Holger Kimmerle, das Gesicht Baden-Württembergs, züchtet nebenbei Kaninchen
Der schwäbische Schwarzenegger

Holger Kimmerle ist das Gesicht Baden-Württembergs, das unter dem Motto „Wir sind Süden“ fürs Ländle wirbt. Der Reutlinger arbeitet als Konstruktionsmechaniker in Neuhausen/Filder und ist Mitglied im Kleintierzuchtverein Unterensingen.

kimmerle-und-hasen
kimmerle-und-hasen

Unterensingen. Inzwischen sind fast vier Monate vergangen, seit Holger Kimmerle nach einem mehrwöchigen Casting des SWR-Fernsehens und der Tourismus Marketing Baden-Württemberg (TMBW) zum „Gesicht Baden-Württembergs“ gewählt wurde. Der 37-Jährige lag bei der Schlussrunde unter vier Finalisten mit fast 40 Prozent klar an der Spitze. Das Leben des Schwaben hat sich seither gewaltig verändert. Er kann nicht mehr zum Bäcker gehen, ohne von wildfremden Menschen angesprochen zu werden, die ihm gratulieren und anerkennend auf die Schulter klopfen. Immer wieder muss der 1,97 Meter große Mann Autogramme schreiben und sich für ein Erinnerungsfoto in Pose stellen. Die Medien geben sich die Klinke in die Hand: Montag Interview fürs Lokalradio, Dienstag Filmaufnahmen fürs SWR-Fernsehen, Mittwoch Fotoshooting für ein Hochglanzmagazin, Donnerstag Gespräch mit der Lokalpresse und Freitag Treffen im Kleintierzüchterheim in Unterensingen für ein Foto.

Seit 2011 ist Kimmerle offiziell als Sympathieträger für sein Heimatland unterwegs. Im Januar präsentierte er sich erstmals auf der CMT in Stutt­gart, wo der fast zwei Meter große Mann im schicken Anzug unter den vielen Tausend Besuchern sofort ins Auge stach. Stolz erzählt Kimmerle, dass mit seinem Gesicht die TMBW demnächst die groß angelegte Werbekampagne für das Urlaubsland Baden-Württemberg startet. Der Mann aus Reutlingen strahlt dann von allen Plakaten, Anzeigen und Flyern, die fürs Ländle Reklame machen. Landestourismus-Chef Andreas Braun lobt seine Galionsfigur in den höchsten Tönen: „Holger Kimmerle ist jung, dynamisch und aufstrebend, so wie Baden-Württemberg auch.“

Inzwischen sind einige Firmen auf den Vorzeige-Schwaben aufmerksam geworden. Der Werbevertrag mit einem Metzinger Herrenausstatter ist bereits unter Dach und Fach. Ein weiterer mit einem Nudelhersteller aus Trochtelfingen steht kurz vor der Unterzeichnung. Eine Krankenkasse und ein Autohersteller haben ebenfalls Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem Gesicht Baden-Württembergs bekundet. Und das Fernsehen klingelt ebenfalls an. Nach Gastauftritten in „Alarm für Cobra 11“ (RTL), „Hausmeister Krause“ (Sat 1) und „Sturm der Liebe“ (ARD) stand Kimmerle für die Vor­abendserie „SOKO Stuttgart“ (ZDF) vor der Kamera. Zu sehen ist die Folge, in der der 37-Jährige einen Schwimmmeister mimt, am 31. März im ZDF.

Die Rolle in der Badehose ist ihm besonders leicht gefallen. Seit 20 Jahren trainiert der 115 Kilogramm schwere Mann mit Gewichten. Der Bodybuilder gewann 2005 in Deutschland den Titel Mr. Adonis, zwei Jahre später siegte er bei der Natural-Bodybuilding-Europameis­terschaft in London. Inzwischen nimmt Kimmerle an keinen Wettkämpfen mehr teil, „um nicht tagtäglich die Kalorien zählen zu müssen“, schmunzelt der bekennende Käsespätzle-Fan, der samstags regelmäßig in einem Metzinger Sportstudio anzutreffen ist. Dort arbeitet er als Fitness- und Ernährungsberater. Ob knappe Posinghose auf nackter Haut oder eleganter Anzug mit Krawatte: Kimmerle macht in beiden Outfits eine gute Figur. Zwischendurch findet der Hüne immer noch Zeit, einem weiteren Hobby nachzugehen: er züchtet Kaninchen im Kleintierzuchtverein Pliezhausen sowie im Loh- und Weißgrannen-Club Würt­temberg-Hohenzollern in Unterensingen.

In Unterensingen? Ja. Über den in der Szene bestens bekannten und inzwischen verstorbenen Karl Mayer senior ist Kimmerle vor 16 Jahren als Schwarzlohzüchter in den Loh- und Weißgrannen-Club gekommen. Seitdem ist er mit seinen Tieren regelmäßig bei der Jungtierschau im Sommer und bei der Lokalschau im Herbst dabei. Über die Jahre hinweg hat er in diesem Bereich mehr Preise als im Bodybuilding eingeheimst. Aus Zeitgründen musste der Vorzeige-Schwabe die meisten Tiere inzwischen schweren Herzens abgeben. Zwei sind ihm geblieben: Bubeck, das Lohkaninchen schwarz, und Rocky, der Kleinwidder grau.

An authentischer Heimatliebe fehlt es dem „Gesicht Baden-Würt­tembergs“ garantiert nicht. „Ich bin überglücklich, dass ich für mein Heimatland werben darf“, strahlt Kimmerle übers ganze Gesicht. Seine Freundin Stefanie kommt ebenfalls aus dem Ländle. Jetzt kann er so sein, wie er wirklich ist. So reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Hochdeutsch ist nämlich nicht sein Ding. Übrigens, Kimmerles große Vorbilder sind Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger. Bislang verläuft die Karriere des Deutschen aus dem Schwabenland ähnlich wie die des Muskelmannes aus der Steiermark in Österreich: erfolgreicher Bodybuilder, touristischer Repräsentant mit Akzent für sein Bundesland, Nebenrollen im Fernsehen und erste Filmangebote aus den USA. Jetzt fehlt nur noch der Sprung in die Politik.

Und was sagt der schwäbische Schwarzenegger dazu? „Bislang ist noch niemand auf mich zugekommen. Aber wenn ein passendes Angebot kommt, warum nicht“, sagt Kimmerle augenzwinkernd und verabschiedet sich zum nächsten Pressetermin.