Der Teckbote begleitete die Pilzesammler Martin Pfefferle und Werner Schulz durch den Wald
Den Pilzen auf der Spur

Während sich die Sonnenanbeter heuer über den durchwachsenen Sommer ärgerten, dürfen sich alle Pilzesammler freuen: Das warme Frühjahr und der feuchte Sommer sorgen für ­eine gute Pilzsaison. Der Teckbote war mit zwei Pilzesammlern unterwegs.

Werner Schulz (Foto oben links) und Martin Pfefferle entdecken viele Steinpilze, aber auch andere Pilzarten ¿ zum Beispiel einen
Werner Schulz (Foto oben links) und Martin Pfefferle entdecken viele Steinpilze, aber auch andere Pilzarten ¿ zum Beispiel einen Hainbuchenröhrling und einen Frauentäubling.Fotos: Jean Luc Jacques
Kreis Esslingen. Konzentriert suchen Martin Pfefferle und Werner Schulz den mit Moos, Laub, Gräsern und Ästen bedeckten Waldboden ab. Ihre Schritte erzeugen ein angenehm knirschendes Geräusch. Ansonsten ist es ruhig und friedlich. Das wärmende Sonnenlicht bricht durch die hohen Bäume und kün­digt an diesem recht frischen Morgen einen herrlichen Herbsttag an.

„Das wird heute nichts. Es ist viel zu trocken“, sagt Werner Schulz zu seinem Kompagnon. In den Weidenkörben der beiden Pilzesammler herrscht gähnende Leere. Noch ist ihnen kein einziges Exemplar ins Auge gestochen. „Wir suchen trotzdem weiter“, zeigt sich Martin Pfefferle zuversichtlich. Erneut stellt sich Ruhe ein.

„Beim Pilzesammeln ist Langsamkeit wichtig. Man muss viel Zeit mitbringen. Ein Vormittag ist da auf jeden Fall weg“, erklärt Martin Pfefferle aus Kirchheim, während er mit aufmerksamem Kennerblick den Waldboden inspiziert. Das Pilzesammeln eigne sich hervorragend, um seine Gedanken zu ordnen und sich von der Hektik des Alltags zu erholen. „Außerdem bewegt man sich an der frischen Luft und wird darüber hinaus noch mit leckeren Pilzen belohnt“, fügt der 63-jährige Berufsschullehrer hinzu, der seinem Hobby seit 25 Jahren frönt. Auch der passionierte Sammler Werner Schulz aus Esslingen genießt es, morgens alleine oder zu zweit durch den Wald zu spazieren. „Das ist ein Naturerlebnis, es ist wie Meditation.“

Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
„I hab‘ oin“, ruft Martin Pfefferle plötzlich und zeigt auf einen im Moos sitzenden Butterröhrling – einen Pilz aus der Gattung der Schmierröhrlinge, dessen Hutoberfläche sich oft recht schleimig anfühlt. Der 63-Jährige zückt ein Messer und schneidet den Röhrling dicht über dem Erdboden ab, ohne dabei das Pilzgeflecht zu verletzen. „Das ist ganz wichtig“, betont Werner Schulz. Denn sonst treibt das Geflecht im nächsten Jahr weniger Früchte.

Vom Jagdfieber gepackt ziehen die beiden Männer weiter. Und das Glück ist ihnen fortan hold. „Das ist ja ein Prachtexemplar“, freut sich Martin Pfefferle, als er einen jungen, knackigen Steinpilz entdeckt. „Mensch, dafür kriegst du ‘nen Preis“, schwärmt Werner Schulz. Einige Meter weiter stoßen die Sammler auf zwei weitere „traumhafte“, etwa 15 Zentimeter hohe Steinpilze. „Menschenskinder, da lacht das Herz“, freut sich Martin Pfefferle fast schon wie ein kleiner Bub über Geschenke an Heiligabend.

Angesichts der stattlichen und unerwarteten Auswahl an Pilzen ist die anfängliche Skepsis von Werner Schulz mittlerweile großer Euphorie gewichen. „Meine Prognose hat nicht gestimmt“, räumt der 66-Jährige ein. Er vermutet, dass andere Pilzesammler den Weg in das Waldstück gar nicht erst auf sich nehmen. „Die denken alle, es ist zu trocken“, sagt er und grinst.

Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
Zwischen Pilzesammlern gebe es nämlich einen gewissen Wettbewerb, erzählt der 66-Jährige, der schon als Kind regelmäßig mit seinem Vater in die Pilze ging und sich deshalb gut mit den unterschiedlichen Pilzarten auskennt. Nach dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gehe der Sammler mit einem vollen Korb nach Hause, der entweder früher aufsteht oder an einem Geheimplätzchen unterwegs ist. Auch die Freunde und ehemaligen Arbeitskollegen Werner Schulz und Martin Pfefferle kennen Waldstücke, in denen zahlreiche Pilze nur darauf warten, gepflückt zu werden. Von diesen Stellen verraten sie aber niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen.

