Lokales

Wer sind wir, und wie viele?

In Kommunen rund um die Teck leben weniger Menschen als gedacht – mit einer Ausnahme

Vor zwei Jahren haben die Statistiker den Deutschen in die Wohnzimmer geschaut – erstmals seit der Volkszählung 1987. Nun ist klar: Wir sind gar nicht so viele wie wir glaubten. Kirchheim beispielsweise rutscht unter die 40 000-Einwohner-Marke. Fast alle Kommunen rund um die Teck haben rechnerisch Einwohner verloren.

Geschrumpft: Glaubt man den Ergebnissen der neuen Volkszählung, gibt es weniger Kirchheimer als bisher gedacht.Foto: Jean-Luc Ja
Geschrumpft: Glaubt man den Ergebnissen der neuen Volkszählung, gibt es weniger Kirchheimer als bisher gedacht.Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. Alle Kommunen? Nein. Ein kleines Dorf am Bodenbach zählt zu den Zensus-Gewinnern. Gemeint ist Notzingen, das nach bisheriger Rechenart 3 555 Einwohner beherbergte und sich nun mit 3 609 Menschen schmücken darf. Die „alten“ Zahlen, die auf der Fortschreibung der Volkszählung aus dem Jahr 1987 basieren, geben den Stand am 30. September 2012 wieder, veröffentlicht in der Wohnbevölkerungsstatistik des Landkreises. Die bereinigten Zahlen stammen aus dem neuen Zensus. Sie geben den Stand am 9. Mai 2011 wieder und sind damit auch schon wieder etwas älter.

Wo sich die 54 Notzinger und Wellinger, die die Statistik nun ans Licht gebracht hat, bisher versteckt haben, weiß Kämmerer Sven Kebache auch nicht. Fest steht für ihn aber: „Die Fortschreibung ist für Notzingen positiv.“ Denn die Einnahmen aus dem Kopfbetrag, der aus dem Finanzausgleichstopf je Einwohner gezahlt wird, erhöhen sich. Laut Sven Kebache sind das für die zusätzlichen Einwohner je 700 bis 800 Euro mehr. Allerdings kann er das Geld nicht sofort einplanen. „Laut Gemeindetag gibt es eine Übergangsregelung. Erst ab 2016 wird die fortgeschriebene Einwohnerzahl voll berücksichtigt“, sagt Sven Kebache.

In Kirchheim dagegen dürfte keine Feierlaune herrschen. Die Stadt rutscht unter die 40 000-Einwohner-Marke, die sie zum Jahresende 2011 erstmals überschritten hatte. Am Stichtag 9. Mai 2011 lebten jedoch nach neuer Zählart nur 38 802 Menschen in Kirchheim, das sind 3,8 Prozent weniger als angenommen. Damit ist die Stadt in guter Gesellschaft. Auch andere große Kreisstädte wie Nürtingen und Esslingen haben rechnerisch Einwohner verloren. Nürtingen rutscht ebenfalls unter die 40 000er-Marke und liegt nun bei 39 201 Menschen. In Esslingen ging die Bevölkerungszahl von 93 320 auf 86 885 Menschen zurück.

Zweitgrößter Verlierer im Verbreitungsgebiet des Teckboten ist Bissingen. Nach den neuen Zahlen hat die Kommune statt 3 513 nur 3 412 Einwohner, das sind 2,9 Prozent weniger als bisher angenommen. Dettingen verliert 1,7 Prozent seiner Einwohner, Neidlingen 1,3 Prozent. Wie auch im Rest Baden-Württembergs sind die Abweichungen in den übrigen kleineren Städten und Gemeinden rund um die Teck beinahe zu vernachlässigen (siehe Infobox).

Abseits der Bevölkerungszahlen liefert der Zensus interessante Daten über andere Lebensbereiche. Beispielsweise sind 26,1 Prozent der Kirchheimer katholisch. 37,1 Prozent gehören der evangelischen Kirche an, 36,7 Prozent gehören keiner der beiden großen christlichen Kirchen an. Wie viele Muslime oder Hindus es gibt, erfasst der Zensus nicht.

Auch einen weiteren privaten Bereich bringt die Bevölkerungszählung an den Tag: den Familienstand. Während die Singles in Baden-Württemberg die 40-Prozent-Marke schon überschritten haben, kratzen die Kirchheim noch daran. Die Zahl der Ledigen liegt in der Stadt bei 39,1 Prozent. 48 Prozent sind verheiratet oder leben in einer festen Partnerschaft. 6,3 Prozent sind verwitwet, 6,5 Prozent geschieden.

Dass Kirchheim eine Einwandererstadt ist, wird in politischen Reden immer wieder erwähnt. Die Zahlen bestätigen das: 30,1 Prozent der Kirchheimer haben einen Migrationshintergrund. Kreisweit sind es 26,4 Prozent, bundesweit nur 18,9 Prozent.

Auch kuriose Daten finden sich in der Statistik, zum Beispiel zur Ausstattung von Wohnungen. Während der allergrößte Teil gut ausgestattet ist, gibt es in 59 Kirchheimer Wohnungen weder Badewanne noch Dusche noch Toilette. In 30 Wohnungen finden die Einwohner eine Dusch- oder Badegelegenheit, jedoch kein WC. Und in 122 Wohnungen kann zwar die Notdurft verrichtet werden, aber bei der Körperpflege bleibt nur die Katzenwäsche.

Wer hat wie viele Einwohner?*

Bissingen:3 412 (3 513)/– 2,9 % Dettingen: 5 698 (5 794)/– 1,7 % Holzmaden:2 108 (2 116)/– 0,4 % Kirchheim:38 802 (40 347)/– 3,8 % Lenningen:8 015 (8 050)/– 0,4 % Neidlingen:1 800 (1 823)/– 1,3 % Notzingen:3 609 (3 555)/+ 1,5 % Ohmden:1 702 (1 713)/– 0,6 % Owen:3 421 (3 439)/– 0,5 % Weilheim:9 525 (9 528)/– 0,03 % *Quellen: Aktuelle Einwohnerzahl laut Zensus, Stichtag 9. 5. 2011, mit Vergleichswert in Klammern laut Statistik des Landratsamts vom 30. 9. 2012.