Lokales

Neuer Schwung in der Lenninger Jugendarbeit

Heike Deigendesch und Ralf Schäfer leiten den Offenen Jugendtreff – Alte Hausmeisterwohnung ist neue Anlaufstelle

Neues Haus, neue Mitarbeiter, neuer Schwung: Die Offene Jugendarbeit in Lenningen hat die alte Hausmeisterwohnung direkt neben dem Schulzentrum in Oberlenningen bezogen und startet mit neuen Ideen mitten im Schuljahr in die Zukunft.

Ralf Schäfer und Heike Deigendesch sind das neue Team der Offenen Jugendarbeit in Lenningen. Unterstützt werden sie von Kevin Wa
Ralf Schäfer und Heike Deigendesch sind das neue Team der Offenen Jugendarbeit in Lenningen. Unterstützt werden sie von Kevin Waibel (vorne), der sein Freiwilliges Soziales Jahr bei Olé absolviert.Foto: Jean-Luc Jacques

Lenningen. „Die Offene Jugendarbeit in Lenningen ist etwas besonderes“, sagt Kurt Spätling, Geschäftsführer beim Kreisjugendring (KJR) Esslingen, unter dessen Dach die Offene Schulbezogene Jugendarbeit – wie der offizielle Name lautet – sozusagen wohnt. In einer Gemeinde mit sieben Teilorten ist es eine Herausforderung, ein Jugendhaus mit Leben zu füllen. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist deshalb der richtige Standort. „Die Hausmeisterwohnung, direkt neben der Schule gelegen, ist ideal“, kommt nicht nur Kurt Spätling ins Schwärmen, sondern auch Heike Deigendesch und Ralf Schäfer, die beiden „Neuen“ bei Olé, wie sich die Offene Jugendarbeit Lenningen abkürzt.

Bei beiden ist zu spüren, dass sie gerne in Lenningen arbeiten und schon nach kurzer Zeit angekommen sind. „Obwohl es hier wunderschön ist, ist es gar nicht so einfach, für Lenningen gute Mitarbeiter zu finden“, erklärt Kurt Spätling. Der „typische“ Sozialpädagoge arbeitet demnach gerne in der Stadt, will mitten im Geschehen sein und nicht lange Anfahrtswege in eine ländlich geprägte Gemeinde auf sich nehmen. Um so erfrischender sind die Neuzugänge, beides Quereinsteiger mit interessanten Biografien.

„Ich bin über Umwege in die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen reingewachsen“, sagt Heike Deigendesch. Die vierfache Mutter – drei Kinder sind bereits erwachsen – ist ausgebildete Schauspielerin und seit Januar als Mutterschaftsvertretung in Lenningen. Mit Theaterensembles war sie in Schulen zu Gast oder hielt dort gemeinsam mit Musikern Lesungen. Die Arbeit machte ihr Spaß, und so erweiterte sie ihr Spektrum immer mehr, beispielsweise mit Kunstseminaren, und absolvierte schließlich eine Ausbildung zur Erlebnispädagogin. Ihr besonderes Steckenpferd ist dabei die alpine Ausrichtung. Die 46-jährige Münsingerin überquerte mit Kollegen und zwölf Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf dem E 5 (Europäischer Fernwanderweg) die Alpen von Oberstdorf nach Meran. „Nicht die Kilometer sind dabei die Herausforderung, sondern die Höhenmeter. Es geht ständig steil bergauf und bergab“, erzählt sie mit leuchtenden Augen. Für sie ist es durchaus vorstellbar, ein ähnlich ehrgeiziges Projekt auch in Lenningen zu verwirklichen.

