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Was macht Wohnen teuer?

Teckboten-Umfrage unter Bundestagskandidaten zum Thema Mieten und Eigentum

Mieten und Eigentum sind in Kirchheim und Umgebung Dauerbrennerthemen, die viele Menschen in ihrem Alltag beschäftigen. Auch im Bundestagswahlkampf wird über Mietpreisbremsen und Wohnbauförderung diskutiert. Der Teckbote hat die Abgeordneten und Kandidaten der fünf Parteien, die im Bundestag vertreten sind, zum Thema befragt.

Günstige Mietwohnungen wie hier am Lindorfer Weg in Kirchheim sind zunehmend Mangelware.Archivfoto: Jean-Luc Jacques
Günstige Mietwohnungen wie hier am Lindorfer Weg in Kirchheim sind zunehmend Mangelware.Archivfoto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. In einem sind sich die Politiker im Wahlkreis Nürtingen/Filder, die im September in den Bundestag einziehen wollen, weitgehend einig: Wohnen in Städten wie Kirchheim wird immer beliebter, während der Leerstand auf dem Land zunimmt. Junge Familien und Familien mit schmalem Geldbeutel haben es zunehmend schwer, in der Stadt Bauland oder günstige Mietwohnungen zu finden. Wo die Gründe dafür liegen und wie die Politik Abhilfe schaffen kann, beantworten die Vertreter der fünf Parteien, die aktuell im Parlament vertreten sind, jedoch unterschiedlich.

Was macht Wohnen teuer? Für Michael Hennrich (CDU) sind die Preistreiber vor allem hohe Grundstückspreise und steigende Neben- beziehungsweise Betriebskosten. „Die Kosten für Heizöl haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Und auch sonstige Kosten, zum Beispiel für Strom oder auch für Grundsteuer, sind erheblich gestiegen“. Die Mietsteigerungen sieht er als gar nicht so dramatisch an. „Die Mieten sind im Zeitraum von zehn Jahren geringer gestiegen als die Inflation, wobei es in der Tat in den letzten zwei Jahren einen Anstieg gab“, sagt er. Der liege aber deutlich unter dem Anstieg der Betriebs- und Nebenkosten.

„Das Bauen ist auch deshalb teurer geworden, weil wir Opfer unserer eigenen Vorschriften und Vorgaben geworden sind“, benennt Renata Alt (FDP) bürokratische Hürden als Ursache. Michael Hennrich stimmt ihr zu. „Vermögenssteuer, Vermögensabgabe, Verpflichtung zur energetischen Sanierung, Heranziehung der Mieteinnahmen zur Finanzierung der Krankenversicherung, höhere Anforderungen an energetische Bauweise, EEG-Umlage – all das macht Wohnen teuer“, sagt er.

Rainer Arnold (SPD) sieht außerdem die Region in der Pflicht, günstiges Bauen zu ermöglichen. „Die Region muss von der sehr restriktiven Vorgehensweise weg und dort, wo kostengünstiges Wohnen möglich ist, Gebiete für Bebauung freigeben“, sagt er.

Wie muss angemessene Wohnbauförderung aussehen? Michael Hennrich plädiert für Wohnbauförderung mit Maß. „Der Zensus hat ergeben, dass gerade in den Großstädten weniger Menschen leben als angenommen“, sagt er. Deshalb müsse man darüber nachdenken, die Wohnbauförderung stärker zu flexibilisieren und auf solche Regionen auszurichten, in denen es einen nachweisbaren Wohnungsmangel gibt. Für solche Regionen solle die degressive Abschreibung wieder eingeführt werden. Ein wichtiges Instrument könnte für Michael Hennrich auch die Wiedereinführung der Eigenheimzulage sein, wobei sie sich stärker als in der Vergangenheit an Familien mit Kindern richten solle.

Die FDP will laut Renata Alt die Zuweisungen für den sozialen Wohnungsbau strenger kontrollieren, um sicherzugehen, dass die Mittel zweckgebunden verwendet werden. Außerdem sollen einkommensschwache Familien individuell gefördert werden. „Modelle wie Eigenkapitalersatzdarlehen, Wohnriester, Eigenheimförderung und Bauherrengemeinschaften müssen weiterentwickelt werden“, sagt Renata Alt. All das unterstütze Eigentum, diene der privaten Altersvorsorge und sei ein wichtiger Baustein zur Minderung der Wohnungsknappheit.

