahrhundert vor Christus zurück, da die Römer fast süchtig nach Seide waren. Der Handel über die Seidenstraße wurde in späteren Jahrhunderten aber immer mehr durch Schiffe ersetzt. Somit entfielen die Gefahren der langen Reise, die Abgaben an die Zwischenhändler und die hohen Zollforderungen der Araber. Ab dem siebten Jahrhundert verlor die Seidenstraße immer mehr an Bedeutung und geriet in Vergessenheit. Erst 1 000 Jahre später wurde der Begriff der Seidenstraße durch den deutschen Geografen Richthofen ins Leben gerufen. Er hat sich dank einer geschickten Vermarktung bis zum heutigen Tag bei den Menschen eingeprägt. Doch der Begriff Seidenstraße war nie eine korrekte Bezeichnung für diesen Handelsweg. Denn es war nie nur ein Weg, sondern es gab immer mehrere Routen, die sich im Laufe der vielen Jahrhunderte auch immer wieder änderten. Zudem ist der Begriff Straße mehr als irreführend, denn es handelte sich eher um Trampelpfade, Wüstenpisten und Schlammfurten. Außerdem wurde nicht nur Seide, sondern auch Parfüm, Perlen, Keramik, Weihrauch und natürlich auch Gewürze in Karawanen von einer Karawanserei zur nächsten transportiert.

Usbekistan wurde erst 1925 als Usbekische Sozialistische Sowjetrepublik von Stalin gegründet. Danach konnten sich die Usbeken ihre eigene Identität herausbilden. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 entstand die unabhängige Republik Usbekistan in exakt den Grenzen der einstigen sozialistischen Unionsrepublik. Dies ist sicher auch ein Grund, warum kaum jemand Probleme mit der sowjetischen Vergangenheit hat. Die meisten Usbeken trauern tatsächlich dem alten System nach, als alles noch „in Ordnung“ war. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind auch große Teil der Industrie zusammengebrochen. Zwar konnte nach der Staatsgründung ein totaler Kollaps der Wirtschaft verhindert werden, dennoch zeigen sich viele negative Auswirkungen. Durch die staatliche Preis- und Lohnkontrolle konnten soziale Spannungen und die Verarmung großer Teile der Bevölkerung bislang vermieden werden. Eine freie Marktwirtschaft konnte bislang nur ansatzweise eingeführt werden, und nur wenige große Unternehmen wurden privatisiert, da Usbekistan für ausländische Investoren als unattraktiv gilt. Dabei sind die Voraussetzungen in Usbekistan gut, denn das Land ist reich an Bodenschätzen, die bereits zu Zeiten der Sowjetunion erschlossen wurden. Erdöl, Gasvorkommen, Kupfer, Uranerz und Gold gehören zu den wichtigsten Schätzen, gleich gefolgt von der Baumwolle. In der letzten Zeit wird der Anbau von Obst, Reis, Gemüse und Getreide immer bedeutender, und die usbekische Aprikose ist inzwischen in vielen Ländern sehr begehrt.

Usbekistan ist wegen seiner sehr stabilen politischen Lage ein sehr sicheres Reiseland. Trotzdem darf nicht verschwiegen werden, dass der Umgang mit der politischen Opposition und mit den Menschenrechten nicht im Ansatz westlichen Standards entspricht. Darüber wird in Usbekistan nicht so gerne gesprochen, viel lieber beschreibt man die Schönheiten des Landes, von denen es in Tat auch sehr viele gibt.

Usbekistan ist ein sehr junges Volk, und das Durchschnittsalter liegt bei etwa 26 Jahren. Das heißt, die Generation, die jetzt heranwächst, weiß nichts von den sozialistischen Errungenschaften. Die jungen Usbeken sind sehr offen, neugierig, unkompliziert im Umgang mit Fremden und allem Modernen aufgeschlossen. Trotzdem sind die jungen Usbeken noch sehr stark in der alten Tradition gefangen und leben in einem engen traditionellen Familienverband, ganz besonders auf den Dörfern. Die jungen Menschen müssen einen Weg zwischen alter Tradition und der Moderne finden, um die Zukunft zu meistern.

Nicht nur von den jungen, auch von den älteren Usbeken hört man immer wieder den Satz „Alemania gut, Bavaria gut, Merkel gut“, auch wenn sie gar nicht so genau wissen, wo „Alemania“ liegt. Und dann muss mindestens ein Foto mittels eines modernen Mobiltelefons mit den Besuchern aus „Alemania“ geschossen werden. Gerade diese offene Freundlichkeit und Unkompliziertheit hat während der zehntägigen Rundreise durch Usbekistan immer wieder zu sehr menschlichen und erfrischenden Begegnungen geführt, die so manche Anstrengung der langen Rundreise durch Usbekistan wieder vergessen ließen.