Kirchheim. Seit Mai 2012 ist Wolf Rühle als Beauftragter für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz beim Amt für Stadtentwicklung tätig. Jetzt legte er seinen ersten ausführlichen Bericht im Ausschuss für Technik und Umwelt vor. Im Mittelpunkt stand das Thema Streuobstwiesen, das vor allem die Anfangszeit Rühles in Kirchheim beherrscht hat. So ließ er die Erfolge des Projekts Life+ der EU und des Landes Revue passieren. Ihm ist es zu verdanken, dass die Pflege ungeschnittener Bäume für Privatleute interessant wurde. 40 Wiesenbesitzer nahmen die Fördermöglichkeit in Anspruch, sodass auf Kirchheimer Terrain über 340 Bäume in den Genuss spezieller Pflege kamen. Rühle unterstrich, dass oftmals nur ein Teil der Bäume gefördert wurde, die Stücklesbesitzer jedoch alle Bäume auf ihrer Wiese schneiden ließen. Somit liegt die Zahl der gepflegten Bäume deutlich höher. Auf Life+ folgt jetzt das Förderprogramm FAKT des Landes.
Um Zweige und Äste zu entsorgen, wurden drei Sammelplätze angelegt in Jesingen, Nabern und Ötlingen, in Kooperation mit Lindorf. Das Material wurde über Vermittlung des Abfallwirtschaftsbetrieb zu Holzhackschnitzeln verarbeitet. Die Aktion kam so gut an, dass das Sammeln von Schnittgut auch in Zukunft weitergeführt wird.
Natürlich verhehlte Rühle nicht das Problem der Obstvermarktung. Bei der aktuellen Apfelschwemme stelle sich so mancher Stücklesbesitzer die Frage: „Soll ich mich da überhaupt bücken?“ Auch Rühle selbst kennt keinen Königsweg . In zahlreichen Redebeiträge aller Fraktionen wurden Ideen beigesteuert, von der verstärkten Öffentlichkeitsarbeit bis zur Einrichtung eine Bio-Labels. Besonders begrüßt wurden pädagogische Maßnahmen, um schon Schülern den Wert von Streuobstwiesen zu vermitteln. Allerdings räumte auch Lindorfs Ortsvorsteher Würtele ein, wie schwierig es ist, junge Leute nachhaltig für Engagement auf Wiesen zu begeistern. Er plauderte aus dem Nähkästchen und berichtete von einer Sammelaktion mit seiner Tochter, die angesichts des letztlich kläglichen Stundenlohns nicht unbedingt als Erfolg in die Geschichte einging.
Unter der Rubrik Arten- und Naturschutz berichtete Rühle von diversen Infoveranstaltungen und Pflegemaßnahmen. Größtes Projekt dürfte die Umsiedlung von über 40 Zauneidechsen im neuen Gewerbegebiet Hegelesberg gewesen sein.
Was den Klimaschutz anbelangt, hat sich die Stadt bereits im Oktober 2013 mit der Verabschiedung des Klimaschutzkonzepts auf den Weg gemacht. Noch ist viel zu tun unter dem Oberbegriff des „energetischen Dreisprungs“, der sich aus Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zusammensetzt. Quartiersbezogene Sanierungsinitiativen sollen beispielsweise weiterverfolgt werden, wogegen die Befliegung zur Ermittlung schlecht gedämmter Dächer via Infrarotluftbild zu teuer zu sein scheint. In naher Zukunft soll sich hier mehr tun, denn dem Umweltbeauftragten wird ein Klimaschutzbeauftragter an die Seite gestellt. Bürgermeister Riemer konnte brandaktuell verkünden, dass die Förderung zur Finanzierung der Stelle durch den Bund bewilligt wurde.
Rühle hat sich nicht nur über, sondern auch unter der Erde zu schaffen gemacht, denn an zwei Punkten in Kirchheim wurden Altlasten untersucht. Einmal geschah dies am Sonnensee, wo in den 70er-Jahren Bauschutt, Müll und möglicherweise auch Schlacken abgelagert wurden. Allerdings wurden keine Übertritte von Flüssigkeiten aus der Altablagerung in die dortige Dole beziehungsweise den Westerbach festgestellt, sodass kein weiterer Handlungsbedarf entsteht. Auf Nachfrage aus dem Gremium teilte Geschäftskreisleiter Zimmert mit, dass der Sonnensee im Sommer 2007 entschlammt wurde. Zwar liege ein Konzept zur Renaturierung vor. Dies sei allerdings wegen der Altlasten ein teures Unterfangen.
Umfangreicher als angenommen sind Altablagerungen in einem kleinen Bereich der Ötlinger Halde am nördlichen Lauterufer. Dort wurden von 1953 bis 1979 Müll und Schutt abgelagert. Laut Rühle sind nennenswerte Schadstoffkonzentrationen allerdings nur in tieferen Abschnitten zu finden. Im Sickerwasser sind keine Prüfwert-überschreitenden Schadstoffgehalte festgestellt worden.
Abschließend ging Rühle noch darauf ein, dass das Ökokonto der Stadt „stark ausbaufähig“ sei. Diese Meinung teilten die Räte, wobei aber auch der Vergleich zum mittelalterlichen Ablasshandel laut wurde, gehe es doch oft nur um einen rechnerischen Ausgleich. Hier soll jedenfalls einiges verbessert werden. Erste Ergebnisse will der Umweltbeauftragte bald vorstellen. Am 21. Oktober tagt der „Runde Tisch Naturschutz“.