Rainer Arnold will die Mittel für den sozialen Wohnungsbau trotz Haushaltsdrucks auf bisherigem Niveau halten. Der Bund habe 518 Millionen Euro pro Jahr eingesetzt, dieses Geld fließe an Länder und Kommunen für Projekte im Bereich kostengünstiges Bauen. „Lokal kann man das am besten steuern, wir haben ja auch in vielen Gebieten Leerstand“, sagt Arnold. Allerdings setzt Arnold auch auf genossenschaftliches Bauen. „Wohnbaugenossenschaften in kommunaler und genossenschaftlicher Hand sind ein Garant für stabile Mieten“, sagt er.

Die Grünen setzen sich laut Matthias Gastel dafür ein, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen.

Was können die Kommunen tun, um günstiges Bauen zu ermöglichen? Als Kommunalpolitiker in Filderstadt hat Matthias Gastel beobachtet, dass dort viel städtischer Wohnraum verkauft oder abgebrochen wird. Das hält er für falsch. „Wir haben als Grüne in Filderstadt den Antrag gestellt, zu prüfen, ob die Stadt nicht eine Wohnungsbaugesellschaft gründen kann“, sagt er. Um Flächen effektiv zu nutzen plädiert er dafür, dass Kommunen Bauflächen für Geschossbau ausweisen.

Dafür kann sich auf Claudia Haydt (Linke) erwärmen. „Wir plädieren für Baugemeinschaften, bei denen Familien gemeinsam Bauland erwerben und mehrstöckige Häuser darauf bauen“, sagt sie. Die Kommune müsse Bauland entsprechend ausweisen und an junge Familien vergeben.

Renata Alt warnt vor allzu viel Innenverdichtung in den Städten. „Die Wohnqualität darf darunter nicht leiden“, sagt sie. Renata Alt begrüßt das von der rot-grünen Landesregierung verabschiedete Zweckentfremdungsgesetz. Es versetzt Kommunen in die Lage, festzulegen, welche Wohnungen wie verwendet werden dürfen. „Dort, wo Wohnungsmangel herrscht, kann das nötig sein“, sagt Renata Alt.

Für Michael Hennrich ist das Erbbaurecht ein „vielerorts erfolgreich praktiziertes Modell“. Dabei verpachtet eine Kommune ein Grundstück im Erbbaurecht für 99 Jahre an den Bauinteressenten.

Was halten die Politiker von der Mietpreisbremse? Michael Hennrich hält eine Mietpreisbremse für Neuvermietungen für „höchst problematisch“, weil damit seiner Meinung nach der Neubau von Wohnungen abgewürgt wird. „Wir sollten nicht mehr reglementieren, sondern mehr Anreize schaffen“, findet Hennrich. Ein sinnvolles Instrument sei die Verbesserung steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten.

Auch Renata Alt ist der Meinung, dass eine Mietpreisbremse den Markt nur hemmen würde. Die Mietrechtsreform, die in dieser Legislaturperiode verabschiedet worden sei, verhindere bereits exorbitante Mieterhöhungen.

Rainer Arnold spricht sich für die Mietpreisbremse aus. „Wenn man die letzten Veränderungen im Mietrecht anschaut, gingen die alle zulasten der Mieter“, sagt er.

Matthias Gastel ist für die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete auf maximal zehn Prozent. Nach einer Sanierung soll ein Mieter maximal neun Prozent der Kosten einer energetischen Sanierung oder eines altersgerechten Umbaus auf die Miete aufschlagen dürfen. Außerdem fordern die Grünen eine Änderung des Baugesetzbuchs. Kommunen sollen in die Lage versetzt werden, in Gebieten mit explodierenden Mieten Obergrenzen festzulegen.

Für Claudia Haydt muss sich eine echte Mietpreisbremse an der Höhe der Inflation orientieren und somit deutlich rigoroser ausfallen als gefordert. Um Menschen mit geringem Einkommen mehr Chancen auf dem Wohnungsmarkt zu geben, will die Linke ein Gesetz anstoßen, dass Maklerprovisionen vom Vermieter bezahlt werden. „Der Vermieter kann das schließlich von der Steuer absetzen“, so Claudia Haydt. Auch die SPD strebt laut Rainer Arnold ein solches Gesetz an.