Lokales

Kleine Schnitte für schnelle Genesung

Minimalinvasive Operation bei Gebärmutterkrebs etabliert sich zunehmend

Rund 11 000 Frauen erkranken in Deutschland jährlich an Gebärmutterkrebs. Seit gut einem Jahr werden diese Patientinnen in der Nürtinger Frauenklinik minimalinvasiv operiert. Auch in Ruit soll diese Technik jetzt etabliert werden.

Über den HD-Monitor verfolgen die Operateure konzentriert jeden einzelnen Schritt. Foto: Katja Eisenhardt
Über den HD-Monitor verfolgen die Operateure konzentriert jeden einzelnen Schritt. Foto: Katja Eisenhardt

Nürtingen. Die 69-jährige Patientin, die Dr. Matthias Schütte und sein Kirchheimer Kollege Dr. Johannes Zeisberger operieren, leidet an Gebärmutterkrebs. Die Gebärmutter wird ihr samt den Eierstöcken und Eileitern sowie zahlreichen Lymphknoten, die im kleinen Becken und entlang der Bauchschlagader liegen, entfernt. Die Lymphknoten werden anschließend auf einen möglichen Befall untersucht. Drei Stunden wird der Eingriff dauern.

Rund 30 Lymphknoten seien es im Schnitt, so Schütte. Stück für Stück arbeiten sich die Operateure zu den Lymphknoten vor, den Blick stets auf den Monitor gerichtet. Der zeigt das Bauchinnere in siebenfacher Vergrößerung an. Wird Gewebe verödet, qualmt es leicht. Die wenigen Blutungen sind so schnell gestillt. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn sich die Instrumente dem Harnleiter oder den Beckenarterien und -venen sowie der Bauchschlagader nähern.

Parallel überwacht Anästhesist David Plakalovic-Schulz die Vitalfunktionen der Patientin, die auf einem Wärmebett liegt, um eine Auskühlung zu vermeiden. Gut eine halbe Stunde nach dem Eingriff seien die Patienten erstmals wieder ansprechbar, wenn auch noch nicht alles komplett wahrgenommen werde, erklärt der Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Professor Dr. Andreas Funk, der kurz in den OP dazukommt. „Das kommt immer auch darauf an, wie die Narkose vertragen wird.“ Erst zum Schluss trennen die Operateure schrittweise die Gebärmutter ab, um sie abschließend im Ganzen zu entfernen. Die meiste Zeit benötigt die Entfernung der Lymphknoten. Zum Schluss wird das OP-Gebiet nochmals sauber gespült und abgesaugt, das OP-Besteck gezählt, die kleinen Schnitte am Bauch vernäht. Viel wird man nach dem Abheilen von den Narben nicht mehr sehen.

„Der Großteil der Patientinnen erkrankt im Alter zwischen 65 und 85 Jahren, rund zwei Prozent sind allerdings auch jünger als 45 Jahre“, so Funk. Risikofaktoren seien vor allem Übergewicht und Diabetes. „Gefährdet sind auch kinderlose Frauen und jene, deren Menstruationsblutungen lange angedauert haben“, ergänzt Schütte. „Je nach Stadium entfernt man während der OP auch die Lymphknoten oder das sogenannte große Netz“, so Schütte. Statt eines großen Bauchschnitts etabliere sich immer mehr die minimalinvasive Methode. Während der Laparaskopie – Bauchspiegelung – werden eine Kamera sowie die weiteren notwendigen Operationsinstrumente durch vier kleine Öffnungen in der Bauchdecke eingeführt.

Seit 2012 werden in Nürtingen Gebärmutterkarzinome so operiert, 43 Patienten waren es im vergangenen Jahr mit Gebärmutterkörperkrebs, fünf mit Gebärmutterhalskrebs. Kürzer werde der anschließende Klinikaufenthalt, fünf bis sieben Tage sind es, halb so lang wie nach einem Bauchschnitt. In der Regel entfalle auch der Aufenthalt auf der Intensivstation, so Funk. Die kleineren Wundflächen heilen schneller, der Blutverlust ist während der OP gering. Ziel sei es, nur noch in Ausnahmefällen mittels eines Bauchschnitts zu operieren, fügt Funk hinzu. Gerade jungen Frauen empfiehlt Professor Funk vor dem ersten Geschlechtsverkehr die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs. „Das sind insgesamt drei Impfgaben, das Risiko des Krebses vermindert sich um rund 70 Prozent.“ Wie lange der Impfschutz anhalte, sei noch unbekannt.