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Heike Bauer aus Owen hat einen Roman geschrieben – Das im Fischer-Verlag erschienene Buch gibt es ab sofort im Handel

Ort der Kreativität: Das kleine Häuschen in ihrem Garten ¿ einst als Schuppen gedacht ¿ dient Heike Bauer nicht nur als Atelier.
Ort der Kreativität: Das kleine Häuschen in ihrem Garten ¿ einst als Schuppen gedacht ¿ dient Heike Bauer nicht nur als Atelier. Hier entstand auch der größte Teil ihres Romans ¿Prosecco und Stilltee¿.Fotos: Jean-Luc Jacques

Owen. Heike Bauer aus Owen ist freischaffende Künstlerin, dreifache Mutter aus Überzeugung und ehemalige Alleinerziehende. Auch die Kunstmalerin Carolina Steinbach lebt in einem kleinen Städtchen, hat drei Kinder und zieht sie ohne Mann

an ihrer Seite groß. Und das sind längst nicht die einzigen Punkte, in denen sich die frischgebackene Buchautorin Heike Bauer und die Protagonistin ihres Romans „Prosecco und Stilltee“ ähneln. Trotzdem: Heike Bauer ist nicht gleich Carolina Steinbach. „Mein Roman ist keine Autobiografie“, betont Heike Bauer, deren Erstlingswerk mit dem Untertitel „Kinder, Kunst und Kapriolen“ im Fischer-Verlag erschienen und jetzt im Buchhandel erhältlich ist. „Einen Teil der Ereignisse habe ich zwar tatsächlich selbst erlebt, andere aber sind frei erfunden.“

Dass es frappierende Parallelen zwischen der Autorin und der Hauptfigur in ihrem Buch gibt, hat einen ganz bestimmten Grund: „Mir liegt das Thema Kindeswohl aus eigener Erfahrung sehr am Herzen“, erzählt Heike Bauer. Ihre Erlebnisse als Alleinerziehende und ihre Enttäuschung über die Gesetzeslage, die Arbeit der Jugendämter und kinderfeindliche Regelungen wollte sie pub­lik machen. „Das ganze Thema ist für mich so wichtig, dass es einfach in Form eines Buches heraus musste“, sagt die 43-Jährige. Statt jedoch eine anklagende Dokumentation zu verfassen, entschied sie sich für einen heiteren, aber durchaus gesellschaftskritischen Roman. „Ich dachte, wenn ich die ganze Sache locker und mit Humor angehe, erreiche ich damit mehr Menschen.“

Genau das ist es nämlich, was Heike Bauer erreichen möchte: aufrütteln und publik machen, „was in Deutschland unter dem Deckmäntelchen ,zum Wohle des Kindes‘ alles praktiziert wird“. Sie wolle Diskussionen anstoßen und dazu auffordern, über die Gesetzeslage und Verfahrensweisen nachzudenken. „Die Justiz müsste kindgerechter sein“, betont Heike Bauer.

Die Handlung von „Prosecco und Stilltee“ beginnt mit einer Geburt, die bei allen überwältigenden Glücksgefühlen einen üblen Beigeschmack hat: Die Protagonistin Carolina Steinbach bringt ihr drittes Kind unter falschem Namen auf die Welt, um sich und das Neugeborene vor dem stalkenden Vater zu schützen. Fortan kämpft sie um und für ihr Kind, wird von dessen Erzeuger bedroht und muss den gemeinsamen Sohn, der den Vater vollkommen ablehnt, zum gesetzlich vorgeschriebenen Umgang mit ihm bringen. Gleichzeitig sieht sie sich falschen Anschuldigungen, ständiger Beobachtung und juristischen Konfrontationen ausgesetzt.

Dieser inhaltliche Tiefgang ist sicherlich ein Grund dafür, dass Heike Bauer schon vor der Veröffentlichung mit ihrem Manuskript punkten konnte: Ihr erstes Werk sandte die Owenerin bei zwölf Verlagen ein – und bekam prompt drei Zusagen. Allerdings hat „Prosecco und Stilltee“ noch viel mehr zu bieten: Neben dem gekonnten Spiel mit Fiktion und Realität lässt die Autorin einen tiefen Blick in ihre eigene Seele zu. Für Heike Bauer kein Problem: „Mir war Ehrlichkeit ganz wichtig – und letztlich gibt jeder Künstler ganz viel von sich preis, egal ob er malt, schreibt oder musiziert.“

Nicht zuletzt entspinnt sich in „Prosecco und Stilltee“ aber auch eine wunderschöne Liebesgeschichte, die zunächst völlig aussichtslos scheint. Sie sorgt zusammen mit dem künstlerischen Aufstieg von Carolina Steinbach und dem Kampf um ihr jüngstes Kind für einen Spannungsbogen und den gewissen „Suchtfaktor“: Einmal angefangen, möchte man das Buch kaum noch aus der Hand legen.