„In die Pilze geht man am besten, wenn es zwei, drei Tage vorher geregnet hat und relativ warm ist“, sagt Martin Pfefferle. Schließlich mögen es die Gewächse feucht und mild. Die Pilzsaison beginnt im Juli und reicht bis in den goldenen Oktober. Heuer können sich alle Pilzfans über ein gutes Pilzjahr freuen, unterstreichen die beiden Sammler. „Das liegt daran, dass es im Frühjahr schon recht warm war und im Sommer schön feucht“, sagt Martin Pfefferle. Zu finden seien Pilze vor allem an Stellen mit Moos und Farn oder bei großen Bäumen. „In jungen Wäldern findet man nichts. Denn es dauert eine Weile, bis sich Pilze ansiedeln“, weiß der Hobbysammler, der über seine große Leidenschaft – das Kochen – zum Pilzesammeln gekommen ist. „Pilze haben für mich nicht nur mit dem Sammeln an sich zu tun. Ich verbinde auch Geselligkeit damit.“ So lädt Martin Pfefferle, wenn er genügend Pilze gesammelt hat, stets Bekannte zum Essen ein. Auf dem Speiseplan stehen dann zum Beispiel Tagliatelle mit Steinpilzen und Sahnesoße oder Steinpilz-Risotto mit Barolo.

Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
Pilzesammeln mit Martin Pfefferle, Hermann-Lšns-Weg 15, Kirchheim
Überhaupt sind Martin Pfefferle die Steinpilze „wegen ihres intensiven Geschmacks“ am liebsten. Er sammelt und verwertet aber auch andere Pilzsorten wie zum Beispiel Pfifferlinge, Semmelstoppel oder Rotkappen.

Die Körbe der beiden Männer füllen sich zusehends. Dabei stören sie sich keineswegs daran, dass sich an manchen Gewächsen schon die ein oder andere Schnecke oder Waldmaus zu schaffen gemacht hat. „Das ist nicht schlimm. So ist die Natur. Wir schneiden die angeknabberten Stellen weg und fertig“, zeigt sich Werner Schulz pragmatisch. Außerdem befreien die beiden Sammler die Stiele der Pilze von Dreck, bevor sie die Gewächse sanft in die Körbe legen. „Ich will keine dreckigen Pilze mit nach Hause nehmen. Wir richten sie so her, dass sie küchenfertig sind“, sagt Martin Pfefferle.

Zusammen mit Werner Schulz wagt sich der Kirchheimer immer weiter in den Wald hinein. Dabei begegnen ihnen nicht nur jede Menge Steinpilze, sondern auch einige andere Pilzarten. So finden die Männer zum Beispiel einen Hainbuchenröhrling. „Der ist aber zu alt. Den lassen wir stehen“, erklärt Werner Schulz. Auch ein Exemplar, das zu den Röhrenpilzen gehört, von den Sammlern aber nicht eindeutig bestimmt werden kann, wird im Wald zurückgelassen. „Beim Pilzesammeln muss man auch dazu bereit sein, nicht alles mitzunehmen“, betont Martin Pfefferle.Verwehrt bleibt auch einem roten Täubling der Weg in die Körbe der Pilzesammler. Er ist laut Werner Schulz zwar nicht giftig, dafür aber ungenießbar. Anders ergeht es hingegen einem Frauentäubling, der einige Schritte weiter mit schwarzer Kappe aus dem Boden schießt. „Er sieht vielleicht ekelhaft aus, aber er schmeckt sehr gut“, schwärmt Werner Schulz.

Knapp einen Kilometer sind Werner Schulz und Martin Pfefferle schließlich eineinhalb Stunden lang durch den Wald gestreift. Für heute jedoch soll‘s genug sein – denn auch für die Beiden gilt es, das Waldgesetz zu beachten. Dieses besagt, dass man pro Person höchstens ein Kilogramm Pilze am Tag sammeln darf.

Für Martin Pfefferle und Werner Schulz geht es nun nach Hause. Dort bereiten sie in der heimischen Küche ein leckeres Pilzgericht zu und laden ihre Gäste ein. Na dann – guten Appetit!

Info:

Martin Pfefferle und Werner Schulz raten unerfahrenen Pilzesammlern, zunächst an einer Pilzführung unter fachkundiger Leitung teilzunehmen oder ihre gesammelten Exemplare vor dem Zubereiten von einem Experten begutachten zu lassen. Weitere Infos sind auch auf der Homepage des Stuttgarter „Vereins der Pilzfreunde“ mit Sitz in Reichenbach auf 
www.pilzfreun.de zu finden.