Lokales

Lese beginnt dieses Jahr später

Die wechselhafte Witterung hat den Zeitplan der Esslinger Weingärtner durcheinandergewirbelt

Niedrige Temperaturen und Dauerregen: Der Frühling fiel in diesem Jahr buchstäblich ins Wasser. Dann folgte die tropische Hitze. Da machten sich auch die Esslinger Wengerter kurzzeitig Sorgen um die diesjährige Lese. Aktuell hat sich die Lage in den Weinbergen aber weitgehend wieder entspannt.

Vom Hagel sind Adolf Bayer und seine Kollegen verschont geblieben. Doch das nasse Frühjahr und die darauf folgende Hitze machen
Vom Hagel sind Adolf Bayer und seine Kollegen verschont geblieben. Doch das nasse Frühjahr und die darauf folgende Hitze machen den Reben zu schaffen. So erwartet der Weinbauer nur eine durchschnittliche Ernte.Foto: Eisenhardt

Esslingen. „Als es im Mai nur noch geregnet hat, habe ich mich schon gefragt, wie das wohl enden wird“, sagt Adolf Bayer, der mit seiner Familie im Esslinger Stadtteil Rüdern ein Weingut betreibt und insgesamt rund elf Hektar Anbaufläche in Esslingen und Stuttgart bewirtschaftet. Die Reben hätten entsprechend später als üblich ausgetrieben, etwa um den 9. Mai herum: „Wir sind in diesem Jahr rund zwei Wochen im Verzug im Vergleich zum Vorjahr“, so Bayer. Die Vollblüte sei erst Mitte Juni gewesen. „Man rechnet von der Blüte bis zur Lese in der Regel 100 Tage, also können wir in diesem Jahr Ende September, Anfang Oktober, mit der Lese beginnen.“ 2012 habe man Ende August bereits Süßwein gehabt, das sei aber fast zu früh. „Gerade beim Weißwein entwickeln sich die Aromastoffe, wenn es warme Tage und kühle Nächte gibt“, erklärt der Experte.

Aktuell hätten die Reben im Wachstum unheimlich aufgeholt. Von größerem Hagel oder Schädlingsbefall seien seine Weinstöckexzum Glück verschont geblieben.Allerdings plagt den Weinbauer ein anderes Problem. „In den Steillagen gibt es derzeit aufgrund der feuchten Hitze teilweise Mehltaubefall.“ Zudem seien während des Regens im Juni manche Beeren abgefallen, es kam zur sogenannten Verrieselung. „Das ist aber nicht schlimm, wir dünnen die Reben ohnehin etwas aus, sodass die Trauben Platz haben. Das steigert die Qualität.“ Was den Ertrag für 2013 angeht, so erwartet Adolf Bayer ein „durchschnittliches Ergebnis, beim Trollinger liegen wir vermutlich etwas unter dem Schnitt der letzten Jahre.“ Die Hauptsorten, die er in seinem Weingut anbiete – insgesamt sind es 30 verschiedene Weine – seien bei den Roten Trollinger, Lemberger und Cabernet, bei den Weißen Riesling, Grau- und Weißburgunder.

„Massive Probleme“ mit dem Mehltau, einem Pilzbefall der Reben“, hat Weingärtner Hans Kusterer beim Trollinger. Er betreibt in Esslingen ebenfalls ein Gut und bewirtschaftet 5,5 Hektar, davon drei in den Steillagen. „Etwa ein Drittel des Trollinger-Ertrags ist in diesem Jahr kaputt, das ist schon ein deutlicher Verlust. Jetzt am Donnerstag spritze ich zum letzten Mal ökologisch, das ist dann, was den Mehltau angeht, eben schon zu spät.“ Das müsse vorbeugend geschehen. „Die anderen Sorten haben zum Glück nichts abbekommen.“ Dazu zählen bei Hans Kusterer Spätburgunder, Zweigelt, Lemberger, Dornfelder, Riesling und Grauburgunder. Auch bei ihm sei es zur Verrieselung gekommen: „So kommt es im Herbst aber weniger zu Fäulnis, wenn für eine gute Durchlüftung gesorgt ist“, erklärt Kusterer. Dem veränderten Klima müsse man sich in den kommenden Jahren sicherlich anpassen. Die Lese werde witterungsbedingt in diesem Jahr etwa zwei Wochen später beginnen.

Jochen Clauß, Vorstandsmitglied der Esslinger Weingärtner, gibt ebenfalls Entwarnung, was die verzögerte Lese angeht: „Durch das kalte Frühjahr und das fehlende Sonnenlicht hatten wir anfangs einen sehr ungleichmäßigen Austrieb, das sieht man mittlerweile aber nicht mehr.“ Auch er erwarte einen durchschnittlichen Ertrag. „Der Spätsommer ist jetzt entscheidend, momentan ist die Witterung gut, auch der Boden hat genug Wasser.“ 25 bis 28 Grad und eine Abkühlung in der Nacht seien optimal. Rund 72 Hektar werden von den Weingärtnern bewirtschaftet. „Wir haben momentan rund 100 Mitglieder, 80 davon bewirtschaften die Weinberge noch.“ Aus einem Teil der noch unreifen grünen Trauben sei Verjus-Saft hergestellt worden, berichtet Clauß. „Den kann man beispielsweise als Essigersatz, zum Backen oder als Säuerungsmittel für Cocktails verwenden.“ Ab Mitte September gehe es dann mit der Arbeit richtig los. Da findet auch wieder das Weinfest der Esslinger Weingärtner statt. „Im August ist sozusagen noch die Ruhe vor dem Sturm.“