Erfolgreiche Premiere der „großen Weihnachtsbaum-Geschichte“ auf dem Kö  8-Parkplatz in Köngen
Der Zauber liegt im kleinen Glück

Köngen. „Die große Weihnachtsbaum-Geschichte“ der Theaterspinnerei Frickenhausen ist am Sonntagabend erstmals über die 30-Meter-Bühne auf dem Kö 8-Parkplatz in 
Köngen gegangen. Das Spektakel beeindruckt vor allem durch die Lichteffekte der Projektionen, mit denen sich die Theaterspinnerei einen Namen gemacht hat. Aus dem Nebeneinander und dem Ineinander-Übergreifen von Licht und Bildern, von Videos und Schauspiel ergibt sich ein ganz eigener Effekt, der speziell in der Vorweihnachtszeit und mit einer Weihnachtsgeschichte einen besonderen Zauber auszuüben vermag.

Anstelle eines „Vorspiels auf dem Theater“ oder eines „Prologs im Himmel“ geht es vor Beginn der großen Weihnachtsbaum-Geschichte erst einmal in den Untergrund. Der Weg vom Parkplatz mit seinen Versorgungsständen hin zum Schauplatz führt durch die Tiefgarage. Unterwegs werden nicht etwa Bäume zum Sprechen animiert, sondern parkende Autos: „Volvgang“ und „Volvina“ unterhalten sich über Sorgen und Nöte, die einen „Vierräder“ in der Weihnachtszeit plagen. Während sonst kein Krümel auf dem Sitzpolster landen darf, stopfen die Menschen ausgerechnet kurz vor Weihnachten Bäume in die Fahrzeuge, obwohl die Bäume Nadeln und Harz verlieren. Auf das folgende Theaterstück anspielend, stellen die beiden Autos noch fest: „Wenn sie nicht in einem Auto sitzen, verhalten sich die Menschen sehr gesittet.“

Bei der Weihnachtsbaum-Geschichte selbst wird den Menschen dann aber ein Spiegel vorgehalten, der aufzeigt, dass sie sich – gerade zum Fest der Liebe und des Friedens – auch nicht immer so gesittet verhalten, wie sie es gerne hätten. So fügt einer der sprechenden Weihnachtsbäume, die die beiden einfältigen Elfen Lucia und „Dottore“ Jablonek über den Zauber der Weihnacht aufklären sollen, den Begriffen „Liebe“ und „Frieden“ auch noch die „Gerechtigkeit“ hinzu. Aber die Gerechtigkeit, die er dabei im Sinn hat, ist nicht unbedingt eine positive. Vielmehr geht es um einen korrekten Ausgleich: Alle in der Familie sollen Geschenke erhalten, die keinen bevorzugen oder benachteiligen, die also in jeder Hinsicht gleichwertig sind. Vom Zauber hält dieser Baum deshalb rein gar nichts: „Das wäre ja noch schöner. Zauber ist ungerecht.“

Auch die anderen Bäume können zunächst nicht viel vom Weihnachtszauber vermitteln. Während die Elfen noch denken, man könne alles vom Weihnachtsbaum bekommen, was man sich wünscht – solange man eben im günstigen Augenblick die Zauberformel „Frohe Weihnacht“ ausspricht –, sorgt gleich der erste Baum für Desillusionierung: „Der Baum kann nicht zaubern, und er kann keine Wünsche erfüllen.“ Zwar könne man sich grundsätzlich wünschen, was man wolle, aber nur unter einer Bedingung: „Wenn das Geld reicht.“ Durchaus kritisch äußert sich dieser Baum – wenn man bedenkt, dass er auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums spricht: „Was habt ihr nur mit eurem Zauber? An Weihnachten geht es ums Geschäft.“

Und noch eine andere Botschaft – keineswegs eine frohe – hat der erste Baum parat: An Weihnachten werde zunächst gegessen und getrunken. Dann verteile man Geschenke, und am Ende werde gestritten. Im Lauf des Stücks werden solche Streitereien dann deutlich hörbar gemacht. Da geht es um Gesprächsfetzen, in de­nen sich Kinder über die falschen Geschenke beschweren oder Ehefrauen darüber, dass sie dasselbe Parfüm bekommen haben wie jedes Jahr.

Wo da also noch die „leuchtenden Kinderaugen“ herkommen sollen, fragen sich nicht nur die beiden Elfen auf der Bühne, sondern auch die Zuschauer auf der improvisierten Tribüne, die aus Biertischen und -bänken besteht. Die Lösung kommt schließlich aus dem Eingestehen des Scheiterns: Lucia und ihr Dottore erkennen plötzlich, dass es vielleicht auch an ihnen liegen könnte, wenn sie den Aufstieg in den „A-Kader“ nicht geschafft haben. Zu dieser Einsicht verhilft ihnen – entgegen allen Regeln der Erzählkunst – nicht der dritte, sondern erst der vierte Baum. Er hat ein Leben lang davon geträumt, auch einmal ein Weihnachtsbaum zu sein. „Aber sie haben mich jedes Jahr stehen lassen“, klagt er im finsteren Wald. Und auch er sucht bei sich selbst nach Gründen für das Scheitern des großen Traums: „Vielleicht liegt es an meinen krummen Ästen.“

Nun soll die Geschichte aber sicher kein Lobgesang auf das Scheitern sein, sondern tatsächlich noch den Zauber der Weihnacht bieten. Und deshalb folgt auf das Erkennen von kleineren und größeren Schwächen oder Unzulänglichkeiten auch das Erkennen von Glück, und sei es auch ein noch so kleines Glück: Lucia teilt ein Stück Schokolade mit dem hungrigen Dottore, dieser revanchiert sich mit einer Flasche Blau­beersaft. Beide haben also doch Geschenke, über die sie sich auch noch gemeinsam freuen können.

Für die friedliche Stimmung am Ende sorgen nicht nur große goldene Christbaumkugeln und virtuelle Schneeflocken, sondern auch noch ein gemeinsames „Karaoke“ für Schauspieler, sprechende Bäume und Publikum: Sie alle singen gemeinsam das passende Weihnachtslied. Der Text dazu wird auf der 30 Meter breiten Fassaden-„Leinwand“ eingeblendet. Der Zauber der Weihnacht ist ja immer mit Emotionen verbunden, und für die Emotionen sorgen außer Lichtern und Bäumen eben auch Weihnachtslieder.

Für eine ganz wichtige Weihnachtsemotion aber ist der Schnee zuständig. Der lässt sich an einem der kommenden Adventssonntage vielleicht sogar „in echt“ beim Open-Air-Weihnachtsschauspiel erleben: Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 8., am 15. und am 22. Dezember.