Lokales

Wie aus einem kleinen Plus ein dickes Minus wird

Für 2012 liegt in Owen jetzt erstmals ein Haushaltsplan nach dem neuen kommunalen Haushaltsrecht vor

Die Owener haben die Doppik kennengelernt, das neue kommunale Kassen- und Haushaltsrecht. Bislang kennen aber nur Verwaltung und Gemeinderat die Doppik – ansatzweise. Die Auswirkungen auf die Bürger sind noch unklar. Es könnte aber an den Geldbeutel gehen.

Andreas Volz

Owen. Der Owener Haushaltsplan für 2012 hat es in sich. Das bezieht sich aber nur auf die neue Form, den Haushalt darzustellen. Ansonsten hat der Haushaltsplan inhaltlich kaum etwas Interessantes zu bieten, denn große Investitionen sucht man vergebens. Gleichwohl ist der Blick auf den Etat, den Bürgermeisterin Verena Grötzinger und Kämmerer Werner Kazmaier nun im Gemeinderat vorgestellt haben, letztlich ernüchternd.

Unter alten, also kameralistischen Gesichtspunkten hätte Bürgermeisterin Grötzinger durchaus Erfreuliches zu berichten gehabt: Aus der negativen Zuführungsrate in Höhe von 224 000 Euro, die in der Finanzplanung für 2012 noch vorhergesehen war, wäre jetzt eine positive Zuführung geworden, wenn auch nur eine geringe. Das Plus hätte rund 22 000 Euro betragen.

Weil in der Doppik aber auch Vermögenswerte und Abschreibungen zu berücksichtigen sind, bleibt im selben Haushaltsplan – dem für das laufende Jahr 2012 – statt dieser geringen positiven Zuführung als Gesamtergebnis ein stattliches Minus in Höhe von 342 000 Euro. Einnahmen und Ausgaben der Stadt ändern sich durch die Doppik nicht. Nur die Betrachtungsweise ist eine andere.

Und ein Minus – wie es in der Kameralistik auch nie wirklich vorgesehen war, obwohl es in allen Kommunen immer wieder auftauchte – ist in der Doppik völlig undenkbar. Das Minus verstößt sogar gegen das Gesetz, zumindest ab dem Jahr 2016. Bis dahin haben Kommunen, die frühzeitig umstellen, noch die Möglichkeit, das Minus mit den Vermögenswerten zu verrechnen.

Wie es danach weitergeht, also ab 2016, das wisse bis jetzt noch niemand, sagten Bürgermeisterin und Kämmerer übereinstimmend. Um aber das jetzt bereits vorhandene Minus in der Doppik in den Griff zu bekommen, müsse die Stadt Owen einerseits über eine Reduzierung der Ausgaben nachdenken und andererseits über eine Erhöhung der Einnahmen. Wahrscheinlich muss beides geschehen, und das bedeutet, dass die Einwohner eher früher als später höhere Gebühren und Nutzungsentgelte zahlen müssen als bisher.

Frühzeitig auf die Doppik umzustellen, das bezeichnete Verena Grötzinger in ihrer Haushaltsrede als „guten und richtigen Schritt“. Manche Dinge müsse man tun, um der Gesetzeslage zu entsprechen, und man dürfe nicht immer nach der Sinnhaftigkeit fragen. „Wir haben uns der Aufgabe gestellt, und wir haben ein glücklicheres Ergebnis, als ich zunächst befürchtet hatte.“ Das doppische Minus hätte also durchaus auch höher ausfallen können.

Viele Entwicklungen des Owener Etats verlaufen natürlich unabhängig vom Haushaltssystem. So sind die Personalkosten zwischen 2007 und 2012 von 1,4 auf 1,8 Millionen Euro gestiegen, was vor allem am Ausbau der Kleinkindbetreuung liegt. Stabile Einnahmen versprechen die Grundsteuer mit jährlich knapp 500 000 Euro und der Einkommensteueranteil, der in den nächsten drei Jahren zwischen 1,6 und 1,8 Millionen Euro liegen soll. Schwankend sind dagegen traditionell die Gewerbesteuereinnahmen, die für 2012 mit knapp 1,5 Millionen Euro veranschlagt sind. Was ebenfalls deutlich schwankt, das sind die Höhen der Umlagen. So gab es schon Jahre, in denen die Kreisumlage höher war als die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Und die Systematik des Finanzausgleichs sorgt auch in der Doppik dafür, dass gute Jahre mit einer gewissen Verzögerung zu höheren Zahlungen führen.

An zwei Stellen versuchte Verena Grötzinger, den Haushaltsplan in der Doppik mit einem herkömmlichen kameralistischen Etat vergleichbar zu machen. Zum einen war das die allgemeine Rücklage, die jetzt in den liquiden Mitteln im Basiskapital zu suchen sei. In Owen handelt es sich dabei derzeit um 2,75 Millionen Euro. Die andere Zahl ist der Schuldenstand pro Einwohner, der 2012 in Owen um 1,73 Euro höher liegt als im Landesdurchschnitt. Genaue Aussagen über die Owener Finanzlage nach dem neuen Haushaltsrecht lassen sich aber erst treffen, wenn bis Jahresmitte die Eröffnungsbilanz vorliegt.

Die spannende Frage, vor der bald alle Kommunen stehen, formulierte die Bürgermeisterin folgendermaßen: „Wie schafft man einen Haushaltsausgleich, wenn man den Ressourcenverbrauch im Haushalt darstellen muss?“ Daraus ergeben sich weitere Detailfragen – etwa: „Wie erwirtschafte ich die Abschreibung einer Gemeindestraße oder die Deckungslücke bei der Kinderbetreuung?“ Den Gemeinderat beschäftigten nach der Haushaltsberatung noch ganz andere Fragen. Ulrich Raichle und Hans-Jörg Schmid fragten nämlich: „Wie erklären wir, dass wir von plus 22 000 Euro auf minus 324 000 Euro kommen? Und wie verkaufen wir das nach außen, vor dem Hintergrund von Gebührenerhöhungen?“