Ralf Schäfer steht ihr in Sachen Begeisterungsfähigkeit in nichts nach. Der Rasta-Mann aus Frickenhausen ist der Praktiker und seit September als pädagogischer Mitarbeiter in Oberlenningen. Nach der Schule hatte er zunächst Landschaftsarchitektur studiert, später unter anderem Soziologie und Philosophie. „Als ich vor vier Jahr anfing, ein Haus umzubauen und Vater geworden bin, habe ich mich entschlossen, eine Ausbildung zum Erzieher in Nürtingen an der Fritz-Ruoff-Schule zu machen – und so bin ich beim KJR gelandet“, erzählt der 35-Jährige. Die Ausbildung ist abgeschlossen, und das Angebot, den ersten Arbeitsplatz im Nachbartal anzutreten, hat er nicht bereut. „Ich habe mich gleich in die Stelle verliebt“, sagt Ralf Schäfer strahlend. Für Bewunderung sorgt bei den Jugendlichen nicht nur seine Frisur, sondern auch die Tatsache, dass ein Erwachsener Musik in gleich zwei Bands macht.

Wie ein Haus zu renovieren ist, weiß Ralf Schäfer zur Genüge – nun richtet er gemeinsam mit den Jugendlichen ein Zimmer nach dem anderen in der einstigen Hausmeisterwohnung im ersten Stock ein, zu der auch ein Südbalkon gehört. Im Erdgeschoss ist die Werkstatt eingerichtet, in der vor allem mit Holz gearbeitet wird. „Das Treppenhaus haben wir vergangene Woche gestrichen“, erzählt der Pädagoge. Es leuchtet nun in warmen Rot- und Orangetönen, denn die Kinder und Jugendlichen haben bei der Gestaltung Mitspracherecht. Die Toilettenwände sind blau-türkis gestrichen und sämtliche Fischlein und Quallen tummeln sich dort. Auch das große Zimmer mit Sofaecke und Esstischen samt kleiner Bar ist schon fertig, der Raum mit dem Tischfußball kommt als Nächstes dran, ebenso die Küche, für die der Gemeinderat zusätzlich 4 000 Euro bewilligte.

Kevin Waibel absolviert zurzeit sein Freiwilliges Soziales Jahr bei Olé. Er bietet beispielsweise Jonglieren an, und im Sommer soll es ein Steinhau-Projekt geben. „Er ist unsere unterstützende Hand und dank seines Alters viel näher an den Jugendlichen dran, etwa wenn es um Musik geht“, lobt Ralf Schäfer.

Nah dran an der Schule und doch getrennt, dies ist für alle Beteiligten auch der große Vorteil des neuen Hauses. „Uns interessieren die schulischen Leistungen nicht, wir vergeben keine Noten“, nennt Kurt Spätling den wichtigen Unterschied zur Schule. Dabei legen alle Beteiligten Wert auf ein Miteinander. „Immer mal wieder kommt ein Lehrer vorbei, die Zusammenarbeit ist konstruktiv“, sagt Heike Deigendesch. Auch mit dem zweiten Kooperationspartner, der Familien-Bildungsstätte in Kirchheim, die für die Ganztagsbetreuung zuständig ist, funktioniert die Zusammenarbeit.

Die Ideen für die Zukunft gehen den beiden so schnell nicht aus. Hinter dem Haus gibt es einen Garten – dort sollen beispielsweise Kräuter für die Mensa gepflanzt werden und ein Treffpunkt im Freien ist bei den Jugendlichen sowieso beliebt. Die Gemeinde stellt eine Obstwiese zur Verfügung, die mithilfe der Jugendlichen gepflegt werden soll. Heike Deigendesch will dort Wildbienenhotels bauen und vielleicht auch mal zelten, Ralf Schäfer den Kindern und Jugendlichen das Baumschneiden beibringen. „Die Kinder und Jugendlichen gehen einfach nicht so gern raus. Wir wollen mit ihnen immer mal wieder auf Tour gehen, damit sie die Gegend kennenlernen – viele wissen nicht, wie sie zum Gelben Felsen oder dem Wielandstein kommen“, sagt Ralf Schäfer. Außerdem ist mit dem Lenninger Netz eine Fahrradwerkstatt in einer Halle zwei Straßen weiter geplant – und es gibt das übliche Jugendhausprogramm mit Zeit zum Reden, Singen und Tischfußball spielen.