Schlierbach. Die Idee, entstanden aus dem interkommunalen Projekt EULE – EU-Leuchtturmprojekt „EULE Genial Voralb“ –, an dem die Gemeinde Schlierbach teilgenommen hat, klingt verlockend: Die Voralbkommunen Schlierbach, Aichelberg, Zell, Bad Boll und Hattenhofen heben gemeinsam einen interkommunalen Bürgerbus aus der Taufe, der die Ortschaften in Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr miteinander verbindet. Fahren sollen dabei keine gewöhnlichen Busse, sondern Fahrzeuge mit Elektroantrieb, gesteuert von Ehrenamtlichen.
Mit im Boot sind neben den Gemeinden Daimler als Bushersteller sowie die Uni Stuttgart und das Verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart. Darüber hinaus stellen Verband und Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart Fördermittel bereit, um das Pilotprojekt „nachhaltige Mobilität“ zu fördern. Die Kosten, die auf die Gemeinde zukommen würden, erscheinen überschaubar: Gerade einmal 12 000 Euro im Jahr würde der Bürgerbus kosten, wie Bürgermeister Paul Schmid im Gemeinderat erläuterte.
„Das ist ein interkommunales Projekt mit zwei Zielsetzungen“, warb Schmid für das Vorhaben, das ihm, wie er sagte, eine „Herzensangelegenheit“ sei. Der Bürgerbus vernetze eben nicht nur die Kommunen untereinander. „Wir schaffen auch eine bessere Vernetzung innerhalb der Gemeinde.“ Denn man müsse sich, gerade unter dem Gesichtspunkt der älter werdenden Bevölkerung, schon verschiedenen Fragen stellen. „Wie komme ich denn von der Seniorenwohnanlage Rose zum Edeka ohne Auto, wenn ich nicht mehr gut zu Fuß bin?“
Auch auf den Aspekt, dass bisher Bürgerbusse nicht als Fahrzeuge mit Elektroantrieb realisiert worden seien, wies Schmid hin. „Aber ich denke, dass auch Daimler da ein Interesse hat, dass das Projekt vom Fleck kommt“, so Schmid, schließlich bestehe die Hoffnung, hier einen technischen Durchbruch zu erzielen. Klar sei ihm natürlich auch, dass das Projekt keine Erfolgsgarantie habe. „Deshalb sollten wir das Projekt zunächst einmal für drei Jahre unterstützen“, warb Schmid für die Teilnahme Schlierbachs.
Im Gemeinderat wollte man aber dem Werben des Bürgermeisters nicht uneingeschränkt folgen. Die Linie zwischen Pro und Kontra Bürgerbus zog sich dabei quer durch die Fraktionen. Ralf Dreizler (FUW) machte schnell deutlich, nicht zustimmen zu wollen. Zwar seien Investitionen in umweltfreundliche Technologien grundsätzlich wünschenswert, aber: „Man muss nicht alles machen, nur weil es hier Fördermittel gibt.“ Er störte sich auch daran, dass im Vorfeld der Bedarf eines Bürgerbusses nicht wirklich erhoben worden sei. Sein Fraktionskollege Jörn Feldsieper wiederum signalisierte seine Zustimmung. „Unter dem Aspekt des demografischen Wandels müssen wir gerade als Gemeinderäte über den eigenen Tellerrand schauen.“
„Die Sinnhaftigkeit des Projektes erschließt sich mir nicht“, senkte Kurt Moll (CDU) den Daumen über den Bürgerbus. „Ich sehe keinen Bedarf, von Schlierbach nach Hattenhofen oder Zell zu fahren“, so Moll, der sich auch darüber ärgerte, dass es Fördergelder immer nur für drei Jahre gebe. „Was machen wir denn danach?“, so seine Frage. Überhaupt sei das Projekt seiner Meinung nach nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Uni Stuttgart und andere. August Leins (FUW) sprach sich hingegen für das Projekt aus: „Wenn wir nichts machen, bleiben wir stehen – und Stillstand ist Rückschritt.“ Würde er Kurt Molls Argumentation folgen, „würden wir heute noch im Ochsenkarren herumfahren.“
Bürgermeister Paul Schmid machte noch auf einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt aufmerksam. „Wir müssen uns mit unseren Nachbarkommunen vernetzen und bei solchen Projekten mit dabei sein“, warnte er davor, die Gemeinde Schlierbach hier von der interkommunalen Zusammenarbeit abzukoppeln. Außerdem dürfe man sich beim Ausbau des Nahverkehrs nicht nur auf den Landkreis verlassen. „Beim Thema Mobilität wird der Landkreis nicht mithalten können.“ Nochmals warb Schmid für den Bürgerbus: „Geben Sie dem Ding doch eine Chance.“
Dennoch half das Werben des Bürgermeisters nichts, da nur sechs Räte das Projekt befürworteten und sich nicht gegen die Mehrheit durchsetzen konnten.