Dass die Mischung aus ernster Thematik, Liebesgeschichte und persönlichen Elementen so gut ankommen würde, hatte die Autorin kaum zu hoffen gewagt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mir den Verlag auch noch aussuchen kann“, gesteht Heike Bauer. Ihre Entscheidung fiel schließlich auf den Fischer-Verlag, der sogar das selbst entworfene Buch-Cover der Künstlerin übernahm: Eine Collage aus einem Frauenporträt, einem Männerkopf und drei Kinderfiguren, stilistisch zwischen Modezeichnung und Comic angesiedelt. Auch ihren Farbwunsch für den Einband setzte die Autorin durch: „Lila ist eine bissige Farbe und passt zu einem Thema, das aufrütteln soll.“

Keine Frage: Mit Farben kennt sich die gebürtige Kirchheimerin ohnehin gut aus. In Oberlenningen aufgewachsen, schnupperte Heike Bauer im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal Atelierluft – und zwar bei Bruno Mader, der in der Kirchheimer Kunst- und Theaterszene bis zu seinem Tod vor 23 Jahren eine Institution war. Bruno Mader wurde zu Heike Bauers künstlerischem Ziehvater. Er malte gemeinsam mit ihr und begleitete ihre kreativen Schritte. Dem Kirchheimer Künstler hat Heike Bauer in „Prosecco und Stilltee“ übrigens ein Denkmal gesetzt. Auch Carolina Steinbachs künstlerischer Ziehvater im Roman heißt Bruno, ebenso wie der älteste Sohn der Protagonistin.

Trotz aller Passion für die Malerei entschied sich Heike Bauer als junge Frau trotzdem dafür, erst einmal etwas „Bodenständiges“ zu lernen und absolvierte in Kirchheim eine Schneiderlehre. Anschließend studierte sie Modedesign und arbeitete als Designerin bei einem großen Modeunternehmen in Wernau.

Als die Kinder kamen, kehrte sie diesem Vollzeitjob den Rücken. „Kinder sind unser höchstes Gut, ein Luxus und unsere Zukunft“, legt Heike Bauer ihre Ansicht dar. Sie wollte für ihre Kinder da sein, sich möglichst wenig von ihnen trennen – übrigens genauso wie ihre Protagonistin. „Nach dem ersten Kind war ich noch viel freischaffend tätig“, erinnert sich die Künstlerin. Als dem ältesten Sohn eine Tochter folgte, wurde auch dafür die Zeit immer knapper. „Mir waren meine Kinder immer wichtiger als ein dickes Konto. Mit der Geburt des jüngsten Sohnes folgte für Heike Bauer eine schwierige Zeit.

Die Ohnmacht, die sie als Alleinerziehende im Umgang mit Ämtern und Gesetzen erlebte, veranlasste Heike Bauer schließlich dazu, sich alles von der Seele zu schreiben. Regelmäßig zog sie sich in das kleine Holzhaus im Garten zurück, das ihr auch als Atelier dient. Auf einer Couch zwischen Leinwänden und Farben entstand der größte Teil von „Prosecco und Stilltee“. „Zuerst habe ich von Hand fünf große Schulhefte vollgeschrieben“, erinnert sich die Autorin lachend. Als ihr die Hand allzu sehr wehtat, legte sie sich einen Laptop zu.

„Wenn ich schreibe, weiß ich vorher noch nicht, wo es hingeht. Ich lasse es einfach geschehen“, beschreibt Heike Bauer ihre – erfolgreiche – Arbeitsweise. Sie schrieb Seite für Seite und Kapitel für Kapitel. „Manchmal bin ich sogar nachts aufgewacht und wusste plötzlich genau, wie es weitergehen sollte.“

Entstanden ist ein Frauenroman für die Generation dreißig plus. „Wer schon mal mit dem Jugendamt zu tun hatte, wird sich da wiederfinden“, sagt Heike Bauer. Alle anderen Leser bekommen spannende und schöne, erschütternde und traurige Einblicke in das Leben einer toughen, alleinerziehenden Mutter, die auf sympathische Weise an den verschiedensten Fronten kämpft – und dabei nicht nur das berufliche Glück, sondern auch die große Liebe findet.

„Ich könnte nie ein Buch ohne Happy End schreiben“, bekennt die 43-jährige Owenerin. Zugleich scheint das für ihre eigene Lebensgeschichte zu gelten. Auch Heike Bauer hat privat ihr Glück gefunden – und sich mit der Veröffentlichung ihres Buches auf zu neuen beruflichen Ufern gemacht.

 

Ihren Roman „Prosecco und Stilltee“ stellt Heike Bauer im Rahmen einer regionalen Lesetour vor. Zum Auftakt liest sie am Freitag, 15. Juni, um 19.30 Uhr im Bürgerhaus im Bahnhof Unterlenningen. Es gibt einen Büchertisch, und in der Pause wird Prosecco serviert. Veranstalter sind die Gemeindebücherei Lenningen und der Verein Engagierte Bürger Lenningen. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.