Lokales

Klimaschutz geht alle an

Umweltminister Untersteller zu Gast in Kirchheim – „Breit aufgestelltes Podium“

Die größten Stromfresser in deutschen Haushalten lauern im Keller: die Heizungspumpen. Darüber informierte Umweltminister Franz Untersteller bei der Veranstaltung „Klimaschutz vor Ort“ in Kirchheim.

Der Grünen-Politiker Franz Untersteller sprach in Kirchheim über das Thema „Klimaschutz vor Ort“.Foto: Jean-Luc Jacques
Der Grünen-Politiker Franz Untersteller sprach in Kirchheim über das Thema „Klimaschutz vor Ort“.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Die grün-rote Landesregierung könne viele kluge Papiere schreiben, sagte Umweltminister Franz Untersteller, der auf Einladung des Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz ins Alte Gemeindehaus nach Kirchheim gekommen war. Doch dies nütze alles nichts, wenn der Klimaschutz vor Ort in den Kommunen nicht umgesetzt werde. Im Industrieland Deutschland sei jeder Einzelne in den Bereichen Energieverbrauch und -erzeugung Tag für Tag gefordert, ergänzte der Umweltminister.

Die Stadt Kirchheim sei in Sachen Klimaschutz schon einen Schritt weiter als andere Gemeinden, lobte Untersteller und nannte das in der Teckstadt erarbeitete Klimaschutzkonzept. Der Umweltminister verwies in diesem Zusammenhang auf das Landesprogramm „Klimaschutz mit System“, bei dem Gemeinden für ihre innovativen Konzepte finanziell unterstützt werden. Auch Kirchheim könne sich bewerben, ermunterte er Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker.

Untersteller ging zudem auf das Klimaschutzgesetz des Landes ein, das klare Vorgaben für die Reduzierung von Treibhausgasen vorsieht: Bis 2020 soll es 25 Prozent und bis 2050 sogar 90 Prozent weniger CO²-Emissionen geben als im Jahr 1990. „Das ist eine Riesen-Herausforderung.“ Außerdem habe sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, die landeseigenen Gebäude schrittweise energetisch zu sanieren und die Sanierungsquote auf zwei Prozent zu erhöhen. Herzstück des Gesetzes sei ein landesweites Energie- und Klimaschutzkonzept, das aus über 100 Maßnahmen und Strategien in den Bereichen Energie, Verkehr und Landwirtschaft besteht. Tausende Bürger hätten sich daran beteiligt.

Mehr als ein Drittel der Energie, die verbraucht wird, entfalle auf den Gebäudesektor. Die Energiewende sei also nur zu schaffen, wenn man ein besonderes Augenmerk auf die Energieeffizienz bei Gebäuden lege. Hier müsse die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion einnehmen. In diesem Zusammenhang nannte Untersteller die Möglichkeit der zinsverbilligten Kfw-Darlehen für die Sanierung von Gebäuden. Außerdem ging er auf die größten Stromverbraucher der deutschen Haushalte ein: die Heizungspumpen im Keller, die oft veraltet seien. Tausche man die Pumpe gegen eine neue aus, könne eine vierköpfige Familie etwa 150 Euro im Jahr sparen. Doch auch bei etlichen Unter­nehmen könne das Thema Energieeffizienz eine größere Rolle spielen, wünscht sich Untersteller. In vielen Betrieben könnten ebenfalls veraltete Elektromotoren oder Pumpen ausgetauscht werden.

„Wir wissen genau um die Aufgaben, die den Kommunen beim Klimaschutz zukommen“, sagte Angelika Matt-Heidecker und nannte einige Beispiele, die Kirchheim bereits umgesetzt hat. Dazu zählt neben dem Klimaschutzkonzept unter anderem die Gründung der kommunal dominierten Netzeigentumsgesellschaft „Energie Kirchheim“.

Kirchheim wolle die Stadt der kurzen Wege sein, ergänzte Matt-Hei­decker. Im Stadtkern müsse es ein größtmögliches Angebot an Einkaufsmöglichkeiten geben, sodass die Menschen ihre Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad erledigen – und nicht mit dem Auto. Wichtig sei dabei der kontinuierliche Ausbau eines feinmaschigen Rad- und Fußwegenetzes.

Andreas Schwarz verwies auf das „breit aufgestellte Podium“ an diesem Abend. Dieses bestand neben Untersteller und Matt-Heidecker aus Matthias Bankwitz vom gleichnamigen Architekturbüro, Eugen Sazepin von der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen und Eberhard Haußmann, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbandes. Bankwitz ging auf sein als Passivhaus konzipiertes Wohn- und Geschäftshaus ein und erläuterte, dass sich immer mehr Kunden für Energiesparmöglichkeiten beim Planen und Bauen überzeugen ließen. Der Klimaschutz könne in allen Bereichen umgesetzt werden: „Es beginnt schon bei der Auswahl des Grundstückes.“ Weiter gehe es mit den Materialien, die verwendet werden, und der Haustechnik.

Rund 45 Prozent der Wohnungen und Gebäude der Kreisbaugenossenschaft seien bereits energetisch saniert, informierte anschließend Sazepin. Ziel sei, den kompletten Wohnungsbestand bis zum Jahr 2025 den energetischen Anforderungen anzupassen. Die Miete erhöhe sich dadurch um 0,25 bis 2 Euro pro Quadratmeter. „Die gesetzlich mögliche Mieterhöhung wird nie an unsere Mieter weitergegeben“, betonte Sazepin.

Zu guter Letzt berichtete Haußmann von den Sorgen und Nöten seiner Klientel: Viele Menschen im Kreis müssten mit wenig Geld auskommen. „Mehrere Personen im Raum Kirchheim leben ohne Strom. Das ist für uns unvorstellbar“, gab er zu bedenken. Die steigenden Energiepreise würden diese Menschen besonders hart treffen. Deshalb brauche man den sozialen Wohnungsbau, betonte Haußmann. Außerdem sollen Geringverdiener – genauso wie viele Unternehmen – von der EEG-Umlage befreit werden, sagte Haußmann und erhielt für diese Forderung reichlich Applaus der Zuhörer.