Lokales

„Quantensprung“ in der Altenhilfe

Landrat und Verwaltungschefs unterzeichnen Pflegestützpunkt-Verträge – Kirchheim dabei

Jetzt steht einer neuen Ära in der Altenhilfe des Landkreises Esslingen nichts mehr im Wege. Gestern haben Landrat Heinz Eininger und die Bürgermeister beziehungsweise Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der sechs großen Kreisstädte und der Gemeinde Denkendorf die Verträge zur Einrichtung der sieben Pflegestützpunkte unterschrieben – laut Landrat Eininger „ein Quantensprung in der Entwicklung der Altenhilfe.“

Esslingen. Eine stetig alternde Gesellschaft und die zunehmende Pflegebedürftigkeit älterer Menschen ist ein großes gesellschaftliches Thema und eine Herausforderung, die im Landkreis Esslingen schon früh angenommen wurde. Im Juli 2008 beschloss die Bundesregierung, sogenannte Pflegestützpunkte modellhaft in den Ländern einzurichten, wobei in Baden-Württemberg aufgrund seiner Vorarbeit in der Altenhilfe-Planung das Augenmerk auf den Landkreis Esslingen fiel und hier wiederum die Gemeinde Denkendorf den Zuschlag für den Bundes-Modell-Stützpunkt erhielt.

Das Land entschied dann gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, sowie den Kranken- und Pflegekassen, in sämtlichen Landkreisen Beratungsstandorte einzurichten. Bis zum Januar 2011 will das Land 50 Pflegestützpunkte installieren. Die vier Landkreise mit den meisten Einwohnern – zu ihnen zählt auch der Kreis Esslingen – sollen zwei Pflegestützpunkte erhalten. Die Esslinger jedoch hielten diese Zahl für zu gering und erweiterten ihr Angebot auf sieben Teilstützpunkte in Esslingen, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Ostfildern, Kirchheim, Nürtingen und in Denkendorf. So werden durch die Anlaufstellen im Landkreis 300 000 Menschen von insgesamt rund 514 000 Kreisbewohnern erreicht. 700 000 Euro gibt der Kreis für Pflegestützpunkte aus, rund 106?000 Euro davon übernehmen die Kranken- und Pflegekassen. „Damit tragen wir der Entwicklung in der Altenhilfe Rechnung“, sagte Landrat Eininger.

„Unterschiedliche Lebensentwürfe erfordern auch unterschiedliche Formen der Pflege“, sagte Ministerialdirektor Thomas Halder vom Sozialministerium. Deshalb sei es wichtig, Menschen mit Pflegebedarf gut zu beraten und passgenaue Hilfen für sie und ihre Angehörigen zu koordinieren. „Pflegestützpunkte sind hierfür geeignete Instrumente“, war Halder überzeugt und bezeichnete die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Kreis und den sieben Kommunen als einen Meilenstein. Mit dem neuen Angebot soll eine wohnortnahe und am Bedarf orientierte pflegerische, medizinische und rehabilitive Versorgung unterstützt werden.

Um die Teilhabe alter Menschen am gesellschaftlichen Leben ging es dem Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaft Pflegestützpunkte, Walter Scheller. Sinn und Zweck der „unabhängigen, neutralen und kostenlosen Beratung“ ist es, alten Menschen und deren Angehörigen Hilfe in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und damit ein Stück Selbstständigkeit zu erhalten. „Alte Menschen sind oft nicht in der Lage, die verschiedenen Hilfsangebote zu überblicken und fühlen sich überfordert.“ Scheller freute sich über die gemeinsame Lösung in Baden-Württemberg, musste allerdings einen kleinen Wermutstropfen in den süßen Wein gießen: „Die private Krankenversicherung beteiligt sich nicht daran.“

Die 50 Pflegestützpunkte im Land können keine wohnortnahe und flächendeckende Versorgung gewährleisten, war sich Agnes Christner vom Städtetag Baden-Württemberg sicher. Dieses Manko sah sie im Kreis Esslingen und seinen sieben Teilstützpunkten nicht gegeben. „Hier wird die Zielsetzung optimiert und in den Gemeinden weiter entwickelt, wobei das bürgerschaftliche Engagement einbezogen wird,“ lobte Christner die „sehr gute Vernetzung“ im Landkreis Esslingen.

Viktor Hartl, Vertreter der Kranken- und Pflegekassen, hob den Nutzen der Pflegestützpunkte für die Betroffenen hervor. In zwei Jahren müsse dann bewertet werden, ob und wie die Stützpunkte weiter ausgebaut werden können.

„Für die AOK war es selbstverständlich, dass wir bei der Umsetzung des Pflegestützpunkt-Konzepts mit dabei sind,“ versicherte Thomas Schneider, stellvertretender Geschäftsführer der AOK Neckar-Fils.

Wie die Oberbürgermeisterin und die Oberbürgermeister beziehungsweise Bürgermeister der anderen Standortkommunen Filderstadt, Esslingen, Leinfelden-Echterdingen, Ostfildern, Nürtingen und Denkendorf, so beschrieb auch Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker die Entwicklung der Altenhilfeplanung in ihrer Stadt. Sie sah im demografischen Wandel eine Chance, die Potenziale kreativ einzusetzen. Im Moment wird der Altenhilfeplan in Kirchheim, der in die 90er- Jahre zurückgeht, neu überarbeitet. „Die Menschen sollen frühzeitig ihre Lebensgestaltung im Alter planen können.“ Der Pflegestützpunkt Kirchheim wird getragen vom Verein „buefet“.