Lokales

„Reiner Populismus“

Reaktionen im Gemeinderat auf „offenen Brief“

Stadtrat Albert Kahle hat mit seinem „offenen Brief“ an Bürgermeister Günter Riemer auch im Gemeinderat die Gemüter erregt. Außer der Oberbürgermeisterin bezogen die Fraktionsvorsitzenden der SPD und der Grünen öffentlich Stellung.

Kirchheim. Schriftlich hatte Albert Kahle die Presse vor Beginn der Sitzung darauf aufmerksam gemacht, „dass der von mir verfasste offene Brief an BM Riemer alleine von mir stammt und nichts mit der FDP zu tun hat oder in irgend einer Weise dort besprochen, beraten oder angeregt wurde“. Allerdings verweist der Autor des „offenen Briefs“ auch auf gewisse inhaltliche Übereinstimmungen zwischen ihm und seiner Partei beziehungsweise seiner Fraktion: „Wir waren uns in der FDP lediglich einig darüber, dass dieser Kreisel allen weiteren Entwicklungen am Alleenring zugegen läuft und hatten ihn deshalb im letzten Haushalt gemeinsam abgelehnt – auch wegen der Kosten.“

Diese Aussage ist durchaus schlüssig, denn der Kreisverkehr an der Krone soll ja vor allem die Schülestraße entlasten. Wenn es aber zu einem Einbahnverkehr entgegen dem Uhrzeigersinn auf dem Alleenring käme, dann hätte der soeben beschlossene Kreisel keinen allzu großen Sinn mehr. Eine wesentliche Neuerung, die er bringen soll, ist ja das Linksabbiegen aus der Jahnstraße in Richtung Tiefgarage Krautmarkt. Diese Richtung wäre durch Albert Kahles „großen Kreisverkehr“ auf der Alleen­straße aber nicht mehr erlaubt.

Außerdem rechnet die Verwaltung mit 4 000 Kilometern, die auf dem Alleenring als Einbahnstraße täglich mehr gefahren werden müssten als seither. Wer aber nicht den ganzen Ring ausfahren würde, der müsste je nach Fahrtziel wesentlich häufiger als bisher die Schülestraße vom Schloss in Richtung Kolbstraße befahren.

Die Kosten für den „Krone“-Kreisel, die Albert Kahle im „offenen Brief“ auf bis zu 1,2 Millionen Euro beziffert hatte, beschränken sich nach Ansicht der Oberbürgermeisterin dagegen auf die 761 000 Euro für Kreisverkehr samt „bypass“ entlang der Schlossmauer sowie auf zusätzliche 150 000 Euro für die Wasserleitung. So habe es der Technik- und Umweltausschuss abschließend entschieden. Weil der Kreisel in einem eigens erweiterten Sanierungsgebiet liegt, kann die Stadt Kirchheim mit rund 50 Prozent Zuschüssen für den Straßenbau rechnen.

Außer inhaltlichen Punkten sprach Angelika Matt-Heidecker im Gemeinderat noch Grundsätzliches an: „Zum Demokratieverständnis gehört es auch, Mehrheitsentscheidungen mitzutragen. Da ist ein einzelner Gemeinderat in der Verantwortung, die repräsentative Demokratie zu schützen.“ Mit dem „offenen Brief“ werde auch der Gemeinderat als Gesamtgremium – der immerhin seit 2005 schon zehnmal den „großen Kreisverkehr“ abgelehnt hatte – in ungebührender Weise dargestellt.

Das Gefühl, dass der gesamte Rat angegriffen wird, hatte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Aeugle, der auf Abstimmungsergebnisse wie 1:36 verwies, wenn es um entsprechende Anträge gegangen war: „Albert Kahle geht es nicht um sachliche Auseinandersetzungen, sondern um reinen Populismus. Immer will er besser Bescheid wissen als alle Mitarbeiter der Verwaltung, alle Gemeinderatsmitglieder und sämtliche Experten.“

Sabine Bur am Orde-Käß, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, sah im „offenen Brief“ einen „öffentlichen Pranger“, von dem sie nichts halte. „Wir alle machen die Erfahrung, dass sich eigene Ideen mehrheitlich nicht durchsetzen lassen.“ Das gelte es dann zu akzeptieren. Abschließend meinte sie noch: „Das Wohl und Wehe der Stadt hängt nicht vom Einbahnverkehr auf der Alleenstraße ab.“