Weilheim. Vor gut 40 Jahren hat er das Weilheimer Heimatlied gedichtet. Alltägliches und Absonderliches in Versform zu gießen, bereitete Emil Autenrieth seit jeher große Freude.
Am heutigen Samstag feiert der Verfasser von weit über 100 veröffentlichten Gedichten im Kreise von Familie und Freunden seinen 90. Geburtstag.
Ein Faible für die Dichtkunst hatte das Weilheimer Urgestein von Kindesbeinen an. Und so war klar, dass der Vater Emil auserkor, als einer seiner drei Brüder für die Schule ein Gedicht über die Heuernte schreiben sollte. – Dumm nur, dass auch der Lehrer sofort wusste, aus wessen Feder die Zeilen stammten. Schon damals verkroch sich der Bub in jeder freien Minute mit einem Buch in der Hand hinter irgendeinem Busch im Garten des Elternhauses an der Oberen Grabenstraße. Die Schulbank drückte Emil Autenrieth im inzwischen abgerissenen alten „Löwen“. „Karl Dreher war unser Schulleiter. Der war sehr streng“, erinnert sich der Jubilar. Doch hatte Emil Autenrieth später genügend Zeit, die liebenswürdigen Seiten des Lehrers kennenzulernen: Als Schwiegersohn lebte er über Jahrzehnte mit seiner Familie an der Kalixtenbergstraße unter einem Dach mit dem ehemals gefürchteten Rektor.
Die Hochzeit mit Ingeborg Dreher war für Emil Autenrieth im Übrigen schon früh beschlossene Sache: Acht- oder neunjährig, half er dem gleichaltrigen Mädchen auf der Lindach in die Schlittschuhe und eröffnete der Mutter prompt: „Die heirate ich mal.“ Nach Schule, Ausbildung zum Bankkaufmann und Kriegsdienst war es im März 1945 so weit. Die beiden gaben sich in der Peterskirche das Ja-Wort – es war die letzte Hochzeit, die während des Zweiten Weltkrieges in Weilheim geschlossen wurde. Inge Autenrieth hatte sich der Malerei verschrieben. Sie starb im Jahr 2003.
Das erste Ehejahr verbrachte der Weilheimer in Gefangenschaft in Bourguignon in der Bretagne. Auch dort erkannte man bald die poetische Ader Emil Autenrieths, der als Funker im Krieg unter anderem Goethes Faust und Gedichte von Schiller auswendig gelernt hatte. „Mein Vater hat für die amerikanischen Soldaten immer die Liebesbriefe an die Frauen in der Heimat verfasst“, erzählt die Tochter Sibylle, die gemeinsam mit ihrem Mann in Dettingen wohnt. Sie wurde 1951 geboren, ihr Bruder Joachim bereits vier Jahre früher.
An ein Studium war für Emil Autenrieth, ältester von sechs Sprösslingen, aus finanziellen Gründen nicht zu denken. Nach einigen Berufsjahren bei der Volksbank wechselte er zu Faber & Becker, wo er bis 1985 tätig war.
Die Liebe zum Dichten ließ ihn in all den Jahren nicht los. Einmal im Monat fuhr Emil Autenrieth mit seiner Frau nach Stuttgart zum Dichterclub, wo unter anderem auch Thaddäus Troll ein- und ausging. Zu Jubiläen, Städtlesfesten und anderen Feierlichkeiten war Emil Autenrieths in Reimform gepackter Humor gefragt. Die Stadt dankte es ihm mit der Herausgabe dreier Büchlein. Der Titel der Lyrikbände ist so feinsinnig doppeldeutig wie manches darin enthaltene Gedicht: „Achillesverse“.