Lokales

Regionales Phänomen

Die Müller sind mit der Qualität des Korns aus der Region zufrieden

Wegen der Wetterkapriolen mussten die Landwirte rund um die Teck zwischen den Regenschauern regelrecht die Frucht vom Acker stehlen. Das meiste Korn im Tal ist eingefahren, auf der Alb steht dagegen das Getreide noch auf den Feldern.

Das Getreide im Albvorland ist eingebracht. Foto: Jean-Luc Jacques
Das Getreide im Albvorland ist eingebracht. Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. „Kein Grund zu jammern“, urteilt Müller Ulrich Sting aus Jesingen über die Ernte. Die Qualität sei um einiges besser als im vergangenen Jahr. „Das kann ein regionales Phänomen sein, denn mit dem Wetter hatten wir meistens Glück“, sagt er weiter. So konnte sich das Korn schön entwickeln. Im Mai bekam das Getreide dann entgegen dem Landestrend doch den einen oder anderen kurzen Regenschauer ab, im Juni war die Niederschlagsmenge normal. „Die Bestände waren dünner, wurden dadurch aber besser durchlüftet und Krankheitserreger hatten weniger Chancen“, so der Müllermeister. In der Region rund um die Teck bauen die Landwirte vorwiegend Weizen als Getreidesorte an. Es finden sich aber auch Felder mit Dinkel, Gerste und Hafer sowie Raps und Mais, wobei Letzterer noch ein Weilchen auf den Fel­dern bleibt.

Die Ernte selbst fasst Ulrich Sting mit einem Wort zusammen: Megadusel. „Fast jeden Tag hat es geregnet und trotzdem konnten die Landwirte jeden Tag ernten“, sagt er. Entscheidend dabei war die geringe Niederschlagsmenge, weshalb die Mähdrescher über die Äcker fahren konnten. „Die Ernte war trotzdem nicht der Traum, denn die Landwirte durften nicht eine Stunde versäumen“, weiß der Müller um die Nöte der Bauern.

Siegfried Nägele aus Bissingen beispielsweise hat eine Nacht komplett durchgedroschen. „Das Wetter passt sich anscheinend der Lebenshektik an“, meint der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Esslingen mit Galgenhumor. Seine Erntebilanz fällt nicht ungetrübt aus. „Die frühen Standorte und Sorten haben unter dem Wetter gelitten“, sagt er. So sei der Ertrag bei Wintergerste deutlich geringer ausgefallen. Mit der Weizen­ernte zeigt er sich dagegen zufrieden. Der Ertrag sei zwar leicht unterdurchschnittlich, die Qualität aber in Ordnung.

Schlecht fällt dagegen die Bilanz des Nägele-Hofs bei Raps aus: Die Ölfrucht wurde komplett verhagelt. „Der Hagel war zwar kleinörtlich, aber es hat doch einige Flächen in Bissingen und Weilheim, aber auch auf der Alb bei Schopfloch getroffen“, so Siegfried Nägele. Raps pflanzen die Landwirte nicht wegen der schönen gelben Farbtupfer im Frühjahr an, sondern weil die Pflanze eine gute Bodenkultur hinterlässt. Der Preis richtet sich nach den großen Märkten. „Raps war dieses Jahr schon mal ganz oben. Durch die Krise ging er wieder zurück, erholt sich aber wieder auf hohem Niveau“, zeigt der Landwirt die Schwankungen auf.

Die Weltwirtschaft hat seit einigen Jahren die Bauern voll im Griff. So sind die Produktionskosten seit dem vergangenen Jahr deutlich gestiegen. „Neben dem Treibstoff sind beispielsweise auch Dünger, Pflanzenschutzmittel und das Saatgut teurer geworden“, sagt Siegfried Nägele. Auch der Getreidepreis richtet sich nach den großen Börsen in Paris und Chicago, weshalb alle recht vorsichtig mit Prog­nosen sind. So auch Friedrich-Wilhelm Lüth, Produktmanager für Getreide bei BayWa und für Württemberg zuständig. Er bestätigt, dass die Ernte regional sehr unterschiedlich ausgefallen ist und tut sich schwer, konkrete Zahlen zu nennen. „Der Preis für den Doppelzentner Weizen wird wohl zwischen 18 und 20 Euro liegen und damit leicht – etwa ein Euro – über dem von 2010“, so Friedrich-Wilhelm Lüth. Bei Braugerste fiel die Ernte geringer aus, weshalb je nach Qualität zwischen 20 und 22  Euro für den Doppelzentner bezahlt werden wird und damit mehr als vergangenes Jahr. Wegen der durchschnittlich schwachen Erträge beim Raps – etwa 20 Prozent – können die Landwirte deutlich bessere Preise erzielen. Der Produktmanager könnte sich Preise um 40 Euro vorstellen.

„Es war insgesamt ein schwieriges Jahr“, resümiert Hansjörg Güthle, Pflanzenproduktionsberater beim Landwirtschaftsamt in Nürtingen. Im Frühling war es für das Getreide zu trocken, weshalb die Halme wenig Körner bildeten. „Der Regen hat dann dem Winterweizen zwar etwas gebracht, im Juli und August war aber kein Erntewetter“, sagt er weiter. Immer wieder habe sich das Einbringen der Frucht verzögert. „Wir wären sonst im Albvorland schon vor zwei Wochen damit fertig gewesen“, so Hansjörg Güthle. Der Regen im Sommer hat die Qualität in manchen Gebieten verringert, denn in einigen Fällen ist es zum Auswuchs des Getreides gekommen.

„Nach der langen Trockenheit im Frühjahr hat man sich zwar Regen gewünscht – so viel musste es denn aber doch nicht sein“, bringt Ursula Flad von der Mühle Ensinger in Owen das Erntejahr auf den Punkt.