Lokales

Stuttgart 21 spaltet die Bürger in zwei Lager

Pro- und Contra-Serie: Heute mit Susanne Abendschein vom Bürgerbündnis für K 21 und Hans-Joachim Most vom BDS

Susanne Abendschein von BŸndnis K21 , contra S21
Susanne Abendschein von BŸndnis K21 , contra S21

Kirchheim. Ein „ganz klares Ja“ für den Ausstieg aus dem Projekt Stutt­gart 21 kreuzt Susanne Abendschein vom Bürgerbündnis „Kirchheim und Umgebung für K 21“ bei der Volksabstimmung an. „S 21 ist eine kolossale Geldverschwendung. Ohne Not wird hier etwas zerstört, das hinterher nicht besser ist.“ Der jetzige Stuttgarter Kopfbahnhof „funktioniert super“. Ein Tiefbahnhof hingegen würde keinerlei Nutzen – auch nicht für den Regionalverkehr – mit sich bringen. Vielmehr seien Engpässe vorprogrammiert, weil der Tunnelbahnhof reduzierte Gleise vorsieht.

Hinzu komme, dass „die Kosten, die angegeben werden, noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sind“. Bahn-Vorstand Volker Kefer habe selbst eingeräumt, dass ein Teil der Kosten reine Spekulation sei. Damals, als es um die Finanzierungsvereinbarung ging, habe die Bahn das Landesparlament angelogen. „Die Bahn sprach von 2,8 Milliarden Euro, obwohl sie intern schon mit 4,5 Milliarden Euro gerechnet hat. Das hat nichts mit demokratischer Legitimierung zu tun. Es geht hier um öffentliche Gelder.“

Bei Stuttgart 21 handle es sich um eine Kassenplünderung für die beteiligten Partner, fügt die Ötlingerin hinzu. „Sie alle werden zur Kasse gebeten. Auch die Stadt Kirchheim bezahlt 135 000 Euro im Jahr für etwas, das ihr keinen Nutzen bringt. Dieses Geld fehlt woanders.“ Würde die Bahn als Unternehmen das Projekt alleine realisieren, dann würde sie ganz anders rechnen und mit den Kosten besser umgehen, ist Susanne Abendschein überzeugt.

„Ich kann nachvollziehen, dass jede Bautätigkeit wichtig ist, um die Wirtschaft anzukurbeln“, räumt die Ötlingerin ein. „Aber das ist nur bei sinnvollen Projekten der Fall.“ Am Stuttgarter Bahnhof seien bestimmt einige Verbesserungen nötig, auch was den Fahrplan anbelangt, „aber S 21 ist nicht die richtige Lösung“. Das Projekt sei zu Zeiten ins Leben gerufen worden, in denen man davon ausging, dass man Geld hat. „Aber die Zeiten haben sich geändert.“ Der Bahn habe man mit dem Finanzierungsgesetz allerdings bereits einen Blankoscheck ausgestellt, ärgert sich Susanne Abendschein.

„Es ist wichtig, dass die Menschen in Kirchheim sehen, dass auch sie betroffen sind – auch wenn es zunächst den Anschein hat, als ob es nur um den Bahnhof in Stuttgart ginge“, sagt die Ötlingerin. Sie hofft deshalb, dass möglichst viele Menschen für einen Ausstieg aus dem Milliardenprojekt stimmen. Das Quorum – 33,33 Prozent der Wahlberechtigten müssten für einen Aussteig stimmen – sei zwar „fast nicht zu schaffen“. „Aber ich bin trotzdem optimistisch.“

Kirchheim. Hans-Joachim Most vom Kirchheimer Bund der Selbständigen kreuzt bei der Volksabstimmung am 27. November Nein an und spricht sich damit für das Projekt Stuttgart 21 aus. Die Hauptgründe liegen für den Inhaber des Unternehmens „Baumanagement & Handelsvertretungen Most“ auf der Hand: „Demokratisch legitimierte Entscheidungen müssen verlässlich und rechtssicher bleiben.“ Ansonsten würden zukünftige Investoren, auch aus dem Ausland, abgeschreckt. Man müsse auch über den Tellerrand hinausschauen. „Für die Unternehmen, die in Baden-Württemberg inves­tieren wollen, ist es notwendig, dass Rechtssicherheit garantiert ist.“

S 21 biete außerdem eine historische Stadtentwicklungsmöglichkeit. So würden die „rostigen oberirdischen Gleise“ und der Zuglärm verschwinden. Einkaufs-, Dienstleis­tungs-, Parkplatz- und Wohnflächen würden neu gebaut. Flughafen und Messe erhielten einen neuen ICE-Bahnhof. Und der Rosensteinpark entwickle sich mit dem Schlosspark zu einem zusammenhängenden Grünflächen-Areal – „und das mitten in der Stadt“, betont Hans-Joachim Most. „Es geht also nicht nur um den Bahnhof.“

Für viele Firmen in Baden-Würt­temberg sei eine gute und moderne Verkehrsinfrastruktur Voraussetzung für eine langfristige Standortsicherung, betont Hans-Joachim Most. „S 21 sichert Tausende Arbeitsplätze und schafft ebenso Tausende von neuen Arbeitsplätzen. Diese Menschen werden hier leben und konsumieren.“

Wenn S 21 nicht gebaut wird, „dann kriegen wir ein solches Jahrhundertwerk nie mehr finanziert“, ist Hans-Joachim Most überzeugt. Er hofft deshalb, dass sich bei der Volksabstimmung eine Mehrheit für S 21 ausspricht.

Für die Gegner von Stuttgart 21 gehe es im Übrigen schon lange nicht mehr um ein Verkehrsprojekt. „Der größte Teil des Protests richtet sich gegen mangelnde Information seitens der Bahn und der Stadt sowie gegen eine besondere Art von politischem Stil der alten Landesregierung.“ Kein anderes Thema polarisiere mehr als S 21.

Das Tauziehen müsse deshalb endlich ein Ende haben. Das geschehe jedoch nur, wenn sich bei der Volksabstimmung eine Mehrheit für das Projekt ausspricht. Eine Beteiligung lohne sich also, verdeutlicht Hans-Joachim Most. „Das Schlechteste wäre zu sagen: Ich bin dafür, aber ich gehe nicht zur Abstimmung.“ Das BDS-Mitglied kritisiert allerdings, dass die Fragestellung auf dem Stimmzettel verwirrend sei. „Ich gehe davon aus, dass dies bei manchen Menschen zu verfälschten Ergebnissen führt.“

Joachim Most vom BDS , Pro S21Stuttgart 21
Joachim Most vom BDS , Pro S21Stuttgart 21